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Brasilien führte die Zahlungs-App Pix während Corona im Jahr 2020 ein. © Divulgação/BC

Brasilien übertrumpft Visa, Mastercard und andere: Trump droht

Urs P. Gasche /  Das erfolgreiche Zahlungstool Pix kann Vorbild für alle BRICS-Staaten sein und den Dollar bedrohen. Wehe, Europa wagt Ähnliches.

Statt Präsident Donald Trump zu hofieren und seinen Erpressungsversuchen nachzugeben, könnte Europa dem Beispiel Brasiliens folgen und die US-Zahlkonzerne Mastercard, Visacard, Applecard oder Paypal aus Europa verdrängen. Sie könnten ein gemeinsames länderübergreifendes Zahlungstool einführen, dass von den USA unabhängig ist und den US-Konzernen den Zugriff auf europäische Konsumentendaten versperrt. Die Konzerne nutzen diese Daten für ihre Geschäftsstrategien.

Der brasilianische Pix ist so erfolgreich, dass die Trump-Regierung Brasilien «unlautere Handelspraktiken» und «unfaire Nachteile» für die US-Konzerne vorwirft. Den US-Konzernen und dem US Chamber of Commerce missfallen die Rolle der brasilianischen Zentralbank.

Tatsächlich ist es die brasilianische Notenbank, welche die Zahlungs-App kontrolliert, und nicht etwa private Grossbanken. Unterdessen nutzen 93 Prozent aller Erwachsenen in Brasilien Pix. Was 2020 als technisches Experiment der brasilianischen Zentralbank begann, hat sich zu einer sozialen und wirtschaftlichen Revolution entwickelt. Pix ermöglicht jederzeit gebührenfreie Zahlungen in Echtzeit. Vom Marktstand in São Paulo bis zum Strand von Rio läuft fast jede Transaktion digital über einen QR-Code oder eine Telefonnummer.

«Pix» hat alles besser und einfacher gemacht», sagte Manuel Souza, ein 63-jähriger Kellner aus Rio gegenüber der «New York Times». «Ich zahle meine Miete, meinen Kaffee, alles damit.» Selbst Strassenhändler oder Obdachlose tragen handgeschriebene Pix-Codes bei sich, um Spenden zu empfangen.

Einführungsprobleme behoben

Nicht alles verlief reibungslos. In den Anfangsjahren nutzten Kriminelle Pix, um Opfer zu zwingen, Sofortüberweisungen zu tätigen. Die Zentralbank reagierte jedoch rasch, führte Limits für Nachttransaktionen ein und erhöhte die Sicherheitsstandards. Heute gilt das System als verlässlich und stabil. 

Grosse Finanzdienstleister sehen sich gezwungen, Pix als Zahlungsmöglichkeit ebenfalls anzubieten. Sogar PagBrasil kam nicht darum herum. Es ist der führende Anbieter von Zahlungsdienstleistungen für internationale E-Commerce-Unternehmen in Brasilien.

Die Kritik der Trump-Regierung an der Zahlungsmethode hat in Brasilien einen Nerv getroffen und wird als weiteren Angriff auf die Souveränität des Landes angesehen. «Pix gehört Brasilien und dem brasilianischen Volk!», erklärte die Regierung in einer Social-Media-Kampagne, die viral ging.

Der brasilianische Präsident Lula da Silva widersprach den Behauptungen der USA, dass Pix den Interessen der USA schade oder US-Unternehmen ausschliesse. In einem Gastbeitrag für die «New York Times» reagierte er mit scharfen Worten: «Wir dürfen nicht dafür bestraft werden, dass wir ein schnelles, kostenloses und sicheres System geschaffen haben, das der Wirtschaft nützt.»

Einführung in den BRICS-Staaten

Der Wirtschaftsblock BRICS hat im August 2025 BRICS-Pay lanciert, ein digitales Zahlungssystem, das auf dem brasilianischen Pix basiert. Zu BRICS gehören Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und neue Mitgliedern wie Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Äthiopien, Iran und Indonesien. BRICS-Pay soll US-Sanktionen umgehen und langfristig den Dollar als Leitwährung ersetzen.

BRICS-Pay könnte die Länder des Blocks vor externem Druck besser schützen sowie Betriebskosten senken. Sein Erfolg hängt jedoch von der vollständigen Integration in die nationalen Bankensysteme und dem Vertrauen der Wirtschaftsakteure ab. Vorläufig bleibt BRICS-Pay eine Absichtserklärung.

Herantasten in Europa

In Europa arbeitet die Europäische Zentralbank (EZB) am digitalen Euro, einer offiziellen digitalen Zentralbankwährung, die ab 2028 starten könnte und plattformübergreifend nutzbar wäre.

Europäische «Wero»-App

Gleichzeitig entwickelt die European Payments Initiative (EPI) mit der «Wero»-App ein paneuropäisches Zahlungssystem für digitale Zahlungen auf Handys. «Wero-Apps sollen in bestehenden Banking-Apps von privaten Zahlungsanbietern integriert werden. Sie sollen von den US-Anbietern Paypal, Visa, Mastercard oder Apple-Pay unabhängig machen.

Es sind jedoch noch viele Hindernisse zu überwinden: Der Bekanntheitsgrad ist gering. Es wird keine Gebührenfreiheit garantiert. Geschäfte und Händler sind wenig motiviert, Zahlungen mit «Wero» zu akzeptieren. US-Konkurrenten wie PayPal und Apple Pay bieten deutlich mehr Zusatzleistungen. Das Abwickeln über eine App der Banken ist wenig benutzerfreundlich und ist ein Nachteil gegenüber Paypal oder Twint.

Pix in Kürze

  • Start: November 2020 durch die brasilianische Zentralbank
  • Nutzer: rund 175 Millionen (über 80 Prozent der Bevölkerung und 93 Prozent aller Erwachsenen)
  • Kosten: Keine Gebühren für Privatpersonen oder Kleingewerbe
  • Funktionsweise: Sofortüberweisungen via App, QR-Code, Telefonnummer oder E-Mail
  • Verfügbarkeit: 24/7, auch am Wochenende
  • Transaktionszeit: wenige Sekunden
  • Sicherheitsmassnahmen: Limits für Nachtzahlungen, Zwei-Faktor-Authentifizierung

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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