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Die Reichen würden nicht bevorzugt – eher das Gegenteil sei der Fall. Der Urner «Mitte»-Präsident Flavio Gisler stellte sich SRF. © SRF «Schweiz aktuell»

Pssst! Uri berät Schwerreiche beim Steuernvermeiden

Pascal Sigg /  Ein Urner Steuerbeamter gab sich als Steuerberater. «Mitte» und FDP sind begeistert von der «Dienstleistung».

Wie weit gehen Schweizer Steuerbehörden, um reiche Steuerflüchtlinge aus dem Ausland anzuziehen?

Dieser Frage konnte die «Wochenzeitung» (WOZ) nur mit einer verdeckten Recherche nachgehen.

Im Kanton Uri wurde der Lockvogel der Zeitung besonders wohlwollend empfangen. Der Steuerbeamte gab ihm mehrere Tipps, um nicht nur sein Vermögen in die Schweiz zu verfrachten, sondern auch gleich im Kanton Uri möglichst wenig Steuern zu bezahlen. So gab er durchaus offen Auskunft darüber, welche Angaben das Steueramt nicht überprüfen könne. Zum Beispiel, ob jemand tatsächlich 10’000 Franken im Monat für seine Hobbys ausgeben würde. Dieses «Problem», entlockte ihm die WOZ, sei letztlich ein Vorteil für beide Seiten. So erlaube es die Pauschalbesteuerung, «gute Steuerpflichtige anzuziehen».

Zudem gab er sich bereit, bei «Rechenspielen» zu helfen, um zu eruieren, welche Lebenskosten angegeben werden müsste. «Wir sind hier, ich sage mal, eine Dienstleistungsbehörde, auch wenn wir das eigentlich nicht sein dürften.»

Urner Lokalmedien schweigen

Die Enthüllung gäbe Anlass für eine Debatte in den Lokalmedien. Doch bei der von «CH Media» fast todgeschröpften «Urner Zeitung» reichte es erst eine Woche danach für einen kurzen Artikel mit beteuerndem Zitat der Steuerbehörden als Titel. Das  «Urner Wochenblatt» hat bisher nicht darüber berichtet.

So sprang  «Schweiz aktuell» von SRF in die Bresche und fragte ausführlicher nach. Für die FDP ist alles in Ordnung: «Ich kann nichts Anrüchiges erkennen», sagt Hans Aschwanden, Präsident der kantonalen Partei. «Die Steuerverwaltung hat ihre Rolle als Dienstleister gesehen, was ich selbst auch schon so erfahren habe.»

Es könne sein, dass man sich möglicherweise unglücklich ausgedrückt habe, meinte er weiter gegenüber SRF. Aber: «Eigentlich haben sie nichts Falsches gemacht.» Es müsse einfach nach den gesetzlichen Regeln gehen. «Dann habe ich nichts dagegen», sagt Aschwanden.

Wenn alle Steuertipps erhalten, profitieren auch die Armen?

Die mächtigste Partei des Kantons, die Mitte, drehte die Sache abenteuerlich. Ihr Präsident Flavio Gisler sagte gegenüber SRF: «Es stimmt einfach nicht, dass man hier die Reichen bevorzugen würde. Eher das Gegenteil: Wenn man nicht derart dienstleistungsorientiert wäre, müsste man sich dann ja genau einen Treuhänder leisten. Und dann wären die Reichen bevorzugt.» Die Bevölkerung – ob reich oder nicht – schätze die Auskunft durch die Steuerbehörde sehr.

Als ob Menschen mit ohnehin tiefer Steuerrechnung auf Spartipps des Steueramts angewiesen wären.

Einige Teile der «Bevölkerung» sehen das Vorgehen der Urner Steuerbehörden denn auch durchaus kritisch. Jonas Bissig, Co-Präsident Urner Sozialdemokraten, sagte gegenüber SRF: «Diese Personen kommen sehr günstig weg und wenn die Kantone sich gegenseitig noch diese Steuerzahler ‹abjagen›, die Preise immer noch mehr runtertreiben, dann ist das für uns als Schweiz ein Verlust.»

Und Eveline Lüönd, Präsidentin der Grünen Uri, sagte gegenüber Infosperber: «Wir finden das Verhalten des Steuerbeamten ist nicht vereinbar mit dem staatlichen Auftrag des Amtes für Steuern und fragen uns, ob dieses Vorgehen System hat. Dies dürfte aus unserer Sicht nicht sein.»

Das Urner Steueramt schrieb SRF, es «verstehe sich Sinne des modernen Verwaltungsverständnisses durchaus als Dienstleisterin».

Für Lüönd wäre es Aufgabe der Staatspolitischen Kommission des Landrats, der Sache nachzugehen.


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Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

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