Die «SoZ» informiert über alles Schreckliche und sahnt dann ab
Abschalten sollen die Leserinnen und Leser offensichtlich auch von CO2 und Klima. Denn die Redaktionsmitglieder des «SoZ»-Zeitungsbundes «Reisen» berichteten am 14. September 2025 seitenweise über ihre gesponserten Einladungen nach Französisch-Polynesien («Das unglaublichste Blau de Welt»), auf die Kanaren («Auf der Insel fliessen Milch und Milliarden») oder für Entdeckungstouren in Peru, Namibia oder auf den Malediven. Sie liessen sich auch eine Safari in der Serengeti-Savanne von Tansania oder Reisen «abseits des Massentourismus in Asien» zahlen.
Alle diese Feriendestinationen rühmen die Redaktionsmitglieder in bester PR-Manier. Im Kleingedruckten auf Seite 3 kann man erfahren, dass es sich um eine «Verlagsbeilage von Tamedia» handelt – aufgemacht im redaktionellen «SoZ»-Stil.
Grosse Zeitungen informieren auf den ersten Seiten über Kriege, Attentate, Hungersnöte, steigende Spannungen – und dazu oft noch eine Portion Trump für das Absurde. Auch an einem Sonntagmorgen sollen Leserinnen und Leser erfahren, wie brüchig und verwundbar die Gegenwart ist.

Doch gleich auf der Titelseite sticht diesmal das Foto einer Frau ins Auge, die sich auf einer Hängematte schaukelnd an einem menschenleeren Strand erholt. «Entspannung pur», heisst es in der Legende.
«Einfach mal abschalten» lautet der Titel. «Genug von Trump, Tötungen, Tragödien? Das hilft: Jetzt die Herbst- oder Winterferien planen.» Dann der Hinweis auf den Zeitungsbund «Reise Spezial».
Der Kontrast könnte grösser kaum sein: Einerseits die ernste Pflicht, die Weltlage in ihrer Unerbittlichkeit darzustellen. Andererseits der geschäftstüchtige Hinweis: Vergessen Sie das alles für ein Weilchen – wir hätten hier noch einen Strand im Sortiment und Tipps für Reisen in andere Kontinente.
Aus den Sorgen über die Weltlage wird so ein doppeltes Geschäft: erst Aufmerksamkeit wecken, dann Umsatz ankurbeln für die eigene Kasse und für die Reisebranche.
Damit zeigt die «Sonntags-Zeitung» unfreiwillig, wie widersprüchlich unsere Mediennutzung längst geworden ist. Wir wollen informiert sein, ohne emotional überwältigt zu werden. Wir möchten die Katastrophe kennen – oder uns damit sogar unterhalten –, aber gleichzeitig vom Gefühl entlastet werden, selbst etwas tun zu müssen.
Die «Sonntags-Zeitung und andere Medien bedienen beide Bedürfnisse im Paket: Schreckliches für den Kopf und Urlaubsbilder fürs Gemüt.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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