Sperberauge

BAYER kauft moralische Mitschuld

Christian Müller © zvg

Christian Müller /  Der deutsche Chemie-Gigant BAYER in Leverkusen kauft für 66 Milliarden Dollar den US-Agro-Giganten Monsanto.

Im Zweiten Weltkrieg produzierte die Chemiefabrik BAYER in Leverkusen Zyklon B, das Giftgas, mit dem in Auschwitz die Juden umgebracht wurden. Jetzt übernimmt BAYER für 66 Milliarden Dollar und damit zum höchsten je von einer deutschen Firma für eine Firmenübernahme bezahlten Preis den US-Agro-Giganten Monsanto. Monsanto verdient sein Geld mit genmanipuliertem und patentiertem Saatgut, mit Breitband-Herbiziden und anderen agrochemischen Produkten. Und Monsanto gehört zu den Agro-Giganten, die sich auf dem Weg über Kauf, sogenannte Partnerschaften und/oder Firmenbeteiligungen Tausende von Hektaren Land in Lateinamerika, in Afrika, aber zum Beispiel auch in der Ukraine unter den Nagel reissen, um die einheimische Landwirtschaft zu zerstören und durch Monokulturen zu ersetzen, die beim Saatgut, beim Dünger und bei den Herbiziden wiederum von ihnen, also zum Beispiel von Monsanto, abhängig sind.

BAYER kauft sich nicht nur Business, sondern auch moralische Schuld

Am 20. März 2003 starteten die USA ihren sogenannten Präventivschlag gegen den Irak mit massiven Bombardierungen Bagdads – mit, wie man weiss, erlogener Begründung. Bereits Anfang Mai lag der Irak total darnieder und die US-Regierung unter Präsident George W. Bush schickte den «Berater» Paul Bremer als «Gouverneur» in den Irak, um dort Ordnung zu machen. Dieser erlies schon wenige Monate später hundert «Verordnungen», mit denen staatliche Betriebe privatisiert (und zu Schleuderpreisen in US-amerikanische Hände übergeben), die Banken unter ausländische Kontrolle gebracht und, zum Beispiel, Gewerkschaften und Streiks gleich verboten wurden. Mit der Verordnung Nr. 81 verbot Bremer die «Wiederverwendung von geschütztem Saatgut», verteilte Tausende von Tonnen Saatgut der US-amerikanischen Agrochemie-Industrie – darunter an erster Stelle von Monsanto – und ruinierte damit die vorher blühende irakische Landwirtschaft total. Nachzulesen im Detail im höchst informativen Buch der Berkeley-Politologie-Professorin Wendy Brown «Die schleichende Revolution. Wie der Neoliberalismus die Demokratie zerstört.» Berlin 2016.

Monsanto ist mitschuldig an viel Armut und Elend in mehreren Kontinenten. Aber der deutsche Chemie-Konzern zahlt für diesen Global Player 66 Milliarden Dollar, denn diese Art von Business, wenn man nur ans Geld denkt, funktioniert natürlich hervorragend. Nirgends ausserhalb der Finanzwirtschaft funktioniert das Geld-Machen besser als dort, wo man es bei jemandem holen kann. Und wo holt man es? In Form von fruchtbarem Boden und Saatgut-Abhängigkeit bei jenen, die sich nicht wehren können. Zum Beispiel mit der Vertreibung von Kleinbauern und der Einführung von Monokulturen mit Monsanto-Agrochemie und genmanipuliertem Monsanto-Saatgut. Zum Beispiel mit Soja: mit Soja zur Erzeugung von Treibstoff – Hunger auf dieser Welt hin oder her.

Deutsche Firmen machen sich mitschuldig

Deutschland hat den Ruf, seine eigene – düstere – Geschichte ehrlicher aufgearbeitet zu haben als alle anderen europäischen Länder. Seine Grosskonzerne allerdings kümmert das alles wenig. Wo Geld zu machen ist, mit welchen Methoden auch immer, sind sie dabei. Millionen-Betrug bei Siemens, Abgas-Mess-Betrug bei VW und Bosch, jetzt Land Grabbing bei BAYER.

Nicht ganz zufällig gibt es eine Nicht-Regierungs-Organisation, die Mitte Oktober, also in wenigen Wochen, in Den Haag in Holland ein Monsanto Tribunal durchführt. Noch kann man sich dafür anmelden…


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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Eine Meinung zu

  • am 19.09.2016 um 09:07 Uhr
    Permalink

    Sehr guter Artikel!

    Jedoch die ewig gestrigen Wirtschaftsexperten sind belehrungsresistent. Der Glaube an die Gewinnmaximierungsmaxime hat im Kern patriarchal-religiöse Züge und nimmt bedrohliche Ausmaße an. Das Heilsversprechen, den Hunger in der Welt zu bekämpfen, verkehrt sich in sein Gegenteil, nämlich, in die Globalisierung der Armut. In Wahrheit wird, wie im obigen Artikel erwähnt, Landgrabbing betrieben und ein existenzielles Grundrecht verletzt.
    Tatsache ist, dass die kleinbäuerlichen Betriebe flächenmäßig und «input"mäßig höhere Erträge erzielen als die Agrar-Industrie.

    Eine Agrarindustrie, die langfristig, die Böden auslaugt und unfruchtbar macht.

    Deshalb sollte, meiner Meinung nach, die Kooperation mit der Erde – nicht deren rücksichtslose Ausbeutung – zu einem Menschenrecht und Lebensrecht erklärt werden!

    Profitmaximierung ist kein Menschenrecht!

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