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13 Millionen Quadratmetern mit 1,7 Millionen Solarmodulen © Solar_Star

Grösste Solaranlage der Welt geht ans Netz

Urs P. Gasche /  Kalifornien geht auch mit Energiesparen voran und braucht heute weniger Strom pro Kopf als die Schweiz. Eine Erfolgsgeschichte.

Kalifornien verfügt über Wüstengebiete und nützt diese zum Produzieren von Solarstrom, welcher mit Erdgas produzierten Strom ersetzt.
Noch eindrücklicher als diese weltgrösste Solaranlage ist allerdings die konsequente Politik mit diversen Anreizen, um weniger Strom zu verbrauchen. Seit Mitte der 70er-Jahre können private Stromkonzerne mehr Gewinne verbuchen, wenn sie weniger Strom verkaufen.

Der Erfolg lädt schon lange zum Nachahmen ein: Im Vergleich zum Jahr 1978 ging der Stromverbrauch bis zum Jahr 2012 pro Kopf in Kalifornien um 6 Prozent zurück, während er in der Schweiz im gleichen Zeitraum um 43 Prozent zunahm. Pro Kopf braucht die Schweiz heute fast zehn Prozent mehr Strom als Kalifornien, obwohl dort mehr Klimanlagen laufen und mehr als ein Viertel aller Wohnhäuser und Wohnungen mit Strom geheizt werden.
In den jüngsten Jahren ging der Stromverbrauch in der Schweiz leicht zurück – in Kalifornien ebenfalls. Genaue Vergleichszahlen für 2013 und 2014 sind noch nicht erhältlich.
Schweiz: Mengenrabatte statt progressive Strompreise

In der Schweiz redet man vom Stromsparen, doch das sind Lippenbekenntnisse. In Tat und Wahrheit heizt man den Stromverbrauch mit Mengenrabatten an. Je mehr Strom man bei uns spart, desto höher wird die Rechnung pro Kilowattstunde. Je mehr Strom man braucht, desto günstiger wird die Rechnung pro Kilowattstunde. Viele Spar-Investitionen lohnen sich deshalb nicht. Anders in Kalifornien: Dort zahlt man mehr für Strom, wenn man viel braucht. Seit über dreissig Jahren werden alle belohnt, die weniger Strom brauchen. Ausserdem und vor allem: Im US-Staat mit seinen 36 Millionen Einwohnern fördern die Stromkonzerne das Stromsparen mit Milliarden.

Gewinne vom Absatz entkoppelt

Dem Beispiel Kaliforniens sind unterdessen einige andere US-Staaten gefolgt – trotz Widerstands der Stromlobby. Der Schlüssel zum Erfolg heisst «Decoupling», das heisst, die Gewinne sind vom Stromverkauf abgekoppelt. Kaliforniens Energiebehörde hat die Marktregeln für die privaten Energiekonzerne so festgelegt, dass deren Gewinne nicht mehr von der Menge des verkauften Stroms abhängen. Höhere Gewinne locken vielmehr dann, wenn die Unternehmen weniger und nicht wenn sie mehr Strom verkaufen.

Im grössten US-Bundesstaat mit über 38 Millionen Einwohnern einigt sich die Energiebehörde mit jedem Stromkonzern über den Stromabsatz des folgenden Jahres. Verkauft der Konzern mehr, so muss er den Zusatzgewinn den Kunden zurückerstatten. Setzt der Konzern jedoch weniger Strom ab, darf er den Strompreis und damit den Gewinn erhöhen. «Die Anreize sind so gesetzt, dass Effizienzmassnahmen lukrativer sind als der Bau neuer Kraftwerkkapazitäten», erklärte Peter Ghermi, Fachspezialist vom Bundesamt für Energie, bereits vor vier Jahren. Doch die Politiker-Lobbyisten im Parlament blieben passiv.
Für die US-Konzerne ist es interessanter, «Negawatts» statt Megawatts anzubieten. Es zahlt sich aus, den Kunden hohe finanzielle Anreize zu zahlen, damit sie weniger Energie brauchen. Die Kosten für diese Anreize dürfen die Konzerne auf ihre Tarife schlagen.

Ein Beispiel: Die finanziellen Anreize zum Kauf energiesparender Geräte sind so hoch, dass die Konsumenten den Aufpreis bereits in zwei Jahren amortisiert haben. «Sonst kaufen die meisten Leute die billigeren Geräte», sagte Art Rosenfeld, langjähriger Präsident der kalifornischen Energiebehörde.

Neue Wohnhäuser bald ohne Fremdenergie

Auch zum Heizen und für das Air Conditioning verschwenden kalifornische Haushalte weniger Strom, weil die Häuser viel besser isoliert sind als in andern US-Staaten. Ab 2020 dürfen neue Wohnhäuser sogar netto keine Energie mehr brauchen («zero net energy»), ab 2030 auch die Geschäfts- und Bürobauten. In der Schweiz gibt es erst einzelne Pilothäuser, die so viel Energie produzieren wie sie verbrauchen.

Mit solchen Energiesparmassnahmen sowie der finanziellen Förderung von Solar- und geothermischem Strom will Kalifornien den Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Stromversorgung von heute rund 15 Prozent bis 2030 auf 33 Prozent steigern – und zwar ohne die Wasserkraft mitzuzählen.
Die Anreize und Investitionen zum rationelleren Verbrauch von Strom kostet. Eine Kilowattstunde kostet in Kalifornien fast fünfzig Prozent mehr als in andern US-Bundesstaaten. Trotzdem sind die Stromkosten für KonsumentInnen, das Gewerbe und die Industrie nicht höher als in diesen andern Bundesstaaten, weil die Kalifornier für die gleichen Bedürfnisse nur halb so viele Kilowattstunden benötigen.

Infosperber hatte bereits im Jahr 2011 über die kalifornische Energiepolitik berichtet: «Milliarden für das Sparen von Strom statt für AKWs».

Pro-Kopf-Stromverbrauch in 1000 kWh


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15 Meinungen

  • am 24.07.2015 um 12:06 Uhr
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    So wie es auf dem Photo aussieht , handelt es sich hierbei um eine solarthermische Parabolrinnenanlage, was in der Tat für stark bessonnte Wüstengebiete sehr sinnvoll und energetisch hocheffizient ist.
    Leider werden auch überall, und zwar vorwiegend, Photovoltaikanlagen erstellt, die energetisch – graue Energie mitgerechnet – mit einer höchst zweifelhaften Bilanz aufwarten. In der Schweiz sollte, bevor man mit dem Netto-Energie-Ertrag der installierten Photovoltaikanlagen ökologisch hausieren geht, erst mal die graue Eenergie aufrechnen. Zudem denke ich, dass gerade im stark besonnten Wallis an den südexponierten Hängen durchaus auch mal mit einer solarthermischen Anlage experimentieren sollte.

  • am 24.07.2015 um 12:18 Uhr
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    Das Modell Kaliforniens ("Decoupling") mag faszinieren und auch funktionieren, aber es bleibt irgendwie schräg und unlogisch. Dieser Satzteil deutet an, wo das Problem liegt: » … einigt sich die Energiebehörde mit jedem Stromkonzern über den Stromabsatz des folgenden Jahres.»
    D. h. der Erfolg des Stromkonzerns hängt vom Verhandlungsgeschickt ab, bzw. von der Hartnäckigkeit oder dem Entgegenkommen der Behörden. Das kann nicht wirklich ein erstrebenswertes Modell sein. Das gute Modell ist für einmal eine Schweizer Erfindung: Teuer machen, was schadet und den Leuten das Geld zurückgeben (Ökobonus). Dieses Modell ist (wäre!) nicht zu überbieten, ist fair, effizient und effektiv — um Welten besser als das kalifornische Decoupling-Modell. Vorwerfen kann man dem Ökobonusmodell allenfalls, dass es offenbar nicht mit der Lobby-Demokratie, wie wir sie in der Schweiz leider haben, kompatibel ist, ansonsten wir es schon längst kräftig und breit eingeführt hätten.

  • am 24.07.2015 um 12:47 Uhr
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    Die Förderung von alternativen Energiequellen nützt wenig, so lange der Stromverbrauch nicht gesenkt wird. Kalifornien hat wie kein anderer Industriestaat seit bald vierzig Jahren den Tatbeweis erbracht, dass der Stromverbrauch pro Kopf stabilisiert werden kann. Der Tatbeweis ist stärker als alle Theorien. Die Schweiz hat es nicht fertig gebracht, Mengenrabatte abzuschaffen und genügend hohe Abgaben auf nicht-erneuerbare Energiequellen einzuführen. Resultat: Pro Kopf brauchen wir heute 43 Prozent mehr Strom als 1978.

  • am 24.07.2015 um 14:26 Uhr
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    @Jürg Schwaller – Autsch. Dabke für die Information
    Dann ist die Anlage ökologisch lang nicht mehr so wert- und sinnvoll, wie ich erst dachte.
    Die meisten «normalen» Silicium Module werden heutzutage in China mittel Kohlekraftwerkstrom hergestellt, erheischen rund 10-12 Jahre Betrieb bis sie die Herstellngsenergie netto wieder eingespielt haben und haben bei exponiertem Betrieb eine Halbwertszeit von ca. 30 Jahren; d.h.. nach etwa 10-15 Jahren müssen die Module kontinuierlich ersetzt werden.
    Man rechne denn!

    Erst recht stünde es denn der Schweizer Energie-Industrie und dem Schweizer Staat gut an , sich erst mal mit den Maghreb-Staaten (Mauretanien,Marokko, Algerien und vor allem erst mal mit Tunesien) zusammen zu schliessen, um in deren südlicheren Gefilden grosse Solarthermische Kraftwerke zu erstellen, deren Strom auch bei uns gespeichert werde könnte . Dies hätte zudem den mehr als nur wünschenswerten Nebeneffekt, dass in diesen Ländern, hochwertige wertvolle Arbeitsplätze entstünden, was wiederum zu einer Minderung des aktuellen Migrationsdruckes führte.

  • am 24.07.2015 um 15:17 Uhr
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    @Joris
    Gemäss meiner Information gleicht eine PV-Anlage nach ungefähr 2,3 Jahren ihre Energiebilanz aus. Ich selbst kann dies leider nicht nachrechnen…. Wenn Dessertec so gut und lösbar wäre, dann wäre der Erfolg bestimmt gekommen. Interessant wäre allerdings genau zu wissen, was die realen Möglichkeiten von solar-thermischer Stromproduktion in unsren Breiten wäre.
    Der wichtgste Punkt aber scheint mir der Anreiz für die Energie-Genügsamkeit. Und da trifft der Artikel genau ins Schwarze: die sooo fortschrittliche Schweiz betreibt leider immer noch Strom-Absatzförderung.
    Nebst dem bewährten Kalifornischen Modell, wäre auch das Basler Modell eine gute Möglichkeit, oder noch lieber, alle Lohnnebenkosten abschaffen und daraus Energie-Nebenkosten machen.
    Mit unsrer eigenen PV-Anlage (Schott Deutschland) mussten wir auch diverse Steuern und Lohnprozente abgeben u.a. an die Armee (EO) und der clou ist, wir müssen sogar Abwassergebühren für die PV-Anlage bezahlen!
    Wir produzieren das 2,5-fache des eigenen Strombedarfs, als «Gutmenschen» sind wir sogar bereit, einen extra Preis für Solarstrom zu bezahlen, den wir n.b. selbst produzieren…. Es gibt es ganz gewiss Handlungsbedarf – ob PV oder thermisch.

  • am 25.07.2015 um 11:47 Uhr
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    van Singer Christian hat dazu eine Motion ("Strom sparen dank Nachfragelenkung") eingegeben:

    http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20113463

    Stellungnahme des Bundesrates am 25.05.2011:

    "Eine vollständige Entkoppelung der Gewinne vom Absatz der Energieversorgungsunternehmen ("decoupling") ist in einem System, bei dem die Kunden ihren Lieferanten frei wählen können, allerdings nicht umsetzbar. Es wird jedoch geprüft, welche Lehren aus dem Beispiel Kalifornien auf die Schweiz übertragbar sind. Weitere Massnahmen wie beispielsweise Beratungsangebote, Anreize zum Ersatz von veralteten Technologien oder die Substitution von Strom mit erneuerbaren Energien im Wärmebereich werden ebenfalls ausgearbeitet."

  • am 26.07.2015 um 00:06 Uhr
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    Ich versuche derzeit ein Projekt anzustossen, mit Fakten & Argumenten zu überzeugen:
    Industriehalle mit Sheddach in Idealer Ausrichtung. Aktive Fläche ca 2500m2.
    Amortisation = 20J. Lebensdauer bis auf alterungsbedingte Degression 44J. entsprechend 67% der Nennleistung.
    Grundlagen: Zins = 3%, Wartung,/Reinigung & Versicherung = 2%., Amortisation = 5%..
    Summe = 10%. Das heisst Der Ertrag/Kosteneinsparnis muss innert der 20J 200% der Investition ergeben.
    Bei einem angenommenen Strompreis von CHF 0.1/kWh rechnet sich das locker!
    Zu erwarten ist eine Lebensdauer von 44J, bis die Kollekoreffizienz auf 67% (2/3)
    abgesunken ist. ab dieseme Zeitpunkt kann über eine Ersatz befunden werden.
    Laut Metoschweiz-Daten strahlt die Sonne 1100kWh/m2 ein = 104Liter Diesel/Heizöl.
    Nicht berücksichtigt sind die möglichen thermischen Nutzen. Bei geschicketer Auslegung 2x so gross wie der Stromertrag. Hier ist etwas Ingenieurskunst hilfreich.
    KURZ: mit 10 Rappen pro kWh el. rechnet es sich!

  • am 26.07.2015 um 00:59 Uhr
    Permalink

    Weil die entsprechende Lobby so stark ist und sich von Rechtsextremen wie Pseudo-liberalen Parteien f�rstlich mit �Argumenten� versorgen l�sst, bzw.diese Organisationen alimentiert.
    Eine gute Nutte fragt sich nicht nach Herkunft, Kasse, das z�hlt.
    Das Dummvolk w�hlt, dank geschickter Medienkontrolle 30% rchtsextrem.

    BTW: Ich habe noch nie bezahlt f�r, doch f�r gutes Essen in der Edelgastronomie.

  • am 26.07.2015 um 03:08 Uhr
    Permalink

    „Das Ding auf dem Dach“

    Ein positiver Effekt ist (wenn man eine PV Anlage auf dem Dach hat), dass man täglich an den zwei Zähler vorbei kommt.
    Der blick darauf ist nach der Installation ein Muss, denn man will sich ja an der „Beute“ erfreuen.
    Später entwickelt man sogar Strategien um Energie zu sparen, denn man sieht wenn die Uhr «am-verbrauchen-ist-anstatt-am-laden» und wundert sich da man meint nichts am laufen zu haben.
    Die Jagd auf den okkulten Verbraucher ist spannend wie ein Krimi … und wird sogar zum «Sport».
    Am Schluss bleibt nichts unnötiges mehr am Netz, wenigstens mir ging es so … !

  • am 26.07.2015 um 09:18 Uhr
    Permalink

    Beispiel Tarif Stadtwerke St. Gallen:
    Atomstrom ist für den Endkunden 1 Rp./kWh billiger als der «Basis-Strom». Dabei wird auch noch mit transparenten Tarifen geblufft. Doch woher kommen denn die direkten und indirekten Subventionen für den Atomstrom?
    Nur wenige wollen für unlogische und undurchsichtige Tarifstrukturen vergoldeten OekoPlus-Strom mit 5 Rp Aufschlag kaufen…
    http://www.sgsw.ch/home/Tarife/elektrizitaet/_jcr_content/Par/downloadlist_6/DownloadListPar/download_2.ocFile/2015_Elektrizit%C3%A4tspreise_Haushalt%20und%20Kleingewerbe.pdf

  • am 27.07.2015 um 15:24 Uhr
    Permalink

    @Charles-Louis Joris
    Richtig. Solarthermische Anlagen sind ein guter erster Schritt. Solche Anlagen müssten zwingend per Gesetz auf allen Süd Dächern der Häuser montiert sein, um den Heiz- und Warmwasserbedarf wenigstens teilweise solar – und günstig – zu decken. Das geht nicht nur im Wallis. Auf meinem EFH tut eine simple und robuste Anlage seit 17 Jahren klaglos ihren Dienst und spart selbst im Winter 15% Heiz/Warmwasserenergie. 8 Monate lang habe ich genug Wärme oder gar Überschuss.

  • am 28.07.2015 um 23:08 Uhr
    Permalink

    Aufdachanlagen verpuffen die ganze Wärmeenergie ins Niergendwo!
    Hier setz meine Kritik an:
    100% INPUT, 15 % PV el.&&&&& 15- 30 % thermischse Leistung. RECHNE bitte!
    Die Warmepumpe kann mit diesem Ueberschuss gut «gefüttert werden».
    Wer Fragen hat:
    bitte, gerne, danke
    Gruss

  • am 7.08.2015 um 01:38 Uhr
    Permalink

    @ Thomas Schweizer

    Nix verstanden, besser erklären bitte !
    Gruss

  • am 8.08.2015 um 15:34 Uhr
    Permalink

    @Frau C. Bruderer
    Fassen Sie bei disem wetter doch einfach ein in der Sonne stehendes Auto an. Als Erklärungsmodell. ACHTUNG VERBRENNUNGSGEFAHR!

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