Kommentar
Rudolf Strahm: Sechs Strategien zur Schweizer Zollpolitik
Dies ist der dritte Teil des Gastbeitrags von Rudolf Strahm. Sein Artikel erschien zuerst im «Direkt-Magazin». Infosperber veröffentlicht eine leicht redigierte Fassung. Der frühere Preisüberwacher und SP-Nationalrat schlägt Folgendes vor:
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- Statt hilflosen Schuldzuweisungen und altbekannter Parteiprogrammatik muss der Bund kurzfristig und sofort alles unternehmen, um die Goldexporte aus der Handelsbilanz zu nehmen. Währungsgoldexporte gehören de facto in die Kapitalverkehrsbilanz. Denn auch in Zukunft gibt es wieder Währungswirren und plötzliche explodierende Goldexporte zur Vermögenssicherung von Banken, Oligarchen, Superreichen. Die statistische Zuordnung der Goldexporte lässt sich bestimmt flexibilisieren, wie hier beschrieben.
- Taktische Forderungen nach «Härte» gegen die Trump-Regierung, nach Gegenzöllen oder kompensatorischen Exportsubventionen, Boykottdrohungen, Steuererlassen sind unbedarft oder gar kontraproduktiv. Weltmarktpolitik im Zeichen von absteigenden und aufsteigenden Hegemonen kann man nicht mit Moral und kleinstaatlichen Gegenstrafen angehen.
- Die 39-Prozent-Zollzuschläge für Schweizer Exporte sind ein Ärgernis, aber nicht für die Ewigkeit festgelegt und vielleicht mit einer aktualisierten Handelsbilanz (geschrumpfte Goldexporte, kleinere Handelsbilanzüberschüsse) schon bald neu verhandelbar. Deshalb ist die Strategie des Bundesrats, mit angepassten Angeboten und aktualisierter Statistik und mit besonders erfahrenen Verhandlerinnen und Verhandlern erneut zu verhandeln, nicht sinnlos und sicher nicht kontraproduktiv.
- Viele Exportfirmen werden sich zunächst mehr oder weniger schmerzvoll geografisch oder technologisch neu orientieren müssen. Innenpolitisch steht die sofortige Erweiterung der Kurzarbeitsentschädigung auf 24 Monate im Vordergrund, um die industrielle Anpassung zu erleichtern. Die meisten betroffenen Firmen reagieren übrigens realistischer und gelassener als die Verbandsfunktionäre und ihre Presseknechte!
- Das Problem der Pharmaexporte, Pharmapreise und der industriellen Produktionsverlagerung in die USA ist noch nicht gelöst und – Stand heute – die möglichen Sanktionen sind noch unbekannt. Die Schweizer Wirtschaft ist «Gefangene der Pharmaindustrie» (sagte Georges Kern, CEO Breitling). Christoph Mäder, Präsident der Economiesuisse, erschöpfte sich bisher im Jammern, mit absurden Forderungen an Bundesbern für die Aufhebung der OECD-Mindeststeuer, entsprechend dem Trump’schen Vorbild. Interpharma wiederum fordert in der Schweiz kompensatorische Medikamentenpreis-Erhöhungen im Inland. Bei Economiesuisse sind die Big-Pharma-Konzerne die bestzahlenden und einflussreichsten Mitglieder. Economiesuisse muss zuerst ihr eigenes Haus in Ordnung bringen und die Pharmakonzerne selber in die Pflicht nehmen. Das Pharmaproblem ist nicht primär ein Bundesproblem, sondern zunächst ein Economiesuisse-internes Führungsproblem!
- Wir leben im neuen Zeitalter von «Es gilt Macht statt Recht». Wir erleben, wie sich eine tripolare Machtstruktur mit USA, China und Russland bildet, drei hegemoniale und zunehmend autoritär geführte Herrschaftsbereiche. Dazwischen eine zunehmend handels- und wirtschaftspolitisch schwache Europäische Union. Das goldene Zeitalter des relativen Friedens und der Hyperglobalisierung zwischen 1990 und 2020 mit einer regelbasierten Ordnung ist zu Ende. Das erfordert neue nationale Strategien der Schweiz, zum Beispiel den weiteren Ausbau von bilateralen Freihandelsabkommen mit grossen Wachstumsmärkten des globalen Südens. Auch wenn Donald Trump nicht mehr US-Präsident ist, wird die alte Weltordnung nicht wieder hergestellt sein.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Rudolf Strahm war SP-Nationalrat und eidgenössischer Preisüberwacher sowie sieben Jahre SP-Zentralsekretär.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Zentral ist der Vorschlag Nr.6. Und da fragt man sich schon, warum Politik und Medien der Schweiz beinahe unisono die Einladung Pekings an Ueli Maurer kritisieren, anstatt zu hinterfragen warum die offizielle Schweiz dort nicht vertreten war und in den Chor der China-Basher einstimmen!