Kommentar
UBS rutscht immer tiefer in den First-Brands-Schlamassel
Red. Dieser Artikel von Lukas Hässig erschien zuerst auf «Inside Paradeplatz».
Die UBS wird zur Frontrunnerin im Private-Debt-Skandal um die US-Autozuliefererin First Brands. First Brands hat einen Schuldenturm von über zehn Milliarden Dollar hingeklotzt. Mehr als eine halbe Milliarde stammt von vermögenden Kunden der UBS. Die Schweizer Grossbank hat dabei alle Vorsicht über Bord geschmissen. 30 Prozent der Assets eines spezialisierten Lieferketten-Fonds hat sie in First Brands angelegt. Dies berichtete die «Financial Times». In die gleiche Richtung gingen Storys von letzter Woche.
Knapp ein Drittel bedeutet ein gigantisches Klumpenrisiko. Wie das der stolzen UBS passieren konnte, ist schleierhaft. Noch brisanter wird das jüngste Fiasko der Helvetier, weil immer mehr «Greensill» in diesem Fall aufleuchtet. Mit den Fonds des tief gefallenen australischen «Sirs» hatte die CS im Frühling 2021 ihren Genickbruch erlitten. Die besten Privatkunden des Paradeplatz-Tankers zitterten über Nacht um zwei Milliarden eigenes Vermögen.

Gemäss «Financial Times» hat ein Fonds der UBS-Tochter O’Connor die First-Brands-Investments über eine Tech-Plattform namens Raistone getätigt. Hinter dieser stehe ein Ex-Greensill-Manager namens David Skirzenski. Dieser sei bei Greensill abgesprungen und habe 2019 mit der Raistone losgelegt.
Wie bei Greensill, die in London vor über vier Jahren mit Getöse im späteren Stile von Benko zusammengekracht war, ging es auch bei Raistone um die Finanzierung der Lieferkette. Gelder vermögender Privatkunden und Institutioneller landeten in Vehikeln, mit denen die Rechnungen von Lieferanten vorfinanziert wurden.
Greensill finanzierte mit der Zeit nicht nur existierende Rechnungen für tatsächlich erfolgte Lieferungen, sondern auch solche, die es noch gar nicht gab. Gegen Greensill laufen mehrere Prozesse.
Raistone sei eng mit der seit anderthalb Wochen unter Gläubigerschutz stehenden First Brands verbandelt und würde jetzt «difficulties of its own» erleben, schreibt die «Financial Times». Mit Bezug auf Quellen schreibt die Wirtschaftszeitung, dass «between 70 and 80 per cent of Raistone’s revenues» von Investments in First Brands stammten.
Besonders brisant wird der Filz wegen O’Connor, welche die UBS vor 35 Jahren erworben hatte und die sie in diesen Wochen an die US-Investmentbank Cantor Fitzgerald verkaufen will. «One of O’Connor’s funds also held an equity stake in Raistone itself, according to four people familiar with the matter», schreibt die «Financial Times». Besitzer von Cantor Fitzgerald ist kein Geringerer als Howard Lutnick, Donald Trumps Handelsminister, welcher der Eidgenossenschaft am 1. August die 39-Prozent-Zölle auf den Kopf hämmerte.
Für die UBS werden die 30 Prozent, die sie in First Brands investiert hat, zum Stresstest. Vorgaben limitieren das maximale Investment eines Fonds in ein einzelnes Asset auf 20 Prozent, schreibt die «Financial Times». Der O’Connor-Fund teilte das Engagement in ein direktes von 9,1 Prozent und ein indirektes von 21,4 Prozent auf.
Der Vergleich zum CS-Desaster mit Greensill springt ins Auge. Greensill versuchte sich 2020, mit Finanzspritzen der grossen japanischen Softbank über Wasser zu halten. Softbank-Gründer Masayoshi Son wusste, was er tat. Sein Vision-Fund investierte über eine halbe Milliarde US-Dollar in die CS-Lieferketten-Fonds, die das viele Geld ihrerseits in Greensill-Fonds legten.
Wo wiederum Son und sein Vision-Fund die zentralen Financiers waren – alles orchestriert von Lex Greensill, dem inzwischen tief gefallenen Finanz-Mann mit englischem Adelstitel. «At the centre of the circular flow of funding is Greensill Capital, a Vision-Fund-backed company that says it is ‹making finance fairer›», hielt die «Financial Times» im Frühsommer 2020 fest.
Die Idee war, dass der Vision-Fund seine Wetten in Greensills Lieferketten-Firmen von Dritten finanzieren liesse – von den reichen Privatkunden der CS. Dazu die «Financial Times» in ihrer damaligen Story: «This means external investors also bear the risk of these companies failing to pay their debts, which one person familiar with the arrangement said could prove problematic if they were unaware of Softbank’s substantial interest.»
Neun Monate später krachte das Greensill-Kartenhaus zusammen. Danach lebte die CS noch genau zwei Jahre, bis sie im «Rachen» der UBS verschwand.
Die letzte Schweizer Grossbank hat jetzt mit First Brands ihr «eigenes» Greensill. Wie schlimm der Fall wird, kann noch nicht abgeschätzt werden; er gesellt sich zu den Dollar-Turbo-Derivaten, mit denen Schweizer Kunden im April ihr Waterloo erlitten.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine. Der Autor ist Redaktor und Inhaber des Portals Inside Paradeplatz, auf dem dieser Beitrag zuerst erschien.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
LTO Dr. David Pasewaldt und Dr. Katrin Wick 27.05.2019: «Am 30. April hat das US-amerikanische Justizministerium (Department of Justice, DOJ) einen neuen Leitfaden zur Bewertung von Compliance-Management-Systemen veröffentlicht, der den Titel «Evaluation of Corporate Compliance Programs, Updated April 2019″ trägt…..Ausgangspunkt für die Bewertung eines Compliance-Management-Systems ist für das DOJ die Frage, ob das Unternehmen seine – beispielsweise branchen- oder standortspezifischen – Risiken sorgfältig herausgearbeitet und bewertet hat. Ferner ist es von Bedeutung, inwieweit das Unternehmen diesen Risiken durch spezifische Richtlinien und Prozesse Rechnung getragen hat..»
Zur Aussage im Artikel: «Mehr als eine halbe Milliarde stammt von vermögenden Kunden der UBS. Die Schweizer Grossbank hat dabei alle Vorsicht über Bord geschmissen.» Ist eine Frage: Hohe Boni-Zahlungen für die First Brands Kohle und alle machten die Augen zu, wenn es Krumm wurde.
Gunther Kropp, Basel
Schlamassel oder Riesengewinn ?
«finews»: Finanziell scheint der Schaden verkraftbar: Die UBS ist nicht direkt von der «Performance ihrer Fonds» betroffen, und ein Problem von maximal einer halben Milliarde Dollar ist auf Konzernstufe kaum mehr als eine Rundungsdifferenz.
Die eigenen Aktien und die Massen von Aktien in den diversen UBS-Fonds u. .ETF´s waren bestimmt grosszügig mit Verkaufsoptionen bei Nicht-UBS-Institutionen weltweit abgesichert.
Da die UBS als einzige Bank die Kredite «offen» publiziert hat, hat das den Preis der Verkaufsoptionen niedrig gehalten.
Aber gerade die Verkaufsoptionen auf die Aktien aus den Fonds/ETF´s werden den Verlust aus den wohl auch abgesicherten Krediten deutlich mehr als ausgeglichen haben.
Also ein kleines Schlamassel für die Inhaber der Fonds/ETF-Anteile. Meist haben solche Aktien aber nur einen relativ kleinen Anteil in riesigen Fonds/ETF´s.
Willkommen im schönen neuen libertären Investmentbanking.