KorruptionBlatter

Der Fifa-Korruptionsskandal in den Schlagzeilen © Bild

Korruption – nicht nur bei der Fifa

Christian Müller /  Korruption ist auch in der «normalen» Wirtschaft alltäglich, vor allem in den oberen Etagen der Firmen – auch in Europa.

Ausgerechnet am Donnerstag, 28. Mai 2015, als die Medien rund um die Welt – und nicht zum ersten Mal – Sepp Blatter zu einem der berühmtesten Zeitgenossen machten und die Frontseiten seinem Konterfei widmeten, ging’s auch in einem anderen Korruptionsfall einen Schritt weiter: Am 1091. Tag nach der Nicht-Eröffnung des Berliner Flughafens BER – der Flughafen Berlin-Brandenburg sollte ursprünglich Ende Oktober 2011 in Betrieb gehen – meldet das Deutsche Handelsblatt:
«KORRUPTION AM BERLINER FLUGHAFEN»
«Ex-BER-Manager in Untersuchungshaft»
«Offenbar hat es einen Durchbruch bei den Ermittlungen zur Korruption am Berliner Flughafen BER gegeben: Mehrere der Beschuldigten, darunter der Ex-Deutschlandchef des Baukonzerns Imtech, sind geständig.»

Es geht, wie so oft, um einen Briefumschlag mit Geld: «Der ehemalige Deutschlandchef des niederländischen Baukonzerns Imtech gab zu, eine Schmiergeldzahlung für den (Flughafen) BER genehmigt zu haben. Ein weiterer Imtech-Manager räumte ein, im Dezember 2012 an einem Rasthof an der brandenburgischen A24 einen Briefumschlag mit Bargeld an einen Mitarbeiter des BER übergeben zu haben. Der BER-Mitarbeiter bestätigte den Erhalt von 150’000 Euro. In diesen Punkten decken sich die Aussagen mehrerer Beteiligter.
Die Neuruppiner Korruptionsexperten ermitteln in der Sache seit Dezember 2014. Der Verdacht: Ein damaliger Bereichsleiter des Flughafens soll von Imtech bestochen worden sein. Der Gebäudeausrüster ist auf der Flughafenbaustelle unter anderem für die Brandschutzanlagen zuständig, die zu den milliardenteuren Verzögerungen geführt haben. Als Gegenleistung für das Bargeld soll der BER-Manager Ende 2012 Imtech-Rechnungen in Höhe von 65 Millionen Euro durchgewunken haben, ohne zu prüfen, ob der Baukonzern die entsprechenden Arbeiten überhaupt ausgeführt hatte. Tatsächlich zahlte der BER wenige Tage nach der Geldübergabe an der Autobahn die Millionen an Imtech.»

Dazu ein pikantes Detail: «Bei seinem Abschied im August 2013 erhielt der BER-Mitarbeiter ein persönliches Referenzschreiben vom damaligen Flughafenchef Hartmut Mehdorn. Darin bescheinigte Mehdorn, sein Mitarbeiter habe ‹sehr effektiv, gewissenhaft und mit größter Sorgfalt› gearbeitet. Sein persönliches Verhalten sei ‹stets einwandfrei› gewesen.»

Eine grosse Ausnahme?

Der Fall beim immer noch nicht eröffneten Flughafen Berlin-Brandenburg ist keine Ausnahme. In Osteuropa gehört Korruption zum Alltag, genauso wie in Südamerika, in Afrika und anderen Übersee-Regionen. Aber auch in Westeuropa und in den USA kommen jedes Jahr neue Fälle ans Tageslicht, auch wenn die Korruption hier oft etwas anders läuft als auf dem Weg über einen Briefumschlag auf einer Autobahnraststätte. Auch Einladungen zu internationalen Kongressen mit Verlängerung vor Ort – die Partnerin oder der Partner dürfen gratis mitreisen – sind nicht viel anderes als Korruption, dürfen buchhalterisch aber unter Marketing abgebucht werden und sind zumindest juristisch dadurch besser getarnt.

Was interessant ist: In vielen Ländern, gerade auch in den Ländern Mittelosteuropas, die heute zur EU gehören, ist die Korruption auf unterster Stufe kaum mehr spürbar. In Tschechien etwa, wo man in den 90er Jahren, angehalten zum Beispiel von einer Polizeistreife wegen zu schnellen Fahrens, problemlos einen kleinen Geldschein zücken konnte, um gleich wieder «frei» zu sein, geht das heute gar nicht mehr. Ganz oben aber hat die Korruption eher noch zugenommen. Von 2010 bis 2013, als die liberal-konservative Demokratische Bürgerpartei ODS am Ruder war, mussten nicht weniger als zehn Minister wegen Korruptionsskandalen zurücktreten, immer in Verbindung mit der Vergabe von Staatsaufträgen an private Firmen – und nicht nur an tschechische.

Dass Griechenland mit 11 Millionen Einwohnern in seiner Armee rund 5000 Panzer hat, war auch kein Entscheid der breiten Bevölkerung, sondern der zuständigen Minister. Aber die Lieferanten haben die (damaligen) Regierungsmitglieder mit guten «Argumenten» für den Kauf überzeugt, die grossen Banken der EU haben die Waffenankäufe noch so gerne finanzieren helfen – und ausfressen müssen die daraus entstandene Staatsüberschuldung jetzt die einfachen Leute von der Strasse.

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft

Um Kundenbeziehungen, die ja fast immer auch Beziehungen zwischen Verkäufern und Einkäufern sind, zu pflegen, gilt im Business die Faustregel: Was man an einem Tag trinken und essen kann, gilt als unbedenklich und ist erlaubt: eine Einladung zum Lunch, auch in einem gediegenen Restaurant, eine Flasche Wein, gegebenenfalls auch zwei, und, in nobler Erinnerung an Winston Churchill und/oder Willy Brandt und andere hochstehende Politiker: auch eine Flasche Whisky kann man in einem Tag trinken.

Und warum wundert man sich über die Korruption?

Was erstaunlich ist: Viele Leute wundern sich, dass nicht zuletzt gut bezahlte Manager oder Regierungsbeamte in Korruptionsfälle verwickelt sind. Diese Verwunderung ist, mit Verlaub, naiv. Die Studenten der Betriebswirtschaft an den Universitäten und Fachhochschulen werden doch etliche Semester darauf gedrillt, dem Profit der Firma zuliebe harte Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel einen Konkurrenten – heute liebevoll «Mitbewerber» genannt – mit allen erdenklichen Methoden zu schwächen und wenn möglich kaputtzumachen oder aber ihn zu übernehmen, also aufzufressen, und damit viele Arbeitsplätze überflüssig zu machen. Immer mit dem gleichen Ziel: noch mehr Geld in die Firmen-Kasse zu spülen. Und da meint man, diese Studenten würden dieses Denken nur für die Firma verinnerlichen? Wenn es doch das Ziel ist, mit allen erlaubten und unerlaubten Methoden Geld in die Kasse der Firma zu bringen, warum soll das dann im persönlichen Leben nicht auch so sein? Um auf den Bestechungsfall beim Flughafen-Bau in Berlin zurückzukommen: Wenn ein Abteilungsleiter, um unter eine Rechnung einer Firma sein Visum zu setzen, 150’000 Euro in einem Briefumschlag privat kassieren kann, warum soll er das nicht machen? Geld in die Kasse zu bringen, in welche auch immer, hat er doch viele Semester lang als Lebensziel appliziert bekommen!


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Keine

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2 Meinungen

  • am 30.05.2015 um 18:54 Uhr
    Permalink

    Ob unsere Justiz wohl vor unserem grossen “Befreier“ (wieder) eingeknickt ist? Wir werden sehen! Dass auch die FIFA-Inszenierung gegen Russland gerichtet ist, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Interesse an dieser „Intervention“ hat zweifellos auch Israel.

    Mit der Teilnahme der Schweiz an Nato-Manövern wird vor aller Welt und der schweiz. Öffentlichkeit demonstrativ die (faktische) Mitgliedschaft zum transatl. Angriffspakt Nato demonstriert. Damit ist nun auch die militärische Unterwerfung unter die Befehlsgewalt der USA vollzogen. Für die Aufgabe der Neutralität wurde weder die Zustimmung des Volkes eingeholt noch die Verfassung respektiert.

    Partnerschaften gibt es für die US-Regierung nicht. Deshalb kann es sich bei dieser Mitgliedschaft nicht einmal um ein Bündnis oder eine bündnisähnliche Form handeln.

    Wenn unsere Regierung die Neutralität aufgibt und dem Nato-Pakt beitritt, um wie viel einfacher wird es für sie sein auch TTIP oder der EU beizutreten, auch hier, ohne die Einwilligung der Bevölkerung einzuholen, ohne die Bundesverfassung zu respektieren? (2014 waren es 79% der Bürger, die den Raubtierkapitalismus, Imperialismus und Kolonialismus von TTIP und EU ablehnten). Es verbleibt den Stimmberechtigten der Schweiz lediglich noch über Angelegenheiten zu bestimmen (sofern sich die Regierung überhaupt daran hält), für die die USA nicht das geringste Interesse hat.

    NB: Was unsere Hochschulen anbelangt: Hier ist der „Fall Dr. Daniele Ganser“ ein Musterbeispiel.

  • am 31.05.2015 um 13:52 Uhr
    Permalink

    Gutachter der Sozialbürokratie erhalten 200,00 Euro für ein Gutachten, Gutachter von Versicherungen etwas mehr. Dafür wird der Tod des Probanden in Kauf genommen.

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