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Der nette «Berater» ist ein Verkäufer, der sein Einkommen erhöhen will. © Ginasanders/Dreamstime

«Anlageberater» als reine Verkäufer entlarvt

upg /  Ein freundliches Ambiente gaukelt vor, dass sie die Kunden «beraten». Doch ihr Einkommen hängt von ihrer Überredungskunst ab.

Verkäufer von Bankprodukten nennen sich «Berater» und fast alle Medien übernehmen diese irreführende, von den Banken diktierte Bezeichnung. Als Begründung kommt manchmal das Argument «Bankberater verkaufen ja keine Banken».
Doch die Migros- oder Globus-Verkäuferinnen und -Verkäufer verkaufen weder Migros noch Globus und trotzdem nennt man sie bei ihrer Funktion. Die Kunden wissen, dass sie Verkäufer und Verkäuferinnen vor sich haben.
Einkommen vom Verkauf bestimmter Bankprodukte abhängig
Dagegen gaukeln die Banken vor, im Interesse ihrer Kunden zu «beraten». Dabei sollten sich die Kunden vor Anlageverkäufern viel mehr in Acht nehmen als vor Migros- oder Globusverkäuferinnen. Denn in der Migros oder im Globus erhält das Verkaufspersonal einen fixen Lohn, während der Lohn von «Bankberatern» davon abhängt, wieviele und welche Bankprodukte sie den Kunden andrehen können.
Nur Postfinance und Zürcher Kantonalbank für obligatorisches Protokoll
Entsprechend viel professioneller sind die Anlageverkäufer der Banken geschult. Und entsprechend schwächer stehen die Bankkunden da. Mit Ausnahme der Postfinance und der Züricher Kantonalbank, ergab eine Umfrage des Kassensturz, wehren sich alle Banken gegen ein obligatorisches Protokoll des Verkaufsgesprächs, das der Kunde kontrollieren und unterschreiben kann. Nur mit einem solchen Protokoll – das in Deutschland unterdessen obligatorisch ist – könnten die Kunden später beweisen, dass sie der «Bankberater» über Risiken der empfohlenen Anlage zu wenig aufgeklärt hat, und die Bank für Verluste wenigstens teilweise haftbar machen.
«Ein vom Kunden unterschriebenes Gesprächsprotokoll würde unsere Arbeit sehr erleichtern», erklärte der Schweizer Banken-Ombudsmann Hanspeter Häni im Kassensturz.
Der Vorteil eines vom Kunden unterzeichneten Protokolls
Doch die Bankenlobby hat sich im Parlament mit ihrer ablehnenden Haltung durchgesetzt und erhielt sogar von der Bankenaufsichtskommission Finma Rückendeckung: Eine bankeninterne Dokumentationspflicht würde genügen, erklärte Finma-Mediensprecher Tobias Lux.
Ein bankinternes Protokoll des Anlageverkäufers kann der Bank in einem späteren Rechtsverfahren als Indiz genügender Aufklärung nützen. Um auf gleicher Stufe zu sein, müssten die Bankkunden nach dem Gespräch ebenfalls selber sofort ein Protokoll anfertigen, das dann in einem Rechtsverfahren als Gegenindiz dienen kann.

Wenn aber der Kunde das Protokoll des Anlageberaters unterschreiben muss, bekommt er dieses zwangsweise zu Gesicht und kann dann auch Korrekturen anbringen (wenn darin plötzlich etwas von Risiken steht, über die der Anlageberater gar nicht aufgeklärt hatte) oder es eben nicht unterschreiben, was das Protokoll dann wertlos macht, weil es ja gegenseitig unterzeichnet werden muss.

Was Bankverkäufer sagen und was sie wirklich meinen
In seinem neusten Buch «Cash oder Crash – Abzocker durchschauen» bietet René Zeyer, längjähriger Kommunikationsberater der Finanzbranche, für Bankkunden eine Übersetzungshilfe. Es kann sich lohnen, diese vor dem nächsten «Beratungs»- bzw. Verkaufsgespräch zu konsultieren:
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Übersetzungshilfe für Bankkkunden

«Ich habe hier eine persönliche Empfehlung speziell für Sie.»
Ich muss dieses Produkt allen meinen Kunden verkaufen.
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Ich sehe überhaupt nichts, aber unsere Analysten behaupten das.
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Ihr Depot ist in tiefroten Zahlen.
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