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Eine Biene der Art Melipona eburnea bewacht ihr Nest. © Kathryn Naherny, Boulder Bee Lab/ICN

In Peru bekommt eine Biene eigene Rechte

Daniela Gschweng /  Als erstes Insekt weltweit werden in Peru heimische stachellose Bienen als Rechtssubjekte besonders geschützt.

Die indigenen Asháninka nennen sie «Shinkenka» oder spanisch «Angelitos» (Engelchen). Sie gehören zur Bienengattung Melipona und sind die erste Insektenart weltweit, die nicht als Sache zählt, sondern ein «persönliches» Recht auf Existenz, Regeneration und Schutz hat. Im Oktober 2025 erklärte die peruanische Provinz Satipo die amazonischen stachellosen Bienen zu Rechtssubjekten.

Die stachellose Biene ist ein wichtiger lokaler Bestäuber und seit Millionen Jahren Teil des tropischen Ökosystems. Ihr Honig hat antibakterielle, antivirale und entzündungshemmende Eigenschaften und wird in der traditionellen Medizin verwendet.

Das Gesetz, das in der UNESCO-Biosphäre Avireri-Vraem gilt, soll die in den vergangenen Jahren stark geschrumpfte Bienenpopulation schützen. Durch die Klimakrise steigende Temperaturen, Entwaldung, Drogenanbau, Pestizide und invasive Arten bedrohen ihr Überleben.

Stechende Honigbienen kamen erst mit der Kolonialisierung

Meliponini können nicht stechen, aber durchaus beissen. Etwa 600 Arten gibt es weltweit, mindestens 175 leben in Peru. Die in Europa bekannten stechenden Honigbienen kamen erst mit den Europäern nach Südamerika. Ende der 1950er-Jahre wurde eine Kreuzung aus afrikanischen und europäischen Bienenarten angesiedelt, die sich seither schnell ausbreitet und eine Gefahr für einheimische Bienen darstellt.

Das neue Gesetz ist im Wesentlichen ein Erfolg der Biochemikerin Rosa Vásquez Espinoza, die zusammen mit anderen Wissenschaftler:innen und den indigenen Gemeinschaften der Asháninka den Schutz der Bienen vorantrieb – und damit auch den Schutz des Amazonasgebiets. Der Grossteil der landwirtschaftlich bedeutenden Pflanzen wird von Wildbienen bestäubt.

Alle Beteiligten planen gemeinsam Schutzmassnahmen

Unterstützt wurde Espinozas Organisation Amazon Research International dabei unter anderem von der US-Organisation Earth Law Center und der Marinebiologin Callie Veelenturf, berichtet das US-Medium «Inside Climate News». Veelenturf wurde bekannt, als sie einer Seeschildkrötenart in Panama eigene Rechte verschaffte.

Rosa Vásquez Espinoza bei einem Workshop in einer Asháninka-Gemeinde.

Espinoza, die von der UNESCO für ihr Engagement ausgezeichnet wurde, hat mit Hilfe von indigenen Einwohnern, Forschenden und lokalen Regierungsangehörigen in einer Expedition kartiert, wo die bedrohten Bienen vorkommen und was zu ihrem Erhalt getan werden kann. Die Bestände seien stark geschrumpft, sagt sie gegenüber «Inside Climate News». Während man früher eine halbe Stunde nach einem Volk suchen musste, finde man heute manchmal an einem ganzen Tag gar keines.

Einheimische Bienenarten gehen bei Schutzmassnahmen oft unter

In einem Workshop diskutierten Regierungsvertreter, Forschende und Indigene praktische Schritte, um Bedrohungen von den Wildbienen abzuwenden, die Biodiversität zu fördern und indigenes Wissen zu bewahren. So können Bienenvölker zum Beispiel gezielt an abgeholzten Stellen angesiedelt werden, um die Artenvielfalt wiederherzustellen.

Espinoza und ihre Kolleg:innen fördern dazu die Haltung stachelloser Bienen – als Einkommensquelle in einer vorwiegend von Subsistenzwirtschaft abhängigen Gegend und als Schutzmassnahme. Frauen wie die Asháninka-Imkerin Micaela Huaman Fernandez unterrichten andere darin, die stachellosen Bienen zu halten und ihren Honig schonend zu gewinnen. Huaman verkauft den Honig als Teil von traditionellen Medizinprodukten.


Das Projekt steht exemplarisch für eine wachsende internationale Bewegung, die der Natur juristische Rechte zuspricht. Wenn Bienen geschützt würden, gehe es oft nur um ihre Bestäubungsleistung oder ausschliesslich um die Honigbiene Apis mellifera, kritisieren die Aktivist:innen. Die einheimischen Bienen, ihr Recht auf Existenz und ihre Rolle in Gesellschaft und Ökosystem gingen dabei oft unter. Das Gesetz zum Schutz der stachellosen Bienen würden sie am liebsten in ganz Peru sehen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: In dem südamerikanischen Land werden bereits der Fluss Marañón und der weltbekannte Titicacasee als Rechtssubjekte anerkannt.

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