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Generalvikar Martin Grichting sorgt sich über «Angriffe auf die freie Gesellschaft» © Bistum Chur

Eine Wurzelbehandlung für Generalvikar Grichting

Kurt Marti /  Das Feindbild Islam wirkt wahre Wunder: Selbst der stockkonservative Churer Generalvikar Martin Grichting mimt den Aufklärer.

«Das Christentum ist die Wurzel der Aufklärung», verkündet der Churer Generalvikar Martin Grichting keck im Tagesanzeiger vom 25. Januar 2016. Und weiter behauptet er in Abgrenzung zum Islam: Anders als Mohammed habe Jesus Christus «Gewaltlosigkeit sowie Feindesliebe gepredigt und keine Gewalt» angewandt. «Deshalb können sich Christen, die religiös motivierte Gewalt anwenden, nicht auf Jesus Christus berufen. Im Gegensatz dazu können muslimische Gewalttäter Mohammed als Vorbild anführen.» Wer solches behauptet und das Christentum als «Wurzel der Aufklärung» bezeichnet, braucht dringend eine historische Wurzelbehandlung.

Keine Rede von der gewalttätigen Kirche

Zunächst fällt Grichtings rhetorischer Kunstgriff ins Auge: Nirgends im Kommentar ist vom real existierenden Christentum, also der «katholischen Kirche» die Rede, sondern immer nur vom friedliebenden Christentum mit Fokus auf Jesus Christus. Damit nimmt Grichting wohlweislich die katholische Kirche und deren blutigen Kampf gegen die Werte der Aufklärung aus der Schusslinie der Kritik, insbesondere auch deren Rolle als Totengräberin der antiken Kultur und als Kämpferin gegen Wissenschaft und Menschenrechte.

Laut Grichting hat Christus «Gewaltlosigkeit sowie Feindesliebe» gepredigt. Mit dieser einseitigen Darstellung blendet Grichting erstens jene Stellen in der Bibel aus, die ein hasserfülltes, menschenfeindliches Gesicht von Christus zeigen, und zweitens die Gewalttätigkeit des biblischen Gottes vor allem im Alten Testament.

Der Sohn Gottes predigt Gewalt und Vernichtung

Die Vertreter der katholischen Kirche sind Meister in der Vermittlung des einseitigen Bildes des friedliebenden Jesus. Die zahlreichen Jesus-Zitate, die einen rücksichtslosen, rächenden und kriegerischen Jesus zeigen, blenden sie dabei gerne aus. Beispielsweise:

Matthäus 10, 34: «Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.»

Lukas 19, 27: «Doch diese meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde, bringt her und macht sie vor mir nieder.»

Matthäus 13, 40 – 42: «Wie man nun das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird’s auch am Ende der Welt gehen. Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alles, was zum Abfall verführt, und die da Unrecht tun, und werden sie in den Feuerofen werfen; da wird Heulen und Zähneklappern sein.»

Matthäus 22, 11 – 13: «Da ging der König hinein, sich die Gäste anzusehen, und sah da einen Menschen, der hatte kein hochzeitliches Gewand an, und sprach zu ihm: Freund, wie bist du hier hereingekommen und hast doch kein hochzeitliches Gewand an? Er aber verstummte. Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm die Hände und Füße und werft ihn in die Finsternis hinaus! Da wird Heulen und Zähneklappern sein.»

Jesus zwischen Feindesliebe und Hass

Im krassen Gegensatz zu dieser Gewaltpredigt gegen Ungläubige, Feinde und Abweichler steht die Feindesliebe und Gewaltlosigkeit, welche Jesus in der Bergpredigt verkündet, beziehungsweise jene, die ihm solches später in den Mund legten.

Jesus schwankt immer wieder zwischen den Extremen von Hass und Feindesliebe hin und her. Selbst in der Bergpredigt kippt die Nächstenliebe in Rücksichtslosigkeit gegen seine Nächsten, wenn Jesus sagt (Matthäus 5, 22):

«Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.»

Gottes Gewaltpredigt im Alten Testament

Erstaunlich ist auch, dass Jesus Christus sich nicht von seinem gewaltverliebten Vater im Alten Testament distanziert. Nur ein Beispiel von Hunderten im Alten Testament (5. Moses 20, 17):

«Vielmehr sollst du die Hetiter und Amoriter, Kanaaniter und Perisiter, Hiwiter und Jebusiter der Vernichtung weihen, so wie es der Herr, dein Gott, dir zur Pflicht gemacht hat,…»

Das Doppelgesicht von Jesus Christus und seines Vaters zeigen, dass der Versuch, das Christentum in Sachen Gewalt gegen den Islam als weisses Schaf gegen die schwarzen abzugrenzen, gründlich fehlschlägt. Sowohl die Bibel als auch der Koran sind bezüglich der Gewalt doppelzüngig und wurden in der Geschichte grosszügig zur Legitimation von Gewalt herangezogen. Zur Begründung eines aufgeklärten Staats sind beide untauglich und nicht nur der Islam, wie dies Grichting zu suggerieren versucht.

Dürrenmatt-komödiantischer Vorbeter der Aufklärung

Wenn nun ausgerechnet ein Vertreter des stockkonservativen Bistums Chur als Vorbeter der Aufklärung auf die Bühne tritt, hat das schon etwas dürrenmatt-komödiantisches an sich. Dazu Grichtings Kokettieren mit der freien, aufgeklärten Gesellschaft im Tagesanzeiger:

«Man wird sehen, welcher Lesart die westlichen Gesellschaften folgen werden: ob die Angriffe auf die freie Gesellschaft zu noch mehr Religionsfeindlichkeit führen. Oder ob es zu einer Rückbesinnung auf den christlichen Glauben als den Nährboden der freien Gesellschaft kommt.»

Es ist leider davon auszugehen, dass Grichting mit den «Angriffen auf die freie Gesellschaft» kulturkämpferisch nur in Richtung des Islam zielt und nicht auch auf die konservativen, anti-aufklärerischen Moralvorstellungen aus dem Bistum Chur. Damit ist er mit SVP-Kulturkämpfern in «guter» Gesellschaft.


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12 Meinungen

  • am 29.01.2016 um 12:23 Uhr
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    Es gibt das Stilmittel der figurativen Sprache, des übertreibenden Redens und auch Gleichnisse, die Jesus oft anwendet. Wer das wie Herr Marti offensichtlich nicht sehen will, kann solche Schlussfolgerungen treffen, dass die «zahlreichen [es sind 4 (!) angeführt] Jesus-Zitate einen rücksichtslosen, rächenden und kriegerischen Jesus zeigen». Übrigens: Sind die Gebrüder Grimm gewalttätig, weil sie das Märchen von Max und Moritz erzählen? Man sollte differenzieren können zwischen dem Erzähler und der Geschichte. – Trotzdem stimme ich zu, dass die Geschichte der Christenheit leider oft eine gewalttätige war und es gäbe ein Mittel, dies einzudämmen: Trennung von Religion und Staat.

  • am 29.01.2016 um 16:50 Uhr
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    Die Ausführungen des Generalvikars zeugen von geringen historischen Kenntnissen. Geht doch die erste grosse Aufklärungsbewegung Europas auf das Toledo des 10-12. Jh. zurück. Damals gab es unter maurischer Herrschaft ein friedliches Zusammenleben zwischen Muslimen, Juden und Christen, und neben Moscheen auch christliche Kirchen. Dazu glänzende Gelehrte wie Averroes (Ibn Ruschd) und Avicenna (Ibn Sina), welche die griechischen Philosophen ins Arabische und Lateinische übersetzten und Vernunft und Logik als Massstab für Philosophie und Theologie proklamierten. Ohne sie hätten die christlichen Scholastiker des Mittelalters Aristoteles nie gekannt.
    Allerdings stiessen diese höchst aufgeklärten Gelehrten in den eigenen Reihen orthodoxer Theologen auf Widerstand, und schliesslich wurde dieses Fundament europäischer Aufklärung durch die christliche Reconquista und die Kreuzzüge gründlich zerstört.
    Auch der Begriff der Menschenwürde, begründet von Pico della Mirandola 1486, erregte den Widerstand der Kirche, die den ersten Kongress europäischer Humanisten zu diesem Thema verhinderte.
    Fazit: In allen Religionen und auch in säkularen Ideologien hat es immer Fundamentalisten einerseits und besonnene, tolerante Strömungen andererseits gegeben. So gibt es keinen „Kampf der Kulturen“, sondern nur das Ringen aufgeklärter Geister innerhalb jeder uns bekannten Hochkultur um das Gehör der Zivilgesellschaft gegenüber orthodoxen Scharfmachern.
    26. Januar 2016, Carola Meier-Seethaler

  • am 30.01.2016 um 04:15 Uhr
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    Anscheinend blendet der Generalvikar den realexistierenden Islam der Mehrheit der Muslime auf der Welt aus, die den Propheten Muhammad als „Barmherzigkeit für alle Welten“ zum Vorbild hat. Der Koran spricht davon, eine böse Tat mit einer guten zu vergelten, um so den Feind zum Freund zu machen, weist aber darauf hin, dass dies nur sehr wenigen Menschen zuteil wird und gelingt. Ansonsten soll Gleiches nur mit Gleichem vergolten warden, wobei der Verzicht auf Vergeltung und zu vergeben besser ist. Das ist viel realistischer als die Forderung an jeden, dem Feind auch noch die andere Wange hinzuhalten. Allerdings reißen sowohl muslimische Extremisten als auch Feinde des Islams gewisse Stellen im Koran und der prophetischen Überlieferung aus ihrem Zusammenhang heraus, um damit in Fehlinterpretation die Aufforderung zu Gewalt und Blutvergießen herauszulesen.

  • am 30.01.2016 um 10:52 Uhr
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    RICHTIG. Seit den nostalgischen Erinnerungen im neuen Testament ist da einiges schief gegangen.
    Dazu Noam Chomsky, der Küngs fatales Fazit «verfolgende Kirche» zitiert:

    ‹ Inspiriert durch das Zweite Vatikanische Konzil, nahmen die lateinamerikanischen Bischöfe die „Option für die Armen“ an und erneuerten den radikalen Pazifismus des Evangeliums, der praktisch gegenstandslos geworden war, seit Kaiser Konstantin der Große das Christentum zur offiziellen Religion des Römischen Reiches gemacht hatte. „Eine Revolution“, so Küng, die aus der „verfolgten Kirche“ eine „verfolgende Kirche“ machte. ‹
    in
    Revisted: Geschichte und Hintergründe der Eliminierung der Befreiungstheologen in Lateinamerika. Von Prof. Noam Chomsky, MIT (http://wort-meldungen.de/?p=10245)
    MfG
    Werner T. Meyer

  • am 30.01.2016 um 11:55 Uhr
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    Der Kernsatz Grichtings ist der, dass sich religiös motivierte Gewalttäter nicht auf Jesus Christus berufen können.
    Diesen Satz erachte ich als völlig richtig. Das heisst ja nicht, dass Gewalt und Greuel nicht geschehen wären, diese waren und sind aber alle im Widerspruch zu der Lehre der Evangelien.
    Die von Kurt Marti zitierten Bibelstellen betreffen Gleichnisse, fiktive Geschichten zur
    drastischen Ausmalung mystischer Zusammenhänge. Es sind ganz klar keine Handlungsanweisungen.
    Wenn Jesus gesagt haben soll, er sei gekommen, das Feuer zu bringen und er wünschte es würde schon brennen, meint er wohl ein inneres, geistiges Feuer und nicht Brandschatzung.
    Kritik ist notwendig, aber sie sollte wirklich fundiert geäussert werden, dann darf sie durchaus auch schärfer sein.

  • am 30.01.2016 um 16:34 Uhr
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    Der wesentliche Unterschied ist nicht der zwischen Bibel und Koran, sondern der zwischen einer säkularstaatlich domestizierten Religion und einer Religion, die Ambitionen hat, den Staat zu übernehmen.

    Es mag Staaten geben, die stärker von einer christlichen Kirche geprägt sind als die Schweiz, aber es gibt keine christlichen «Gottesstaaten» mehr. Im islamischen Raum sieht das anders aus.

    Es gibt Christen, die mit Berufung auf das Christentum Mordanschläge (z.B. gegen Ärzte, die Abtreibungen durchführen) verüben. Solches wird jedoch nur von einer kleine Zahl von randständigen Personen gutgeheissen. In islamischen Ländern gelingt es den Scharfmachern leider, viel grössere Menschenmassen für religiös motivierte Gewalt zu begeistern.

    Der Mordaufruf, den ein gewisser Ayatollah Khomeini gegen den Schriftsteller Salman Rushdie geäussert hat, ist nie zurückgenommen worden. Im Gegenteil: Das Kopfgeld wurde noch erhöht. Wegen Mohamed-Karikaturen wurden Menschen ermordet.

    In der Linken Wochenzeitung «PS» wurden zu Ratzingers Zeiten einige sehr respektlose Papst-Karikaturen veröffentlicht. Trotzdem wurde nie ein Aufruf zu Gewalt bekannt, und niemand verübte ein Attentat gegen die Zeitung oder gegen den Zeichner.

    Bei uns sind islamistische Einflüsse eher für den säkularen Rechtsstaat eine Gefahr und weniger für das Christentum. Leute wie Grichting sind daher nicht die glaubwürdigsten Vorkämpfer auf «westlicher» Seite.

  • am 1.02.2016 um 19:31 Uhr
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    So wie Kurt Marti dem Generalvikar Grichting (zu Recht) eine Wurzelbehandlung verpassen möchte, so bräuchte er selber eine – in Bezug auf die Theologiegeschichte des Neuen Testaments. Aber das würde nicht viel bringen, haben Journalisten doch kaum Anlass, sich über wichtige oder entscheidende Hintergründe dessen zu informieren, was sie schreiben.
    Der wahre Grund für einen solch fahrlässigen Umgang mit biblischen Texten ist wohl die «ekklesiognene Neurose"; ich habe sie als Zielperson (Opfer) oft genug am eigenen Leib erfahren. Diese Neurose ist nirgendwo dichter gestreut (epidemiologisch) als bei Journalisten, (knapp vor dem Gesundheitsbereich), und dort am allerdichtesten bei den selbsternannt «Unabhängigen» (wie z.B. «WOZ"). Was auch immer von dort her über Religion, Kirche, Glaube und Theologie gesagt werden mag, es ist und wird alles so zurechtgebogen (oder ignoriert), so dass es in den vorgegebenen ideologischen Rahmen passt. Insofern haftet dem Artikel ein sehr bitterer Beigeschmack an, so berechtigt er auch in bezug auf die Zielperson Grichting sein mag.

  • am 2.02.2016 um 22:51 Uhr
    Permalink

    Wer hier nach Clash of Civilizations die Islamische Welt gegen die Christliche ausspielen will, dem fehlt eine solide Geopolitikkenntnis. Wer heilige Texte auslegen will, dem fehlt aber ohnehin jede Bodenhaftung.
    Hauptsächlich in Westeuropa ist man seit etwa 1968 die heiligen Krieger los. Die USA ist nie säkular geworden. Im Weissen Haus hat man in jüngster Zeit Kreuzzüge angezettelt und «Christliche» Zionisten gibt es dort mehr als Jüdische Zionisten in den USA und Israel zusammen. Die planen den Weltuntergangskrieg. Im Bereich des Islam gibt es dagegen Staaten wie die Türkei mit einer Säkularisierungsgeschichte diesseits der europäischen Moderne. Israel schliesslich war vielleicht 1948 bis 1967 einmal Westlich. Heute ist es ein Gottesstaat mit Nichtgläubigen in der inneren Emigration oder auf der Ausreise.
    Genügend rational denkende Menschen gibt es daher nur noch in China und Japan (letztere etwas multireligiös aber harmlos dekoriert).

    Werner T. Meyer

  • am 3.02.2016 um 14:54 Uhr
    Permalink

    @WTM
    Sie nennen Texte «heilig"? – das wundert mich sehr! – nehme an, Sie möchten satirisch verstanden werden.
    "Wer heilige Texte auslegen will, dem fehlt aber ohnehin jede Bodenhaftung.»
    Die Sperber-Texte und unsre Kommentare wollen immer belehren (was legitim ist). Nur welcherart Belehrung kann von Angesprochenen überhaupt angenommen werden? Pauschale Ablehnung verunmöglicht Kommunikation.
    Wenn wir bsw. eine wirtschaftsliberal denkende Person zu mehr Menschlichkeit motivieren möchten, dann gelingt dies mit einer Ausweitung des liberalen Grundgedankens auf das ganze Menschein viel eher, als wenn wir mit dem Gegenpol von (linken) Ansichten drauflos predigten.
    Deshalb finde ich Gichting’s Kernsatz aufbauend, immerhin ein grosser Schritt bezogen auf die letzte (verletzenden) Verlautbarung seines Chefs, welche auf dem Levitikus basiert.
    Ich finde es falsch, Leute zu diskreditieren, welche als «heilig» geltende Texte auslegen wollen.
    Grossarting finde ich bsw. Armin Risi’s «Der radikale Mittelweg», worin er sehr kritsch mit kolportierten «Tatsachen» umgeht und dennoch Weisheiten entdeckt.
    Oder «Keine Posaunen vor Jericho» von Israel Finkelstein und Neil Silberman. Zwei jüdische Bibelarchäologen, welche die Mythen des kleinen Hirtenvolkes sehr kritisch und doch respektvoll abhandeln.
    Es gibt fast keine geschichtliche Wahrheit in diesen Büchern. Jahwes Anweisung, alle Kanaanäer zu töten und ihr Land zu rauben ist ein politischer Mythos.

  • am 3.02.2016 um 19:08 Uhr
    Permalink

    Lieber Urs Lachenmeier,

    ICH FASSE MICH MAL ANDERS:
    1) Religion ist gefährlich via Wirkung über Politik und Militär
    2) Diese Wirkungen sind in säkularen Staaten minimal, in Gottesstaaten maximal
    3) Die religiöse Gefahr insgesamt ist ein Effekt von politischer und militärischer Macht und Einfluss der Religion auf diese nach 2)

    Folgendes sind die Hauptrisiken in abnehmender Gefährlichkeit:

    A CHRISTLICH-DIVERSE: USA, nichtsäkular, Christen im Weissen Haus, Neocons, Christian Zionists in Parlamenten und Wählerschaft
    B CHRISTLICH-ORTHODOX: Russland, der Politik unterworfene (sie legitimierende) Staatskirche
    C JÜDISCH: Regime von militanten Religiösen dominiert
    D ISLAMISCH: Pakistan, rivalisierende islamische Machtzentren darunter via ISI mit Terrorismus verbunden
    E HINDU: Mit säkularen Regierungen abwechselnde hinduistische.
    F (POST)CHRISTLICH: UK, F. Säkular
    G SAKULAR: China
    H DIVERSE: NICHT-ATOMMÄCHTE (aber siehe Pakistan)

    Verglichen mit den Judäo-Christichen (beliebte Selbstbezeichnung) Risiken A, B und C ist der Rest unbedeutend.
    Verglichen mit solchen Kalkulationen via Einfluss auf Eliten in Atommächten sind unkontextualisierte Textvergleiche von heiligen Schriften nutzlos.

    MfG
    Werner T. Meyer

  • am 3.02.2016 um 21:11 Uhr
    Permalink

    Die Bibel erfüllt hinsichtlich ihrer Authentizität nicht die Bedingungen des Korans, der sagt, dass die Juden ihre heilige Schrift verfälscht haben. Wie Maurice Bucaille feststellt, enthält der Koran – im Gegensatz zur Bibel – keine Aussage, die wissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht. Er hat die Fehler darin nicht übernommen. Nach der bibl. Schöpfungsgeschichte wurden die Pflanzen vor dem Licht erschaffen. Heute wissen wir, dass Pflanzen ohne Licht nicht existieren können. Der Koran gibt den Schöpfungsbericht so nicht wieder, sondern: „Sehen diejenigen, die den Glauben verweigern, denn nicht, dass die Himmel und die Erde eine zusammenhän¬gende Masse waren? Da haben Wir sie getrennt und aus dem Wasser alles Lebendige gemacht.“ [21, 30] Das kann man als Hinweis auf die Urknalltheorie verstehen. Wir wissen heute, dass alles irdische Leben nur mit Wasser möglich ist. Diese Dinge wussten die Menschen vor 1400 Jahren noch nicht. Woher sollte der Analphabet Muhammad dieses Wissen haben, wenn nicht durch göttliche Offenbarung?
    Für die Christen hat Gott sich in Jesus Christus geoffenbart, für die Muslime im Koran, dem Wort Gottes in arabischer Sprache. Man kann also den Koran nicht der Bibel gleichstellen. Von den Muslimen zu fordern, auf den Koran dieselben Maßstäbe anzuwenden wie auf die Bibel, ihn wie ein beliebiges Stück Literatur zu behandeln, wäre gleichbedeutend mit der Forderung an Christen, nicht an Jesus Christus als Gottessohn und Teil der Dreieinigkeit zu glauben.

  • am 4.02.2016 um 13:58 Uhr
    Permalink

    hallo (auch lieber…) Werner T. Meyer,

    Sie fassen sich «anders»… auf diese Art kommt man mit den «Andern» leider nicht ins Gespräch.

    Ihre Aufzählung hat schon eine gewisse Richtigkeit, zu Pt. 1:
    "1) Religion ist gefährlich via Wirkung über Politik und Militär» – dazu möchte ich ergänzen, dass Politik und Militär auch ohne Religion gefährlich sein kann. Auch die umgekehrte Ursachenkette ist Realität: Rüstungsindustrie, Rohstoffkonzerne bedienen sich eines religiösen Vokabulars um religiöse Motive vorzutäuschen und aufzuhetzten.
    War bsw die Invasion des Iraks religiös motiviert, nur weil sich die Agressoren selbst als «Christen» deklarieren? Der eine Verbrecher ein «wiedererweckter Christ» und der andere ein Konvertit.
    Die wirtschaftlichen Motive sind doch ziemlich klar!?
    Die Verknüpfung religiöser und weltlicher Macht mit gegeseitiger Rechtfertigung zählt wohl zu den grössten Fehlleistungen von Kirchenoberhäuptern. Heinrich XIII schüttelte das päpstliche Joch ab, um selbst noch viel schlimmere Verbrechen zu veranstalten. Was war das Motiv?
    Ob der Stalinismus mit seinen Verbrechen von der Orthodoxen Kirche primär geprägt war? Wenn ja, dann in der Umkehrung von einem Übel in das andere.
    "Heilige» Texte zu interpretieren finde ich eine Notwendigkeit, zur Interpretation gehört selbstverständlich die kritische Hinterfragung.

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