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René Zeyers Buch: Abzocker durchschauen © pd

René Zeyer entlarvt die Sprache der «Bankberater»

upg /  Was Ihnen der Anlageberater mit überzeugenden Worten sagt, und was er wirklich damit meint: Eine unentbehrliche Übersetzungshilfe.

«Anlageberater sind reine Verkäufer und handeln nicht im Sinne der Kunden. Ihr Einkommen hängt von Verkaufsvorgaben der Bank ab.» Das schreibt René Zeyer, längjähriger Kommunikationsberater der Finanzbranche, in seinem neusten Buch «Cash oder Crash – Abzocker durchschauen». «Anlageberater» seien keine kompetenten Fachleute, welche für die anvertrauten Gelder Verantwortung im Sinne der Kunden übernehmen. Vielmehr seien es «reine Verkäufer ohne finanztechnisches Wissen», welche Verkaufsvorgaben der Bank erfüllen. Vom Erfüllen der Bankvorgaben hänge ihr Einkommen und ihre Karriere ab. «Dabei sind ihnen die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden recht egal», schreibt Zeyer.
Für Bankkunden bietet er in seinem Buch eine ganze Palette von Übersetzungshilfen, u.a. auch im Hinblick auf Kunden- bzw. Verkaufsgespräche.
Es kann sich lohnen, folgende Übersetzungshilfe vor dem nächsten «Beratungs»- bzw. Verkaufsgespräch zu konsultieren:

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ÜBERSETZUNGSHILFE FÜR BANKKUNDEN:

«Ich habe hier eine persönliche Empfehlung speziell für Sie.»
Ich muss dieses Produkt allen meinen Kunden verkaufen.
«Ich sehe hier grosses Potenzial.»
Ich sehe überhaupt nichts, aber unsere Analysten behaupten das.
«Die Börse ist ja etwas volatil.»
Ich habe keine Ahnung, wo die Reise hingeht.
«Blue Chips sind immer ein sicherer Wert.«
Ich muss auch an die Courtage denken.
«Ich habe Ihr Risikoprofil analysiert.»
Ich will Ihnen etwas aufs Auge drücken, was nicht zu Ihrem Risikoprofil passt.
«Wir haben den Markt geschlagen.»
Die Rendite ist jämmerlich, aber wenigstens knapp über dem Durchschnitt.
«Wir sollten Ihre Anlage optimieren.»
Ich muss durch Umschichten auf die mir vorgegeben Gebühren kommen.
«Ich habe ein auf Sie massgeschneidertes Anlagemodell entwickelt.»
Ich habe in eine 08/15-Schablone Ihren Namen und Ihre Zahlen eingesetzt.
«Wir sollten auch an Steueroptimierung denken.»
Ich will Ihr Schwarzgeld nicht verlieren.
«Buchverluste fallen ja erst an, wenn sie realisiert werden.»
Ihr Depot ist in tiefroten Zahlen.
«Ich berate nur, die Entscheidung müssen Sie treffen.»
Ich lehne jede Verantwortung oder Haftung ab.
«Aus heutiger Sicht mag das so sein, aber damals war die Entscheidung richtig.»
Ich habe völlig danebengehauen.
«Vertrauen ist der höchste Wert für mich.»
Glücklicherweise hat Vertrauen keinen Wert.
«Das ist eine gute Frage.»
Ich habe keine Ahnung, wie ich sie beantworten soll.
«Wir sollten in die Zukunft schauen.»
Die Verluste waren grauenhaft.
«Die Bruttorendite kann sich sehen lassen.»
Ihre Nettorendite liegt bei null, aber wenigstens habe ich Gebühren verdient.
«Ich arbeite nur in Ihrem Interesse.»
Ich arbeite nur für mich und meinen Bonus.
«Ich lasse da gerne alle nötigen Unterlagen zusammenstellen.»
Mein Assistent steckt ein paar Broschüren in einen Briefumschlag.
«Krisen sind ja auch immer Chancen.»
Meine Bank muss sich dringend von absaufenden Risikopapieren trennen.
«Das ist eine risikooptimierte Anlage.»
Das ist eine hochriskante Anlage.
«Haben Sie schon einmal an eine aktive Bewirtschaftung Ihres Vermögens gedacht?»
Unsere Fondsmanager brauchen neues Spielgeld, damit wir ihre Gehälter zahlen können.
«Ich verstehe, dass Sie von der Entwicklung Ihres Portfolios etwas frustriert sind.»
Ihr Gezeter geht mir so was von auf den Keks.
«Wir sollten das Ganze mal objektiv und nüchtern betrachten.»
Hören Sie endlich auf, mich anzujammern.
Ich bin von dieser Entwicklung genauso enttäuscht wie Sie.
Diese Entwicklung ist mir völlig egal, weil ich ja bereits meine Kommission kassiert habe.
«Sie sollten auf die Strukturen und das Backoffice einer Grossbank vertrauen.»
Unser Overhead und unsere Infrastruktur muss ja von jemandem bezahlt werden.
«Ein Wechsel zu einem anderen Vermögensverwalter ist ja mit hohen Transaktionskosten verbunden.»
Wenn Sie meinen, Sie könnten mich einfach loswerden, haben Sie sich aber schwer getäuscht.
«Sie haben mit Ihrer Unterschrift bestätigt, dass Sie die Risikoaufklärung gelesen und verstanden haben.»
Wenn Sie es so haben wollen, dann muss ich Sie halt auf das Kleingedruckte aufmerksam machen.
«Wir sind so für die Zukunft gut aufgestellt.»
Reden wir nicht von vergangenen Verlusten.
«Ich persönlich verurteile auch, dass es zu vereinzelten Bonus-Exzessen kam.»
Ich bedaure zutiefst, dass ich nicht selbst an die grossen Fleischtöpfe kam.
«Ich kann Ihnen da interessante Sonderkonditionen anbieten.»
Ich habe mein Quartals-Verkaufsziel noch nicht erreicht.
«Ich bin auch von der menschlichen Tragödie in Japan zutiefst erschüttert.»
Ich habe durch ein paar Leerverkäufe einen netten Reibach gemacht.
«Wir müssen ja alle kompetitiver werden, und davon profitieren Sie.»
Man hat mir angedroht, mich rauszuwerfen, wenn ich nicht mehr Gebühren aus Ihnen raushole.
«Soweit ich es überblicken kann, sind wir so auf der sicheren Seite.»
Es ist mir völlig wurst, auf welcher Seite wir sind, ich bin auf meiner.
«Wir sind ja nur ein Schiff auf stürmischer See.»
Ich sitze aber schon im Rettungsboot.
«Wir können bei diesem Produkt auf die Kompetenz unserer Finanzspezialisten vertrauen.»
Ich habe auch keinen blauen Dunst, wie dieses Gebastel funktioniert.
«Sie können mich jederzeit anrufen.»
Bloss nicht.
«Ich habe jetzt ein wichtiges Finanz-Update.»
Ihre Zeit ist abgelaufen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor des Buches «Cash oder Crash», René Zeyer, ist Autor des Bestsellers «Bank, Banker, Bankrott». Er arbeitete als Journalist für den «Stern», «Geo», «FAZ», «Das Magazin», «Schweizer Illustrierte» und war mehrere Jahre Auslandkorrespondent der «Neuen Zürcher Zeitung». Als langjähriger Kommunikationsberater in der Finanzbranche gehört er zu den Insidern. Zeyer lebt in Zürich.

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