Kommentar

Visagebühren für Expats? Trump stellt eine gute Frage

Werner Vontobel © zvg

Werner Vontobel /  100'000 Dollar für ein Visum? Geht es noch, Herr Trump? Ja! Bei uns kostet das Eintrittsticket sogar eine Million und mehr.

Donald Trump hat in den USA eine Visum-Gebühr für hochqualifizierte Einwanderer in der Höhe von 100’000 Dollar eingeführt. Das sorgte weltweit für Unverständnis und Empörung. Darob ging jedoch vergessen, dass Expats auch in der Schweiz ein teures Eintrittsticket lösen müssen. Das Geld dafür kassiert aber nicht der Staat, sondern das tun die Bodenbesitzer, die den Neuankömmlingen ein neues Zuhause vermieten oder verkaufen können. Und weil diese Expats weit überdurchschnittlich verdienen (schon ein einfacher Software-Ingenieur bei Google kassiert im Schnitt 16’700 Franken monatlich), können sie für eine standesgemässe Wohnung von 120 Quadratmetern oder mehr Mieten von 5000 Franken und Kaufpreise von 2,5 Millionen verlangen. Davon wiederum entfallen gut 1,5 Millionen allein auf das Bauland.

Das ist ein sehr teures Eintrittsticket, das die umgerechnet rund 85’000 Franken für ein Visum in den USA als Peanuts erscheinen lässt.

Einverstanden, auch in den USA sind Wohnungen nicht billig und auch dort kassieren die Bodenbesitzer kräftig mit. Aber es ist eine Überlegung wert, dass auch der Staat etwas davon abkriegen soll. Schliesslich fallen für ihn erheblich Kosten an. Expats kommen selten allein. Sie brauchen Bauarbeiter für ihre Wohnungen, Nannys und Lehrerinnen für ihre Kinder, Fitnesstrainer usw. Um all diese Leute unterzubringen, muss die Infrastruktur ausgebaut werden. Die entsprechenden Kosten übersteigen – zumindest anfänglich – die von den Expats und ihrem Gefolge bezahlten Steuern bei weitem. So gesehen kann ein dem Salär angemessener Eintrittspreis durchaus gerechtfertigt sein.

Doch eine andere Überlegung ist wohl wichtiger: Gut bezahlte Expats können sich hohe Mieten leisten – und treiben damit auch für die Einheimischen die Mieten und Immobilienpreise in die Höhe. Ein teures Visum für die Expats könnte diesen Druck ein wenig mildern und die Mieter entlasten. Doch das ist natürlich nicht im Sinne der Bodenbesitzer und der Immobilienwirtschaft. Deren Zürcher Lobby «Fürschi Züri» hat deshalb bei Sotomo eine Studie in Auftrag gegeben, welche die Auswirkungen der hochqualifizieren Einwanderung auf die Mieten in ein rosiges Licht hüllen soll.

Dass dies gelungen ist, zeigen schon Titel und Untertitel, mit denen die NZZ die Studie zusammenfasst: «Wird im Quartier ein Haus abgerissen, ist das gut.» Und: «Eine Studie zeigt, wann Neubauten den Wohnungsmarkt entlasten.» Entlasten? Wirklich? Zwar wird darauf hingewiesen, dass Expats höhere Preise zahlen, weil sie «wenig Zeit für die Wohnungssuche, dafür aber viel Geld für die Miete haben». Dass sie damit auch die Mieten für die Einheimischen hochtreiben, wird hingegen unterschlagen. Stattdessen zitiert die NZZ den Studienautor Michael Hermann wie folgt: «Expats ziehen dahin, wo sonst niemand hinwill, weil das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt.» Das insinuiert, dass die Einheimischen nie gezwungen sind, dorthin zu gehen, wo das Preis-Leistungsverhältnis nicht stimmt. Sie finden immer eine preiswerte Wohnung.

Für «Gutverdiener und für den Mittelstand» ist das laut der Studie kein Problem. Für sie «ist die Belastung durch Mieten und Wohneigentum über die letzten zwanzig Jahre betrachtet sogar gesunken». Doch Sotomo unterschlägt, dass in dieser Zeit die Hypozinsen von 3,5 auf 1,25 Prozent gesunken sind, was die Mieten rein mietrechtlich um 21,5 Prozent verbilligen sollte (hier). Zudem sind viele Gutverdiener langjährige Hausbesitzer oder gar Vermieter, sie gehören also tendenziell zu den Profiteuren der steigenden Bodenpreise und der kaufkräftigen Neuankömmlinge.

Nur ganz am Rande erwähnt die Studie, dass es auch Verlierer gibt: «Der Anteil, den Menschen aus dem unteren Drittel der Lohnverteilung für Wohnkosten ausgeben, ist im selben Zeitraum gestiegen. Geringverdiener geben heute etwa 30 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aus, ein Viertel von ihnen – also zirka 7 Prozent der Bevölkerung – zahlen gar 40 Prozent oder mehr.» Und die Konsequenz daraus? Für die NZZ sind nicht die Mieten das Problem, sondern dass zu wenig Altes abgerissen und Neues höher und dichter gebaut wird. «Debatten, die lediglich auf die Mietpreise und nicht auf das Wohnungsangebot fokussierten, verpassten deshalb etwas Zentrales.»

Trump hat in einem Punkt recht: Arbeitsbewilligungen für gutverdienende ausländische Fachkräfte sind ein soziales und politisches Problem. Man darf darüber diskutieren, wer das Eintrittsticket kassieren soll. Nur die Bodenbesitzer oder auch der Staat und die Allgemeinheit?


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