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Der Uno-Menschenrechtsrat UNHRC hat seinen Sitz in Genf © UNHRC

Russland verliert Sitz im Uno-Menschenrechtsrat

Andreas Zumach /  Auf Empfehlung von 80 NGOs wurde Russland nicht gewählt. Saudi-Arabien aber sehr wohl, trotz der Angriffe in Jemen auf Zivilisten.

In einer in der Uno-Geschichte bislang sehr seltenen Entscheidung gegen eine der fünf ständigen Vetomächte des Sicherheitsrates hat die Generalversammlung Russland die Wahl in den UN-Menschenrechtsrat in Genf verwehrt. Bei der Bestimmung von zwei neuen Mitgliedern des Rates aus der Regionalgruppe Osteuropa der Generalversammlung für die nächsten drei Jahre votierten lediglich 112 der 193 Uno-Mitglieder für den Kandidaten Russland. Gewählt wurden die beiden anderen osteuropäischen Bewerber, Ungarn mit 144 und Kroatien mit 114 Stimmen.

Bislang scheiterte lediglich einmal die Vetomacht USA wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen von US-Soldaten und Geheimdienstlern im ab 2003 von den USA besetzten Irak mit einer Kandidatur für den Menschenrechtsrat, in dem 47 Staaten aus allen Weltregionen vertreten sind. Ein Drittel wird jährlich neu gewählt.

Im Vorfeld der Abstimmung hatten 80 Menschenrechts- und Hilfsorganisationen, darunter Human Rights Watch HRW, CARE und Refugees International, die Mitgliedsstaaten der UN-Generalversammlung in einem Schreiben dazu aufgefordert, «sich zu fragen, ob Russlands militärische Unterstützung für den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad mit einem Sitz im Gremium zur Wahrung der Menschenrechte vereinbar» sei. Die Unterzeichner des Schreibens, darunter auch zahlreiche syrische Hilfsorganisationen, warfen Moskau routinemässige Angriffe auf Zivilisten vor. Zudem kritisierten sie, dass Russland Anfang Oktober im Uno-Sicherheitsrat per Veto eine Resolution für eine Waffenruhe in Aleppo und den Stopp aller Luftangriffe auf die Stadt verhindert hatte.

Die 80 NGOs beriefen sich in ihrem Schreiben auf die Resolution der Generalversammlung zur Gründung des Menschenrechtsrates im Jahre 2006. Danach sollen die Uno-Mitglieder bei den Wahlen zur Besetzung des Rates «den Beitrag der Bewerberstaaten zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte innerhalb und ausserhalb des eigenen Landes beachten». Ein Vertreter von HRW zeigte sich in Genf «zufrieden, dass die Botschaft der 80 NGOs gehört wurde».

Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin sagte, sein Land sei lange in dem Gremium gewesen und brauche nun «eine Pause». Er fügte hinzu: «Kroatien und Ungarn sind aufgrund ihrer Grösse glücklicherweise nicht so stark den Winden der internationalen Diplomatie ausgesetzt. Russland ist ziemlich exponiert.» Tschurkin äusserte sich «überzeugt, dass Russland dem Menschenrechtsrat bald wieder angehören» werde.

Konsequenz sähe anders aus

Bei der Auswahl von Mitgliedern des Menschenrechtsrates auf Basis der Politik der jeweiligen Bewerber erwies sich die Generalversammlung allerdings auch diesmal nicht konsequent. Das wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und des laufenden Krieges im Jemen kritisierte Saudi-Arabien, gegen dessen Wahl im Vorfeld ebenfalls zahlreiche NGOs protestiert hatten, zog mit 152 Stimmen in den Menschenrechtsrat ein. Ebenfalls gewählt wurden China, Ägypten und Kuba. Die anderen neuen Mitglieder des Rates für die nächsten drei Jahre sind Brasilien, Grossbritannien, Irak, Japan, Südafrika, Tunesien, Ruanda und die USA.


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4 Meinungen

  • am 4.11.2016 um 21:56 Uhr
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    Russland verliert den Sitz im UNO-Menschenrechtsrat, Saudi-Arabien hingegen sitzt weiterhin drin. Ob der UNO-Menschenrechtsrat wohl mehr mit Machtpolitik als mit Menschenrechten zu tun hat, das ist die Frage. Das heisst: durch deren Instrumentalisierung werden die sogenannten Menschenrechte wertlos!

  • am 5.11.2016 um 00:24 Uhr
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    Den nimmermüden Unterstützer von Wikipedia dankend, ist der neugewählte UN Menschenrechtsrat bereits aktualisiert: https://de.wikipedia.org/wiki/UN-Menschenrechtsrat
    .
    Was mich aber interessieren würde: kann mir der Infosperber einen Link geben, der mich zu den 80 NGO’s führt, die den Ausschluss Russlands wollten?

    Wen wollten diese NGO’s auch nicht wiederwählen?

    Schliesslich kennen 20 der 46 Staaten, die im Rat vertreten sind immer noch die Todesstrafe.

    Also, darf ich um die Liste dieser NGO’s bitten, damit ich keine bigotte Organisation unterstütze, da nun alle diese Organisationen versuchen in der Vorweihnachtszeit ihr (Kriegs-)Kässlein aufzubessern?

  • am 5.11.2016 um 17:43 Uhr
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    @Stephan Klee; am Ende des Artikels auf der HRW Site sind die 88 Organisationen (mir zu über 90% Unbekannte Gruppierungen) aufeglistet:
    https://www.hrw.org/news/2016/10/24/un-russias-role-syria-raises-questions-about-bid-human-rights-council

    Der KampagneText von HRW betr. Ausschluss von Russland aus dem Menschenrechtsrat, zeigt (leider) exemplarisch wie man selbst Aussagen von renommierten Organisationen nie einfach 100% vertrauen sollte. (Bei Verwendung des selben Maßstab müsste man wohl alle rund 20-40 in Syrien beteiligen Nationen vom Menschenrechtsrat ausschließen.)

    ähnliches Problem neulich nach dem SRF Interview mit Assad: Worin Assad den Amnesty International Berricht bestritt, wonach rund 17’000 in syrischen Foltergefängnissen starben.
    Auf Nachfrage SRF bestätigte AI diese Zahlen und erwähnte, dass dies eine Datenanalyse von «Human Rights Data Analysis Group» ergab.
    Liest man diese Analyse und macht sich über diese Organisation kundig, folgen bei mir nur Fragezeichen. Fazit für mich; «kann sein – kann auch nicht oder teilweise sein"

    Wohlverstanden; NGO’s machen teils wertvolle Arbeit. Aber selbst renommierte Gruppen sollte man nie unreflektiert als «Ermittler, Kläger und Richter» hinnehmen.

  • am 6.11.2016 um 14:43 Uhr
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    Ja, früher hatten wir viele Verdachte und Verdächtigungen. Heute, mit den modernen Kommunikationsmitteln haben wir die Beweise, fast schon zu viele Beweise. Statt aufgeklärt zu werden, welche Beweise glaubwürdig sind, werden nun aber einfach die Schultern gezuckt und erklärt, dass wir in postfaktischen Zeiten leben – such Dir aus, was gefällt.

    Die politische Kabarettsendung „die Anstalt“ vom 1. November 2016 thematisiert das Thema BRD und Völkerrecht. Um den zu erwartenden Shitstorm abzuwehren, wird praktisch zeitgleich zur Ausstrahlung ein über 30 Seiten langer Faktencheck publiziert mit Links zu allen zitierten Aussagen – eine Kabarettsendung wahrer und transparenter als das vor ihr ausgestrahlte Heute Magazin?

    Spielt es eine Rolle, ob Assad 1 Mensch durch Folter getötet hat oder mehr als 17‘000? Es passiert einfach, so wie durch die USA in Guantanamo und CIA-Geheimgefängnisse überall rund um den Globus.

    Dafür wurden die USA zwar gescholten, aber mehr nicht. Dennoch sind die Folterzahlen zurückgegangen. Ein Erfolg der NGO’s? Nein, die Ausweitung des Drohnenkriegs. Wenn wir nicht mehr foltern dürfen, werden die Urteile einfach noch schneller vollstreckt.

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