Kommentar

US wollen Einigung zwischen Kurden in Syrien und der Türkei

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Amalia van Gent /  Tausende kurdische Gefangene haben einen monatelangen Hungerstreik beendet. Kurdenführer Abdullah Öcalan hatte dazu aufgerufen.

Das Ende des monatelangen Hungerstreiks hat als erste die Politikerin Leyla Güven verkündet. Die kurdische Abgeordnete hatte die Protestaktion in den türkischen Haftanstalten letzten November initiiert, als sie vor Gericht erklärte, sie würde ein Todesfasten solange fortsetzen, bis die türkische Regierung die Isolation des inhaftierten Kurdenführers Abdullah Öcalan ein Ende setze. Ihrem Beispiel folgten damals wie auch letzten Sonntag über 3000 kurdische Inhaftierte. Dieser Hungerstreik gilt als der grösste und längste in der Geschichte der Türkei. Wie Leyla Güven waren während des Hungerstreiks hunderte weitere Hungerstreikende an ihren gesundheitlichen Grenzen gekommen.

Ende von Öcalans Isolation?

Zu einem Ende des Hungerstreiks hatte zuvor der seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierte Kurdenführer Abdullah Öcalan aufgerufen. «Ich kann mit Gewissheit sagen, dass der in Bezug auf meine Person gerichtete Zweck eurer Aktion sein Ziel erreicht hat», liess er letztes Wochenende seine Anhänger über seine Anwälte wissen. Bedeutet Öcalans Aufruf tatsächlich auch das Ende seiner jahrelangen Isolation?

Die Regierung Erdogan ging seit Juli 2015 gegen die Kurden ihres Landes repressiver und brutaler vor als je eine andere Regierung der Türkei zuvor. So liess Ankara die politische Führung der einzig legalen pro-kurdischen Partei der Türkei willkürlich hinter Gitter bringen, ganze Landstriche und Städte dem Erdboden gleichmachen, über eine halbe Million Zivilisten auf die Flucht treiben und deklarierte faktisch die gesamte kurdische Bevölkerung zu potentiellen Terroristen.
Mitte Mai gab die Regierung aber plötzlich grünes Licht dafür, dass die Anwälte Öcalans zum ersten Mal nach acht Jahren wieder ihren Klienten auf Imrali besuchen und seine Wünsche der Öffentlichkeit mitteilen. Darüber hinaus erklärte das Justizministerium, dass Öcalans Isolation aufgehoben sei. Was das genau heissen soll, war zunächst unklar.

Spekuliert wurde, dass der nach der letzten Wahlniederlage bedrängte Präsident Erdogan bereit sei, selbst einen «Pakt mit dem Teufel», in diesem Fall mit dem nach türkischer Sprachregelung «Erzterroristen Öcalan» zu schliessen, um die Wahlen am 23. Juni zu gewinnen. Bei der Wahlwiederholung in Istanbul steht für Erdogan viel auf dem Spiel. Denn sie wird unmissverständlich zeigen, ob die Ära Erdogan zu Ende neigt oder nicht. Will sein Lager Istanbul im Juni nicht verlieren, benötigt es zumindest einen Teil der bis zu zwei Millionen Stimmen der Kurden Istanbuls. Die Aufhebung der Isolation also als gute Geste zu den kurdischen Wählern?

Türkei im Konflikt mit Kurden in Syrien, die von den USA unterstützt werden

Spekuliert wurde ferner über einen Neubeginn der Friedensgespräche zwischen den PKK-Kurden, der PKK und der Türkei. Seit der bewaffnete Konflikt zwischen der PKK und der türkischen Sicherheitskräften 1984 begonnen hatte, kostete er weit über 50’000 Menschen das Leben. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Der Besuch der Anwälte auf Imrali stützt hingegen die Annahme, wonach eine Lösung für Nordsyrien zwischen der Türkei und der PKK-nahen syrischen Kurden angestrebt wird. Seit Wochen lassen Gerüchte in der amerikanischen und kurdischen Presse nicht nach, wonach die USA Druck auf ihre kurdischen Alliierten in Syrien und auf die Türkei ausüben, damit diese gemeinsam eine Lösung ihres Konflikts finden. Um dieses Ziel zu erreichen, erklärten die Anwälte des Kurdenführers am letzten Wochenende, sei Öcalan bereit, eine «positive» Rolle zu spielen.
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Zum Infosperber-DOSSIER «Die Innen- und Aussenpolitik der Türkei»
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Eine Meinung zu

  • am 28.05.2019 um 10:25 Uhr
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    Schön und gut bzw. wir haben es langsam kapiert: die Türkei ist einmal mehr unter Erdogan der grösste Schurkenstaat in der Region, zumindest im Zusammenhang mit «den Kurden». Gut, dieses vereinfachte, die nötige Ausgewogenheit auslassende, aber dafür sonnenklare und einleuchtende Narrativ dürfte von den Leuten bedingungslos geglaubt werden und das wiederum ist absolut ok (also wirklich nichts schlimmes). Schlimm ist aber der Titel des Artikels, bei dem man sich fragen muss, wie dieser überhaupt zu rechtferitgen ist. Reden wir da tatsächlich über dieselbe USA, die seit über 20 Jahren nicht anderes will, als die ganze Region dort zu destabilisieren und die Fraktionen nach dem Prinzip «teile und herrsche» aufeinander zu hetzen? Diese ungebrochene USA-Liebe während den gesamten İrak-, Libyen- und Syrienkriegen geht mir einfach zu weit. Ja, Russland und Türkei kritisieren ist absolut richtig von den und für die Betroffenen und Unterdrückten, aber eine solche Blauäugigkeit gegenüber dem Tun und Wirken des İmperiums USA ist ein grosses Ärgernis. PS: Wer sich wirklich für den aktuellen Zwist zwischen der Türkei und den USA interessiert, der sollte einfach «turkey s400 USA» googlen.

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