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Als Winterthur-Verteidiger verlor Rolf Bollmann 1975 den Cupfinal gegen den FC Basel. © cc

Fouls im Multipack von Verteidiger Rolf Bollmann

upg /  Der Ex-Fussballer und heutige CEO der Basler Zeitung spricht von «widerlichen Figuren» und «Taugenichtsen». Betroffene wehren sich.

Heute ist Rolf Bollmann CEO und Delegierter des Verwaltungsrats bei der Basler Zeitung. Im Cupfinal 1975 hatte er als Verteidiger gegen den FC Basel noch verloren, heute stürmt er in Basel im Auftrag von BaZ-Besitzer Christoph Blocher gegen alle, die Blochers Vorstellung, was ein guter Journalist und Redaktor ist, widersprechen.
Der Prototyp eines idealen Journalisten
Der Hofjournalist Matthias Ackeret, der es konsequent vermeidet, nicht erwünschte Fragen zu stellen, geschweige denn dem Interviewten einmal zu widersprechen, ist in den Augen Blochers und Bollmanns offensichtlich der Prototyp eines idealen Journalisten. Deshalb darf Ackeret Blocher regelmässig «interviewen» und auch der neue CEO der Basler Zeitung wählte Ackeret, um sein erstes längeres Interview im Magazin «persönlich» zum Besten zu geben.
«Widerliche Figuren» und «Taugenichtse»
So konnte der BaZ-CEO folgende Sätze widerspruchslos abdrucken lassen:
«Wenn die Leser wüssten, welche zum Teil widerliche Figuren im Journalismus rumturnen und was für Taugenichtse solche Artikel schreiben, dann kämen bei ihnen einige Fragezeichen auf.»
Und weiter:
«Selbst haben sie [die Journalisten. Red.] ihr Leben nicht im Griff, noch nie irgendwann, irgendwo für irgendetwas Verantwortung übernommen und erlauben sich, mit primitiven Artikeln über Menschen zu urteilen, die sie nicht kennen und mit denen sie nie gesprochen haben.»
Bollmann meint selbstverständlich nicht die Redaktion der Basler Zeitung, sondern jene Journalistinnen und Journalisten, welche die BaZ freiwillig oder unfreiwillig verlassen haben. Bollmann wörtlich: «Ich glaube, aufgrund meiner Erfahrung beurteilen zu können, dass die ‹BaZ› ein hervorragendes Blatt ist und in der Schweiz mit der ‹NZZ› und dem ‹Tages-Anzeiger› zu den drei besten Tageszeitungen gehört.»
Deshalb hat Bollmann kein Verständnis dafür, dass etliche langjährige BaZ-Redaktionsmitglieder die Zeitung verlassen haben: «Für mich sind das Charakterlumpen und Kollegenschweine, die damit nicht nur versuchen, die BaZ zu schwächen, sondern damit langfristig auch die Arbeitsplätze ihrer ehemaligen Kollegen gefährden.»
Betroffene wehren sich
Zu den abgesprungenen BaZ-Redaktoren gehört der heutige Chefredaktor der «TagesWoche» Urs Buess. In einem offenen Brief an Rolf Bollmann, den die «TagesWoche» heute online veröffentlicht hat, schreibt Buess:
«Im Interview lesen wir, was Sie von Journalisten und Journalistinnen halten. Insbesondere von jenen, die die BaZ in den letzten zwei Jahren verlassen haben oder entlassen wurden. Diese Abgänger sind gemäss Ihren Aussagen: ‹Kollegenschweine›, ‹Charakterlumpen›, ‹Journalisten der vierten Klasse›, sogenannte ‹Nullnummern›, ‹widerliche Figuren, die im Journalismus rumturnen›, und ‹Taugenichtse›, die ihr Leben nicht im Griff haben und sich erlauben, mit primitiven Artikeln über Menschen zu urteilen, mit denen sie nie gesprochen haben.»
Dann bläst Buess zum Gegenangriff. Als Beispiel pflückt er eine BaZ-Reportage über die Basler SP-Regierungsrätin Eva Herzog heraus. Die Finanzdirektorin hatte der BaZ erklärt, sie sei jederzeit bereit, über ihre Arbeit Red und Antwort zu stehen, doch sie habe keine Lust, sich über ihr Privatleben und ihr privates Umfeld auszubreiten, das in erster Linie aus einem Lebenspartner und zwei gemeinsamen Kindern besteht.
Das habe dem Journalisten der Basler Zeitung, der in den Augen Bollmanns «gewiss kein Charakterlump» sei, nicht gefallen.
Buess fährt fort: «Frustriert darüber, erfindet er nun sexuelle Affären, sexuelle Ausschweifungen, Kiffereien der Regierungsrätin – und verwirft sie gleich wieder. Es seien nur Fantasien, Gerüchte. Aber er druckt sie in der Zeitung ab. Der Qualitätsjournalist lässt sich über den Körper der Regierungsrätin aus, über ihre Bewegungen, ihre Haarfarbe, spinnt Fantasien in seine kuriosen Ideen. Er druckt es in der Zeitung. Die Verantwortlichen und der Chefredaktor lassen das zu.»
Seinen offenen Brief an Rolf Bollmann schliesst «TagesWoche»-Chefredaktor Urs Buess wie folgt:
«Die Zeitung, deren CEO Sie sind, setzt mit dem Porträt über Eva Herzog neue Massstäbe. Das also ist das Ergebnis, wenn ein Verteidiger Stürmer wird und nur noch Journalisten beschäftigt, die todsicher weder Charakterlumpen noch Nullnummern sind. Interessant.»

Der «Kleinreport.ch» hat Bollmanns Aussagen als erster kommentiert. Hier ein Auszug:
Unwidersprochen darf Bollmann auch die reichlich abenteuerliche These verbreiten, dass die neuen Besitzverhältnisse keinen Einfluss hätten auf den redaktionellen Kurs der «Basler Zeitung». Er selbst, so betont Bollmann, arbeite nicht für den Politiker Blocher, sondern für den Unternehmer Blocher. So ist es vermutlich auch reiner Zufall, dass sich die Bollmann`sche Meinung zur EU mit derjenigen des Milliardärs von Herrliberg deckt: «Es wäre für mich die absolute Horrorvorstellung, dass Schicksal meiner Kinder von den circa 50 000 Beamten in Brüssel bestimmen zu lassen. Aber auch in Bern gibt es `Flaschen`.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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