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Thurgauer CVP-Regierungsrat Bernhard Koch © Tele Top

Regierungsrat paktierte mit schamlosem Chirurgen

upg /  Dossier von Whistleblowern ignorierte er. Noch heute behauptet er, es sei alles sauber gelaufen: CVP-Regierungsrat Bernhard Koch.

«Er ritzt das Gesetz, um Kohle zu machen. Und er schmuggelt eine Leiche»: So fasste Infosperber eine Recherche des «Magazin»-Reporters Mathias Ninck über den Herzchirurgen Dierk Maass zusammen, der das «Herz-Zentrum Bodensee» in Kreuzlingen und über der Grenze das «Herz-Neuro-Zentrum Bodensee» in Konstanz besitzt. Das «Magazin» hatte getitelt: «Krieg in der Herzklinik: Chirurgen ohne Berufsbewilligung, falsche Arztbriefe, eine geschmuggelte Leiche».
Die Staatsanwaltschaft in Konstanz ist bereits seit dem Sommer am Ermitteln. Jetzt berichtet der «Beobachter», dass der Thurgauer CVP-Gesundheitsdirektor Bernhard Koch schon längst hätte wissen können, das es beim privaten «Herz-Zentrum Bodensee» in Kreuzlingen gravierende Ungereimtheiten gibt, denen der Kanton als Aufsichtsbehörde hätte nachgehen müssen.

Herzchirurg Thierry Carrel leitete ein Dossier an Koch weiter
Bereits «vor fünf oder sechs Jahren», erklärt der Berner Herzchirurgie-Professor Thierry Carrel dem Beobachter, habe er als Sekretär der «Schweizerischen Gesellschaft für Herz- und thorakale Gefässchirurgie» (SGHC) ein dickes Dossier über das Herz-Neuro-Zentrum anonym zugeschickt bekommen. Darin befanden sich Dokumente und Belege zu «einzelnen Vorwürfen, die heute im Raum stehen». Da die Fachärztegesellschaft dafür der falsche Adressat war, schickte Carrel das Dossier umgehend weiter an die Direktion von Regierungsrat Bernhard Koch. «Es gab keine Reaktion», sagt Carrel, «keine Empfangsbestätigung und auch keine Nachfragen, nichts.»

Das Departement von CVP-Regierungsrat Koch erklärte dem «Beobachter», man erinnere sich nicht an das ­Paket aus Bern.
Partei-Präsidentin sprach bei Koch vor
2010 hätten besorgte Angestellte der Kreuzlinger Klinik die kantonale SP-Präsidentin Barbara Kern in die von ihnen gesammelten Vorwürfe und Belege eingeweiht, schreibt der «Beobachter». Weil die Angestellten aus Angst um ­ihren Arbeitsplatz anonym bleiben wollten, übernahm es die Parteipräsidentin und Grossrätin, ihren Parteikollegen und Regierungsrat Bernhard Koch zu informieren. Sie habe ihn mündlich angefragt, ob er bereit sei, Personen aus dem Umfeld der Klinik zu empfangen, bestätigt Regierungsrat Koch: «Es wurden gar Termine vereinbart. Leider wurde alles wieder abgesagt, als ich darauf bestand, die Informationen auch verwenden zu können.»

Die Version der Parteipräsidentin lautet leicht anders: «Regierungsrat Koch hat mir damals erklärt, dass er nicht auf anonyme Hinweise eingehen könne». Und einer, der damals anonym bleiben wollte, formuliert es noch deutlicher: «Koch inte­ressierte sich vor allem dafür, wer hinter den Vorwürfen steckt, und viel weniger dafür, was an der Herzklinik schief läuft.» Koch bestreitet dies.

Im Umfeld der Klinik beäuge man Kochs Rolle schon seit einiger Zeit misstrauisch, schreibt der «Beobachter» weiter. Als der Regierungsrat vor einigen Monaten in der Klinik einen Verwandten besucht habe, sei «die halbe Geschäftsleitung mit Blumensträus­sen angetanzt», berichtet ein ehemaliger An­gestellter.
Andere erinnern sich an die Schirmherrschaft für ein von der Klinik ­organisiertes Symposium, das Koch übernommen habe, oder an die Festrede, die der Regierungsrat zum Abschied von Klinikdirektor Dierk Maass im Zirkus Conelli hielt.
Koch weist jeden Verdacht auf eine zu grosse ­Nähe zur Herzklinik weit von sich: «Ich bin mit Herrn Maass weder näher bekannt noch befreundet», sagt er. Die Kontakte mit ihm seien alle in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Regierungsrat gestanden.»
Koch schwärmte von Klinik-Projekt

Unangenehme Enthüllungen über das Herz-Neuro-Zentrum, das seit Jahren auf der Thurgauer Spitalliste steht und in den letzten Jahren regelmässig vom Kanton Investitionsbeiträge in sechsstelliger Höhe erhielt, wären vor vier Jahren für den Thurgau zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt gekommen. Kanton und Klinik standen 2010 in Verhandlungen über den Baurechtsvertrag für einen Neubau des Herz-Neuro-Zentrums auf dem Gelände des Kantonsspitals Münsterlingen. Der geplante 45-Millionen-Bau sollte drei Operationssäle und rund 60 Betten aufweisen.

Das Projekt, von dem Regierungsrat Bernhard Koch einst erklärte, es werde «schweizweit Beachtung finden», sei derzeit durch Einsprachen blockiert, berichtet der «Beobachter», und das Schwärmen sei Koch mittlerweile vergangen. Stattdessen habe er – wenn auch erst aufgrund der Medienberichte der letzten Wochen – eine Administrativuntersuchung in die Wege geleitet. Die Richtung gab er im «Tages-Anzeiger» bereits vor: «Im Thurgau ist alles sauber gelaufen», liess er sich zitieren.

Lesen Sie hier über das von Infosperber bereits veröffentlichte Geschäftsgebaren der Herzkliniken von Dierk Maass.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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3 Meinungen

  • am 23.12.2013 um 12:03 Uhr
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    Es ist ja grundsätzlich schon «bezeichnend", dass hinter den meisten der ans Tageslicht kommenden Missstände, Untaten und Unsauberkeiten Politikerinnen und Politiker aus dem christlichen (CVP) oder dem «volksnahen» (SVP) Lager stecken. Zufall…?

  • am 23.12.2013 um 14:59 Uhr
    Permalink

    Herr Engeloch würden Sie Ihre Behauptung bitte substantiieren – ich glaube nicht, dass sie auch nur ein Körnchen Wahrheit enthält. Und um selbst transparent zu sein: ich bin SVP-Politiker, meines Wissens aber ohne Untaten…

  • am 24.12.2013 um 01:36 Uhr
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    Wichtig bleibt das Differenzieren. Nicht jeder bei der SVP ist ein Raubtierkapitalist mit unlauterer Handlungsweise, und nicht jeder bei der SP ist wirklich Sozial. Eine Person und sein Verhalten repräsentiert nie eine ganze Partei. Dass die SVP jedoch bevorzugt wird von Raubtierkapitalisten, Demokratieschändern und selbstherrlichen Despoten, und als Mäntelchen bevorzugt benützt wird, als Tarnung missbraucht wird, ist offenkundig und wird immer deutlicher. Die SVP würde gut daran tun, solche auszumisten aus ihren Reihen. Damit sie wieder zu einer Volkspartei wird, wo das Volk das sagen hat, und nicht ein paar welche gut reden können und sich bereichern wollen. Ich bin Parteiloser SP-Unterstützer. Kritik muss immer differenzieren, sonst droht man auf einer unguten Schiene abzufahren. Ich wähle bevorzugt SP. Denn das Geld muss der Demokratie dienen, ebenso die Wirtschaft, und nicht umgekehrt. Wenn wir bei Kritik Person und Partei nicht auseinanderhalten, machen wir uns unglaubwürdig. Wenn eine Partei mit Misanthropen welche gut reden können, gut verführen können, diese nicht aus der Partei entfernt oder zurechtweisst, macht sich diese Partei unglaubwürdig. So hat sich die SVP selber zur reinen Oppositionsrolle verdammt, für lange Zeit. Schade um die guten Volkspolitiker in der SVP. Die gibt es nämlich auch. Ein Teil davon hat sich ja schon davon gemacht.

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