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Nicht alles ist zutreffend, was über die EU gesagt wird © EU

Die sieben gängigsten Fehlbeurteilungen der EU

Christian Müller /  In wichtigen Punkten geistern völlig falsche Vorstellungen von der EU herum. Sieben davon sind hier aufgeführt und richtiggestellt.

1. Die Europäische Union ist eine Erfindung der Grosskonzerne, damit diese überall geschäften können.

Richtig ist: Die Europäische Union ist im Nachgang des Zweiten Weltkrieges entstanden. Sinn und Ziel war, künftig innereuropäische Kriege, wie es sie in den hundert Jahren davor immer wieder gegeben hatte – mit vielen Millionen Toten! – zu vermeiden. Dieses Ziel ist erreicht worden. Der Friede in Europa ist aber keine Selbstverständlichkeit, wie etwa die Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren gezeigt haben. Ohne EU würde die Gefahr innereuropäischer Kriege wieder massiv zunehmen.

2. Die Europäische Union mischt sich in alle Kleinigkeiten ein.

Richtig ist: Die Europäische Union versucht nicht, sich auf allen Ebenen einzumischen. Sie kümmert sich um jene Dinge, die eben europäisch oder generell international geregelt werden müssen, weil sie im Zeitalter der Globalisierung auf nationaler Ebene nicht mehr geregelt werden können.

3. In der Europäischen Union hat der schweizerische Föderalismus keinen Platz.

Richtig ist: Die Europäische Union überlässt die innenpolitische Entscheidungsfindung den einzelnen Mitgliedstaaten. Dass die Schweiz zum Beispiel das Bildungswesen in die Kompetenz der Kantone gelegt hat, ist der EU egal. Der Beitritt der Schweiz zum Bologna-Programm etwa erfolgte 1999 ohne politischen Meinungsbildungsprozess und wurde – in etwas gar selbstherrlicher Interpretation der ihm zustehenden Kompetenzen – durch einen Schweizer Staatssekretär eigenhändig unterzeichnet. Gewehrt hat sich danach aber niemand.

4. Die Europäische Union kennt keinen Minderheitenschutz.

Richtig ist: Die Europäische Union nimmt bei wichtigen Entscheidungen sogar mehr Rücksicht auf die einzelnen Mitgliedstaaten als etwa die Schweiz auf die einzelnen Kantone. Bei Abstimmungen braucht es in der Schweiz das Ständemehr, in der EU braucht es Einstimmigkeit. Wäre die Schweiz EU-Mitglied, hätte auch sie bei vielen Entscheidungen ein Vetorecht.

5. In der Europäischen Union hat das Volk kein Recht mehr auf eine Volksinitiative.

Richtig ist: Die Europäische Union kennt das Recht auf eine Volksinitiative auch, und es braucht dazu, in Prozent der Anzahl Einwohner, sogar weniger Unterschriften als in der Schweiz. Dass es noch nie zu einer Initiative gekommen ist, hängt nicht an der EU selber, sondern daran, dass die politischen Partei-Strukturen immer noch national organisiert sind und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der politischen Parteien immer noch in den Kinderschuhen steckt.

6. Die Europäische Union ist nicht föderalistisch, sondern zentralistisch.

Richtig ist: Die Europäische Union ist durchaus föderalistisch, nur heisst das Programm dort «Europa der Regionen». Das Wort «föderalistisch» kann die EU aus einem sprachlichen Grund nicht einsetzen: Im englischen Sprachbereich bedeutet «Federalism» oft die politische Organisation eines Staatenbundes mit Ausrichtung auf die zentrale Gewalt, hat also eine andere Bedeutung.

7. Die Europäische Union vertritt nur die Interessen der grossen Konzerne.

Richtig ist: Die Europäische Union vertritt nicht einseitig die Interessen der internationalen Konzerne, sie ist im Gegenteil eine der wenigen Instanzen, welche dem transnationalen Wuchern der «Global Players» gegebenenfalls Grenzen setzen kann. Sie tut das aber vor allem, wenn innerhalb der EU selber solches vorgeschlagen und aktiv gefordert wird. Dabei ist jede interne Stimme mitentscheidend.

Anmerkungen

Zu 1. Auch die Schweiz profitiert vom erreichten Frieden in Europa massiv. Ohne diesen stabilen Friedenszustand hätte sie ihre Armee nicht auf unter die Häfte der Kosten reduzieren können.

Zu 2. Dass sich die EU gelegentlich auch bemüssigt fühlte, gemeinsame Regelungen einzuführen, die nicht prioritär waren, ist unbestritten. All diese unerwünschten Standardisierungen erfolgten aber nicht aus eigenem Zentralisierungsantrieb, sondern meist auf Wunsch des Handels zur Vereinfachung des internationalen Vertriebs.

Zu 3. Das in der Schweiz gelebte Prinzip der Subsidiarität (Entscheidungskompetenz auf der unterstmöglichen Stufe) wäre bei einem Beitritt zur EU nicht hinfällig. Es gäbe lediglich oben an der Bundesebene noch eine weitere, höhere Kompetenzebene, eben für national nicht mehr regelbare Probleme.

Zu 4. Das Vetorecht der einzelnen Staaten ist zwar aus Sicht des Minderheitenschutzes positiv, in der Entscheidfindung aber ein grosses Hindernis. Hier könnte die EU von der Schweiz lernen: durch Reduzierung von partikulären Vetorechten. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass Grossbritannien mit dem Finanzplatz London die Einführung der Tobin Tax auf ewig blockiert.

Zu 5. Das bestehende Recht zur Volksinitiative wird in der EU bisher auch deshalb nicht wahrgenommen, weil es an der Erfahrung damit mangelt. In diesem Punkt könnte die Schweiz positive Impulse in die EU einbringen. (Man beachte dazu den Link unten zu einem Beitrag auf Infosperber zum Initiativ-Recht innerhalb der EU.)

Zu 6. Die Fördergelder zum Beispiel, die von der EU gesprochen werden, gehen nicht nach Frankreich oder nach Polen, sondern zum Beispiel in die Bretagne oder in die Region Krakau. Damit bekräftigt die EU das Prinzip «Europa der kulturellen Vielfalt».

Zu 7. Das Problem der zunehmenden Macht der Grosskonzerne ist tatsächlich virulent und darf auf keinen Fall übersehen werden. Die transnationalen Konzerne wollen weltweit tun und lassen, was ihnen beliebt, ohne Rücksicht auf regionale Kulturen und Eigenheiten. Gerade die Zähmung dieser neuen Feudalherren aber ist ein wichtiger Grund, warum auch die Schweiz Mitglied der EU werden sollte. Da kann sie mehr Einfluss gewinnen, als sie jetzt hat. Jetzt beschränkt sie sich darauf, von diesen Konzernen zu profitieren – zum Schaden Anderer. Leider.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

EU_Schweiz

Die EU und die Schweiz

Europa ist für die Schweiz lebenswichtig. Welchen Grad an Unabhängigkeit kann die Schweiz bewahren?

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23 Meinungen

  • am 14.02.2014 um 10:45 Uhr
    Permalink

    Leider stimmt Punkt 7 eben nicht:

    "Richtig ist: Die Europäische Union vertritt nicht einseitig die Interessen der internationalen Konzerne, sie ist im Gegenteil eine der wenigen Instanzen, welche dem transnationalen Wuchern der «Global Players» gegebenenfalls Grenzen setzen kann. Sie tut das aber vor allem, wenn innerhalb der EU selber solches vorgeschlagen und aktiv gefordert wird. Dabei ist jede interne Stimme mitentscheidend."

    Gerade vertritt die EU bei der grünen Gentechnik sehr einseitig die Interessen der mosntrösen Saatgutfirmen; das EU-Patentamt in München übergeht kaltschnäuzig die gegenteiligen Beschlüsse des EU-Parlamentes. Ich bin EU Befürworter; die EU muss sich aber noch massiv ändern….auch deshalb wäre es auch besser, wenn wir dabei wären.

    Auch Punkt 4 ist angesichts der Lage in Ungarn und Rumänien bloss Lippenbekenntnis

    Ansonsten stimme ich mit Abstrichen in Details überein

  • am 14.02.2014 um 13:05 Uhr
    Permalink

    Die EU ist kein Bundesstaat, sondern ein Staatenbund. Auch die CH hatte einen langen Weg seit den Anfängen im 15. Jahrhundert, über die Helvetische Republik, Mediation, die lange Tagsatzung, Bundesakte bis zur Bundesverfassung anno 1848. Dank unserem Zwei-Kammern-Parlament-System und der Einbindung der wählerstärksten Parteien in den Bundesrat ist die viersprachige Schweiz ein Erfolgsmodell. Empfehlung: die EU soll doch der direkt-demokratischen Schweiz beitreten bzw. deren Föderalismus adaptieren.

  • am 14.02.2014 um 13:12 Uhr
    Permalink

    @Willi Hermann
    Die EU könnte wohl kaum das direktdemokratische Modell der Schweiz übernehmen.
    Ansonsten – v.a. das historische – stimm ich überein

  • am 14.02.2014 um 15:05 Uhr
    Permalink

    Zu Punkt 7:
    Die EU <könnte> den Global Players Grenzen setzen, doch sitzen in Brüssel meines Wissens über 2000 hochbezahlte Lobbyisten, welche die Kommissionsmitglieder und ihre Chefbeamten tagtäglich «bearbeiten".

    Die Grundsätze sind Theorie.
    Wie es in der Praxis läuft, kann man an Hand der kürzlichen Nicht-Entscheidung zum Genmais sehen. Es gab breite Opposition, die aber nach Grösse der Mitgliedsländer gewichtet keine Mehrheit erreichte. Somit konnte sie die Zulassung nicht verhindern! Es braucht also nicht für die Zulassung eine Mehrheit, sondern für eine Ablehnung!

  • am 14.02.2014 um 15:12 Uhr
    Permalink

    Herr Nägeli, auch bei uns «bearbeiten» eine Vielzahl von Lobbyisten National- und Ständeräte; bestes Beispiel Pharma-Industrie.

  • am 14.02.2014 um 17:48 Uhr
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    Die EU ist in den letzten Jahren viel zu schnell gewachsen, ohne die entsprechenden Strukturen aufzuweisen, zu nennen sind Fiskalunion, gemeinsame Verteidigung, Bankenunion, gemeinsames Budget. Die EU ist bereits überreguliert in Belanglosigkeiten und hat bereits einen riesigen Wasserkopf gebildet, der hohe Kosten verursacht. Die EU der 28 ist ein riesiger unmanöverierfähiger Tanker geworden, der bereits viele Lecks aufweist, ein Wunder, dass er noch nicht gesunken ist. Die Steuermänner und -frauen sind nicht mehr in der Lage, die Übersicht zu behalten. Ja, die EU war einst ein Friedensprojekt, das war sehr verdienstvoll, nun läuft sie Gefahr aufgrund des weiterhin vorhandenen Nationalismus und Eigeninteresses vieler Staaten, z.B. Frankreich, Italien endgültig Schiffbruch zu erleiden, wie weiland die «Titanic". Die Titanic ist gesunken, weil sie als unsinkbar galt, das wird auch mit der EU passieren, wenn es so weiter geht. Es bleibt ein frommer Wunsch, dass die EU-Mitgliedschaft der Schweiz die EU aus der misslichen Lage retten könnte, Beispiel Costa Concordia und ihr Kapitän Schettino, nun heisst der Wirtschaftskapitän Mario Draghi, auch er ist Italiener……! Europa kann eben nicht mit den Vereinigten Staaten von Amerika verglichen werden, wenn die Vereinigten Staaten von Europa eine Chance haben sollen, müssten nun die acht ursprünglichen EU-Staaten Vereinigungsverhandlungen führen, das könnte vielleicht die Rettung des ganzen Projekts bedeuten.

  • am 14.02.2014 um 18:04 Uhr
    Permalink

    Herr Müller gibt sich in regelmässigen Abständen grosse Mühe, uns die EU näher zu bringen. Nun, wir schätzen die Meinungsfreiheit und es soll ihm gegönnt sein, dass er im redaktionellen Teil des hochgeschätzten Sperbers seine private Meinung kund tun darf. Aber in Anbetracht der fast einhelligen Ansicht der meisten Stimmberechtigten in diesem Lande, welche die kaum-demokratische EU ablehnen, ist es allmählich bemühend, immer wieder diese zusammengeschusterten, einseitigen Argumente lesen zu müssen. Uns werden Stimmrecht und Referendumsrecht, unsere Breitengrade betreffend, genommen. Wer das verschweigt oder verwedelt, argumentiert unehrlich. Was interessiert mich Brüssel oder Paris, wenn ich hier die Gesetze geändert haben möchte? Ich reise höchstens nach Bern um Krach zu schlagen, sicher nicht nach London oder Berlin. Wie können Sie Herr Müller, als hochintelligenter und weiser Mann an dieser Tatsache vorbeischreiben? Wir lieben unsere Heimat, sind weltoffen, aber wir lassen uns nicht vom Fremden überrennen. Das kommt ohnehin, aber bitte in verdaubaren Dosen. Ist das so schwer u kapieren?

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 14.02.2014 um 22:00 Uhr
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    Das Subsidiaritätsprinzip ist bei der konservativen und zum Teil liberalen Fraktion des Europaparlaments einer der wichtigsten Legitimationsgründe, überhaupt mitzumachen. Das bürgerliche Europa steh vor allem in Festreden zum Subsidiariätsprinzip. Es ist nicht richtig, dass es der EU nur ums Geschäften geht. Man will eine Wertgemeinschaft sein. Für den Frieden ist die Bedeutung der EU etwa 10 Prozent derjenigen der Nato, und vor allem für die Friedensepoche 1945 bis 1989 war ausschliesslich die Macht der USA und der Nato zuständig.

    Die Aufnahme von Ländern in die Europäische Union, die massivst ungleich sind, deren Eliten in die reicheren Länder abgezogen werden sollen und deren Zukunft im weniger optimistischen Fall chancenlos ist, bedroht langfristig inneren Frieden Europas.

    Die Perspektive der Schweiz ist es, neben dem British Empire, dem 2. und dem 3. Reich, der Sowjetunion, das kommunistische China usw. langfristig auch die Europäische Union zu überleben. Die Gefahr, dass wir unsere Nachbarn angreifen, tendiert schon seit Jahrhunderten gegen Null. Einigermassen unfair ist Barzahlung bei Handel. Im Sinne der Gleichheit wäre Zahlung auf Kredit europäischer.

    Christian Müller hat aber recht, dass wir Europa nicht zum Feindbild stilisieren sollten. Sogar die Gurkenverordnung hat ihren zureichenden Grund, obwohl dieser nicht als attraktiv einzuschätzen ist. Die EU ist ein freundlicherer Nachbar als es das 1., 2. und 3. Reich war, also keine falschen Vergleiche.

  • am 15.02.2014 um 08:52 Uhr
    Permalink

    Sehr geehrte Redaktion

    Ich habe bis jetzt Ihre Artikel immer gern gelesen, weil sie mir einigermassen unparteiisch vorkamen. Mit diesem Artikel jedoch, der wohl von einem parteiischen Euroturbo geschrieben worden ist, haben Sie für mich den Vogel abgeschossen! War ich vorher schon nicht manipulierbar – dann bin jetzt erst recht nicht manipulierbar. Den Rest können Sie sich denken.

    Mit freundlichen Grüssen

  • am 15.02.2014 um 09:30 Uhr
    Permalink

    Aber, aber, Herr Meier, gehen Sie doch einmal in sich! Wie mühsam und kriegerisch – mit Untertanen-Gebieten Aargau, Thurgau, Ticino, Vaud – hat sich das Erfolgsmodell Schweiz 1848 seit dem Rütlischwur 1291 entwickelt! Alle für Einen, Einer für Alle oder Miteinander Füreinander, ein Zusammenstehen ist heute und in der Zukunft europäisch und global doch die grosse Herausforderung, damit die Menschheit überleben kann bzw. Ihre Kinder und Enkel ihr Leben wenn möglich ohne Kriege und eine Vielzahl von Flüchtlingen gestalten und meistern können.
    „ … Mit den bitteren Erfahrungen zweier Weltkriege verstärkten sich diese Bemühungen. So nahm der indische Nationalkongress am 8. August 1942 eine von Mahatma Gandhi eingebrachte Resolution an, mit der eine Weltföderation von freien Nationen gefordert wurde. Solch eine Weltföderation, so heisst es in dem Text weiter, würde die Freiheit ihrer Mitgliedstaaten garantieren, Aggression und Ausbeutung einer Nation durch die anderen verhindern, nationale Minderheiten schützen und den Fortschritt aller rückständigen Nationen sowie die gemeinsame Nutzung der Weltressourcen für das Gemeinwohl sicherstellen; eine Weltbundespolizei würde den Weltfrieden bewahren und Aggressionen verhüten. … „
    Quelle:
    Eine Welt für alle
    Weltföderalismus – Bauplan für eine demokratische Weltgemeinschaft
    Von Dr. Maja Brauer – in Eurotopia August 2003

  • am 15.02.2014 um 10:34 Uhr
    Permalink

    Dank an Herrn Herrmann für seinen historischen Rückblick. Dennoch. In der Schweiz haben wir zwar nach meinem Dafürhalten nur eine rudimentäre Demokratie, aber immerhin ist diese hier meilenweit überlegen und verfeinert, als in der EU. Die EU würde ich nie als demokratische Veranstaltung bezeichnen. Eine Parlament mit hochbezahlten Parlamentariern mit Chauffeuren und einem ebenso hochbezahlten Mitarbeiterstab, das sehe ich eher als Oligarchie, einer unangenehmen Elite mit Arroganz und Ignoranz, denn als Demokratie. Das sehen Sie doch bereits an unserm Euroturbo Andreas Gross von unserer SP, der tritt doch schon jetzt so blasiert auf, als ob er dazu gehörte. Solche Mitbürger wollen wir doch nicht als unsere Stellvertreter wählen, in eine politische Organisation, wo das Fussvolk kein wirksames. effizientes Eingriffsrecht hat. Und solange das so ist, haben wir dort wirklich nichts verloren. Nebst allen anderen Gründen wie sozialem, mentalem und materiellem Gefälle usw. usw.

  • am 15.02.2014 um 12:08 Uhr
    Permalink

    Herr Roggwiler, wir müssen unsere Werte, Errungenschaften hochhalten, Ungerechtigkeiten ausräumen, und zwar unter Berücksichtigung der Meinungsvielfalt. Zur EU: In seiner Rede am 9. Mai 1950 stellt der französische Außenminister Robert Schuman den Plan vor, die Kohle- und Stahlproduktion Frankreichs und Deutschlands einer gemeinsamen Behörde zu unterstellen. Damit wurde der Grundstein für eine Europäische Union gelegt. Der 9. Mai ist seitdem der «Europatag". In nur 64 Jahren haben sich die inzwischen 28 Staaten zu einem Staatenbund zusammengeschlossen. Das Demokratie-Defizit in der EU ist meines Erachtens riesig, doch müssen wir Schweizerinnen und Schweizer ein grosses Interesse haben, dass dieses Staatengefüge nicht auseinanderfällt. Wenn die EU das Schweizer Erfolgsmodell kopieren wollte, freute ich mich sehr. Wir brauchen Persönlichkeiten wie Nelson Mandela und Mahatma Gandhi, die ihren Völkern selbstlos gedient haben.

  • am 15.02.2014 um 12:55 Uhr
    Permalink

    Herr Herrmann,
    Mandela und Gandhi sind gewiss bewundernswerte Gestalten. (beide übrigens in Südafrika geboren) Sie brachten ihre Qualitäten aber vor allem in ihrer unendlichen Grossmut gegenüber ihren Peinigern zum Ausdruck. Schumann, Willy Brandt sind mit ihnen vergleichbar
    Heute brauchen wir in der EU aber in Führungspositionen nicht unbedingt Lichtgestalten. Wir brauchen Realisten, die nicht nur der Wirtschaft aber auch den Menschenrechten und den Idealen der Demokratie zum Durchbruch helfen; Barroso ist es nicht. In Ungarn und in Rumänien beherrschen heut mehr oder minder offene krude Rassisten die Szene, die mit einer ungenierten Ausweisungs-/Rausekelungspolitik ihre Minderheiten (vorab Roma) zur Auswanderung in die West-EU drängen (in Polen und der Slowakei sind subtilere Macher am Werk). Diese werden dann im Westen in Ghettos angesiedelt, wo wiederum bereits die Verlierer der Globalisierung siedeln. Noch kann der Deckel auf diesem bereits gefährlich brodelnden Kessel dumpfen Rassismus› drauf gehalten werden.
    Ausser harrschen Lippenbekenntnissen zu Feierstunden unternimmt die EU nichts gegen Orban Basescu und Co….LEIDER. Die Zeit drängt allerdings, gegen die Ost-EU-Ursprünge dieser zustände geharnischt und mit Ultimaten anzugehen. Unumkehrbar ist es zur Zeit – gerade noch – nicht.

  • am 15.02.2014 um 13:10 Uhr
    Permalink

    Herr Joris
    Die Welt ist ein globales Dorf. Je rascher wir Schweizerinnen und Schweizer den Einwohnerinnen und Einwohner aller Gemeinden weltweit einen Beitrag zu ihrer Selbstbestimmung leisten, ihnen Hilfe zur Selbsthilfe anbieten, desto eher werden dem Weckruf anno 1798 Liberté, Egalité et Fraternité gerecht. I have this dream. Besuchen Sie den Weltwassertag 22.03.2014 in Bern oder afro-Pfingsten in Winterthur.

  • am 15.02.2014 um 13:26 Uhr
    Permalink

    Herr Herrmann,
    Ihren Idealismus in allen Ehren. Idealisten neigen allerdinsg dazu, die vielen hässlichen Details grosszügig zu übersehen. Der Weltwassertag mag ja was gutes sein, doch da werden wohl lauter gleich Gesinnte sich Zeichen setzend ins Gilet flennen. Gerade der Weltwassertag sollte aber dazu dienen, Konkretes aufzugleisen, wie etwa einen Haftbefehl gegen Peter Brabeck-Letmate, den Chefantreiber der Wasserräuber in Südafrika, Bolivien und den Philippinen, einzureichen. Wetten wir, dass nichts nur annähernd gleichwertiges passieren wird.
    Mir geht das in den letzten zwei, drei Jahren inflationär beschworene Zeichen setzen nicht nur auf den Senkel; es nährt in mir den Verdacht, dass dies von den Zeichensetzern Angepeilten insgeheim jeweils gefördert wird, da mit derlei Pomp ein echter Aufstand klein gehalten werden kann. Auch bei einem EU-Beitritt sollte man deshalb den Zeichenwald eher abholzen, damit das marode Buschwerk besser gelichtet werden kann.

    Ich betone hier letztendlich nochmals, wenn es im ersten Posting nicht zum Ausdruck kam, ich befürworte ausdrücklich einen EU-Beitritt. Bin aber der Meinung, dass man bei den obligaten Beitrittszeremonien, statt mit Fanfaren und Prosecco eher mit Fäusten auf dem Tisch glänzen sollte.

  • am 15.02.2014 um 14:23 Uhr
    Permalink

    Den sich hier meldenden EU-Skeptikern empfehle ich dringend das im Infosperber schon propagierte Buch von Robert Menasse „Der europäische Landbote“ zu lesen.
    Statt nur über die EU zu schimpfen wäre es an der Zeit wenn sich die Schweiz dem Staatenbund EU anschliessen würde. An der EU mitbauen und verändern kann nur wer dabei ist. Die Schweiz kam und kommt aber nicht umhin Gesetzte und Verordnungen der EU zu übernehmen. Kann aber heute keine Stimme dazu abgeben – geschweige denn mitbestimmen. Und wir leben mitten in der EU! Die Staaten um uns sind Teil der EU…
    Das Zieren und Mitspielen auf dem Theater der Nationalkonservativen und ewiggestrigen Populisten ist nicht die Zukunft sondern lebt von einer überhöht verklärten Vergangenheit.

  • am 15.02.2014 um 15:00 Uhr
    Permalink

    Herr Dietschi,
    was den Beitritt zur EU anbelangt, bin ich mit Ihnen einverstanden; auch was die Gesetze und verordnungen angeht. Ich bin allerdings durchaus auch der kritschen Meinung, dass die Schweiz aus einer Position der Stärke heraus den Beitritt verhandeln kann indem sie imperativ bereits weiter oben von mir angemahnte Änderungen in der EU-Politik anmahnen und verlangen kann; zudem muss sie einen vitalen Treumpf einbringen, nämlich den, des alpenschonenden Transitverkehrs, den die EU voll der zerstörerischen logistischen Konkurrenzwirtschaft überlassen möchte. Die Schweiz wird dabei auch etliche Verbündete in den alpinen Regionen (inklusive Pyrenäen) Europas finden.

  • am 15.02.2014 um 16:46 Uhr
    Permalink

    Herr Joris, was den Transitverkehr angeht bin ich dezidiert Ihrer Meinung. Die Weigerung des Bundesrats und des Parlaments die Alpeninitiative umzusetzen ist ein Affront sondergleichen. Für mich sind hier externe Gründe nur die Ausrede. Versagt wurde in erster Linie gegenüber der hiesigen Transport- und Autolobby. Dass der BR nun versucht mit der Sanierung des Gotthardstrassentunnels die Kapazität im Sinne der Transport- und Autolobby zu erweitern (gegenteilige Aussagen entsprechen m.E. nicht der Wahrheit) ist eine Ohrfeige gegen den Alpenschutz. Das Problem liegt jedoch darin, dass der Strassentransport (wie der übrige Autoverkehr) seine Kosten nicht zahlt. Aber das Thema hat durchaus Verhandlungspotenzial.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 15.02.2014 um 21:16 Uhr
    Permalink

    @Willi Hermann. Zu den Untertanengebieten vor 1798. Hier gab es aus heutiger Sicht viel Unrecht, allerdings wurde an Lausanner Akademie, wo zum Beispiel der Naturrechtler Barbeyrac lehrte, wenn auch nicht nur unbehelligt, wie in Genf und Neuenburg wesentlichstes Gedankengut der Aufklärung entwickelt. Mit dem heutigen Kanton Aargau befasse ich mich, jedes einzelne Jahr seit 1036 betreffend, mit Schwerpunkten 13., 14. 16. 17. und 18. Jahrhundert. Das Gedankengut Kants in der Schweiz wurde vor 1789 hauptsächlich von Aargauern gepflegt, und das wohl beste Buch der Aufklärung über Nationaldünkel wurde 1756 in Brugg geschrieben. Ausserdem hatten wir im bernischen Aargau bestmögliche landwirtschaftliche Aufklärung und eine rel. gute Schulbildung. Die Katastrophe hält sich in Grenzen. Habe über jeden einzelnen Kanton je eine ganzwöchige historische Lehrerfortbildung gemacht. Wenn man mich fragt, wo ich vor 1798 hätte leben wollen, würde ich Neuenburg, Aargau, Schaffhausen, Basel vorziehen, auch Genf, wo man aber leichter verfolgt werden konnte, wäre interessant gewesen. Im Kt. NE war man so frei wie sonst nur in England. In Basel, Bern und Genf war zur Zeit der Aufklärung des Bildungsniveau der Besten eher höher als dies heute ist, vor allem auf math. Gebiet, etwa die Euler und die 8 Mitglieder der Familie Bernoulli, so was gibt es heute in der Schweiz schlicht nicht.

    Natürlich weiss ich, was man dem Major Tavel, Micheli du Crest, Waser und anderen angetan ha, incl Anna Göldi.

  • am 16.02.2014 um 16:05 Uhr
    Permalink

    Herr Christian Müller, bei allem Respekt; Sie liegen falsch, und Sie wissen es wahrscheinlich sogar. Auch das Schweizer Volk weiss es. Und hat entsprechend abgestimmt. Viele Male bereits. Akzeptieren Sie es einfach. Schlucken Sie die Kröte. Wir haben auch schon viele Kröten schlucken müssen.
    Was Sie hier als gängiges Missverständnis beklagen, ist in Wahrheit exakt das Problem der EU. Jeder einzelne Punkt in Ihrem persönlichen EU-Werbeprospekt hinkt nicht nur, sondern braucht einen Rollstuhl.
    Die EU wird von ihren eigenen Eliten versenkt. Sehenden Auges. Die Alten Römer zeigten es der Welt schon vor etwa 1500 Jahren. Europa ist tot. Es ist nur noch das zentrale Nervensystem, welches ein bisschen zuckt.

  • am 16.02.2014 um 17:34 Uhr
    Permalink

    Herr Stiefenhofer, leben Sie auf dem Mond? Ich lebe in der Schweiz, in Europa und in dieser Einen Welt. Zum Glück habe ich keinen Krieg erlebt, aber wir kriegen ja täglich unsägliche Grausamkeiten vorgesetzt. Schon allein unser Mitgefühl für diese geschundenen Kinder, Frauen und Männer sollte uns bewegen, den Aufbau einer echten Weltföderation (siehe Resolution von Mahatma Gandhi vom 8.11.1942 im indischen Nationalkongress) zu begrüssen. Die EU – Staatenbund mit 28 Ländern – hat noch viele Unzulänglichkeiten, aber immerhin ist die Schweiz auch mehrfache Nutzniesserin (mehr Sicherheit dank Frieden, grosser Wirtschaftsraum usw.) Die EU wird Sie und mich überleben.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 16.02.2014 um 19:51 Uhr
    Permalink

    @Willi. Hermann. Die Schicksalsfrage, die zwar nicht notwendig die vielbeschworene «Abschottung» bedeuten muss, lautet: Überlebt die EU die Schweiz oder überlebt die EU uns? Ich hoffe nicht, den Untergang der EU noch zu erleben; habe aber vor 40 Jahren auch Amalrik nicht ernst genommen, der sich betr. Untergang der Sowjetunion nur um sieben Jahre vertippte. Der grosse Oppositionelle hat es leider wegen Krebs nicht mehr erlebt. Gesunde Junge können den Untergang der Europäischen Union nach menschlichem Ermessen eher erleben als das Verschwinden der Schweiz.

    NZZvomSonntag von heute: Mit Berufung auf Walter Wittmann wird die Abschaffung des Initiativrechts im Ernst vorgeschlagen. Es hat aber niemand gesagt, wie man das über den Uno-Sicherheitsrat und die Nato, welche doch ganz andere Sorgen haben, regeln will. Aber anders bringt man dieses Volksrecht nicht weg. Auch die Umwandlung der Schweiz in eine Monarchie wird politisch schwierig. Schon Verhältnisse wie in Nordkorea liegen nicht mal auf Kantonsebene, letztlich auch auf Gemeindeebene nicht drin. Reformvorschläge, selbst in der NZZamSonntag, sollten sich in der heutigen ernsten Situation von wahnhaften Vorschlägen freihalten.

    Spannend wäre für mich die Frage, ob die katholische Kirche oder die Schweiz länger durchhält. In der Schweiz sicher die Schweiz. Global könnte die katholische Kirche wohl noch über die Schweiz hinaus bestehen. Aber die Entscheidung dieser Frage, Herr Hermann, werden wir garantiert nicht mehr erleben.

  • am 20.02.2014 um 17:36 Uhr
    Permalink

    Grossartige Info. Ich könnte heulen, dass unser Bundesrat diese Faktenlage nicht rechtzeitig der Schweiz mitgeteilt hat. Das der zum Glück abgehalfterte Bundesrat zu unserm Unglück das Wort und die Millionen hatte um uns allen zu sagen, «der Bundesrat wird in Brüssel die Bilateralen zurechtbiegen».
    Da ist nichts mehr, dass zu biegen wäre, inbesondere nicht
    mit unserem Personal, das für solche Probleme nicht
    geeignet ist. Es geht um etwa 600 Verträge. 23 Themen und 28 Veto-Berechtigte, die sich Vorteile ergattern können.

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