boustani

Der Libanese Jean Boustani ist Hauptangeklagter im New Yorker Korruptionsprozess © cartamz.com

Finanzskandal von Mosambik: Vor dem Geschworenenurteil in N.Y.

Thomas Kesselring /  Der Prozess gegen einen Hauptangeklagten ging jetzt nach sechs Wochen zu Ende. Manager der Credit Suisse sagten vor Gericht aus.

Red. Der Kreditskandal in Mosambik gilt als grösster Finanzskandal in Schwarzafrika der letzten Jahrzehnte. Die Credit Suisse ist in diesen Skandal mit einem Milliardenkredit involviert. In New York stand mit Jean Boustani einer der Haupttäter vor Gericht. Viele Einzelheiten aus diesem Prozess geben ein noch konkreteres Bild dieser Skandalgeschichte. Thomas Kesselring hat auf Infosperber bereits seit 2016 über den Fall informiert. Er unterrichtete jahrelang als Professor an einer Universität in Mosambik.
In einer ersten Auswertung des am 22. November zu Ende gegangenen Prozesses informiert Kesselring exklusiv über die Rolle der beiden genannten Banken. Bei einer zweiten Auswertung geht es dann um die Rolle des Schiffbaukonzerns Privinvest und die Korruption in Mosambik.

Sechswöchiger Prozess gegen Boustani, der als das Mastermind des Mosambik-Skandals gilt
Nachdem das New Yorker Gericht im Mai, Juli und September 2019 die drei angeklagten ehemaligen Investmentbanker der CS London vernommen hatte (das Urteil wird erst in ein paar Monaten verkündet), befasste sich ein Geschworenen-Gericht in New York vom 15. Oktober bis zum 22. November mit Jean Boustani, dem angeklagten Verkaufschef der libanesischen Schiffbaufirma Privinvest. Das Urteil steht noch aus, so dass die Unschuldsvermutung gilt.
Boustani wird die Rolle als Mastermind des Mosambik-Skandals zugeschrieben. Die Klage gegen ihn lautet auf wirtschaftlichen Betrug, Wertpapierbetrug, Bestechung von Regierungsbeamten und Geldwäsche. Er wurde am 2. Januar 2019 unterwegs zum Urlaub in der Dominikanische Republik auf einem New Yorker Flughafen festgenommen und sitzt seither in den USA in Untersuchungshaft. Der Boustani-Prozess hat beachtliche internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das Urteil der 15 Geschworenen wird Anfang Dezember erwartet.
Die drei angeklagten Ex-Banker der CS, Andrew Pearse, Detelina Subeva und Surjian Singh, erklärten sich allesamt zwecks Strafminderung dazu bereit, mit dem Gericht zu kooperieren und als Zeugen gegen Boustani aufzutreten. Es lag naturgemäss in ihrem Interesse, Boustani als Agent provocateur darzustellen und die eigene Rolle damit in ein günstigeres Licht zu rücken.
Während der Zeugenvernehmung und des tagelangen Verhörs von Boustani wurden fast täglich Neuigkeiten aus der Skandalgeschichte publik. Diese betreffen alle Hauptakteur-Gruppen: die Schweizer Grossbank Credit Suisse und die russische Staatsbank VTB, die libanesische Schiffbaugesellschaft Privinvest und die involvierten mosambikanischen Politiker samt Helfershelfern vor Ort.

Der Skandal in Kürze

Für ein Küstenschutz- und Fischereiprojekt wurden drei grosse Kredite ausgerichtet (PROINDICUS: 622 Mio, EMATUM: 850 Mio, MAM: 535 Mio). Jede Kredittranche wurde, kaum hatte sie die Bank bewilligt, sofort an eine Schiffbau-Firma namens Privinvest mit Sitz in Beirut und Abu Dhabi ausbezahlt, aber drei halbstaatlichen Firmen in Mosambik verrechnet: Der Finanzminister liess sich mittels happigen Schmiergeldern dazu verleiten, für diese Kredite unter Umgehung des Parlaments eine Staatsgarantie auszustellen. Die Zahlungen wurden nicht gestaffelt ausbezahlt und nie von der Einhaltung bestimmter Liefervereinbarungen abhängig gemacht. Der Bau der Schiffe wurde nicht ausgeschrieben, denn das ganze Prozedere war auf die Businesspläne der Firma Privinvest ausgerichtet, die auch den Deal eingefädelt hatte. Die Credit Suisse London war darüber informiert, dass dem Firmenchef, Iskandar Safa, der Ruf eines Schmiergelder-Barons («Masters of Kickbacks») anhaftete. Am 19. Dezember 2018 veröffentlichte ein New Yorker Gericht eine Klageschrift gegen drei CS-Banker (nicht gegen die Bank selber), zwei führende Angestellte der Firma Privinvest und gegen drei Mosambikaner. Iskandar Safa bestreitet die Vorwürfe gegen ihn.

Neues zur Beteiligung der Credit Suisse

  1. Drei weitere Banker sollen Schmiergelder erhalten haben, zwei bei der Credit Suisse, einer bei der Bank VTB.
  2. Die Rolle der CS bei der Umstrukturierung des Ematum-Kredits im März 2016 geriet in den Fokus. Die CS hatte geholfen, den Proindicus- und MAM-Kredit geheimzuhalten.
  3. Erstmals kommen Ungereimtheiten bei Bank VTB ans Licht.

Der angeklagte CS-Banker Andrew Pearse sagt als Zeuge aus

Andrew Pearse, der wichtigste unter den drei angeklagten CS-Bankern, nannte in seinem ersten Auftritt zwei weitere ehemalige CS-Kollegen namens Said Freiha und Adel Afiouni, die ebenfalls in den Genuss eines «Multimillion-Dollar-Profits» gekommen seien1 Said Freiha hatte Boustani Anfang 2012 den Kontakt zur Credit Suisse vermittelt (Gerichtsprotokoll S. 42642 Ein gewisser Chris Chapman hat zwar unter einen der Kreditverträge (die ProIndicus-Kredit-Erhöhung) seine Unterschrift gesetzt (S.1921), steht aber nicht im Verdacht, Schmiergelder entgegengenommen zu haben.

Zu seinem Handlungsmotiv führte Pearse aus: «Ich habe mit dem Angeklagten [Jean Boustani] und seinem Chef, Iskandar Safa, vereinbart, 2,5 Prozent des Betrags zu erhalten, um den wir den Proindicus-Kredit über die ursprünglichen 372 Mio. Dollar hinaus erhöhen».3 In seinem Schuldbekenntnis vom Juli 2019 hatte er das Schmiergeld-Motiv anders erklärt: Boustani habe die Höhe der Belohnung davon abhängig gemacht, wie weit die Bank die Kommissionen für die Kredite senke. Die stattliche Summe, die Pearse eingesackt hat – 45 Millionen bzw., nach einer Quelle, die sich auf seine eigene Aussage stützt, sogar 49 Millionen4 – spricht dafür, dass beides zutrifft. Allein für die Ermässigung der Bankgebühren beim allerersten Kredit für ProIndicus hat Pearse 5,5 Millionen kassiert und für seine Mitwirkung beim Ematum-Kredit weitere 24 Millionen5 (was übrigens 4 Millionen mehr sind als die vereinbarten 2,5 Prozent der Brutto-Kreditsumme). Die lange Suche nach Gläubigern, so Pearse, habe begonnen, nachdem Boustani ihn aufgefordert hatte, die Kreditsumme zu maximieren. Im Sommer 2013 verliess Pearse die Credit Suisse und stellte sich in den Dienst der Firma Privinvest. Den Ausführungen Boustanis war zu entnehmen, dass Pearse in Zürich von einem gewissen Markus Kroll (der auch an der Wirtschaftshochschule St.Gallen lehrte) die Firma Palomar kaufte (4409, 4415) und sie Palomar Capital Advisors taufte. Sie gehörte zu zwei Dritteln Privinvest und galt deshalb als Firma der Vereinigten Arabischen Emirate. Zum dritten Drittel gehörte sie Pearse (4427/8). Pearse fungierte zugleich als Chef, seine Geliebte, Detelina Subeva, war Angestellte. Die Zürcher Firma sollte wie eine Bank Finanztransaktionen von Privinvest durchführen, aber auch neue Geschäftszweige für Privinvest erschliessen – unter anderem Handel mit Immobilien, Erschliessung von Öl- und Gasfeldern in Mosambik. Pearse hatte auch einen erheblichen Teil seiner Privinvest-Millionen in Konzessionen zur Öl- und Gas-Ausbeutung in Polen und New-Mexiko sowie in eine südafrikanische Immobilienfirma investiert.6 Pearse arbeitete dabei eng mit Boustani zusammen, der den Plan hegte, einen Souvereign Wealth Funds für Mosambik zu gründen und zu verwalten (S. 4413). Pearse bzw. seine Firma Palomar erhielt vom mosambikanischen Finanzministerium, laut dem Audit-Bericht der Firma Kroll, noch einmal 30,5 Millionen Dollar7. Markus Kroll war weiterhin Mitglied des Board of Directors einer Zürcher Firma mit Namen Palomar – genauer Palomar Corporate Finance – bis Juli 2016.8 Die Firma Palomar Capital Advisors wurde im November 2016 aufgelöst. Pearse muss alle seine illegalen Einkünfte zurückgeben.
Die Motive für den Mosambik-Deal sind damit sonnenklar: Selbstbereicherung gewisser CS-Banker, Privinvest-Funktionäre und hoher Chargen der mosambikanischen Regierungspartei Frelimo. In Zusammenarbeit mit Detelina Subeva und Surjan Singh gelang es Pearse, den ursprünglichen Kredit von 372 Millionen mehr als zu verfünffachen – auf 2007 Millionen.
Der Basis-Kredit von 372 Millionen für Proindicus wurde Ende Februar 2013 vertraglich vereinbart, kurz darauf an Privinvest ausbezahlt und bereits drei Monate später um 132 Millionen erhöht. Weitere drei Monate später bewilligte die CS den Ematum-Kredit von vorerst 500 Millionen Dollar, für dessen Verwendung die Banker den Mosambikanern den Aufbau einer Thunfisch-Fangflotte vorsahen. Sie taten dies, wie Boustani berichtete, auf Wunsch von Präsident Guebuza, der zudem den Gedanken geäussert haben soll, mit Hilfe von Privinvest eine eigene Schiffbauindustrie zu begründen (4432, 4446). Der Fischereiflotten-Kredit wurde Anfang September 2013 an Privinvest ausbezahlt und kurz darauf von der russischen Staatsbank VTB um 350 Millionen Dollar aufgestockt. Im November erhöhte VTB auch den ProIndicus-Kredit, und zwar um 118 Millionen Dollar, und im April 2014 schob sie einen dritten Kredit nach, den MAM-Kredit in der Höhe von 532 Millionen Dollar, an die die Portugiesische Handelsbank BCP cirka 100 Millionen beisteuerte (1971/72). Mit dem Verwendungszweck – Bau von Schiffswerften – wurde eine Idee von Präsident Guebuza aufgegriffen.
Mindestens 200 Millionen der gesamten Kredite wurden in Kickback- und Schmiergelder investiert, auf 713 Millionen schätzt die Audit-Firma Kroll die Überhöhung der Preise, die Privinvest für die gelieferten Schiffe verrechnete. Pikanterweise war schon der Ausgangskredit von 372 Millionen Dollar praktisch um hundert Prozent überhöht, wie eine Vergleichstabelle zu den tatsächlichen und den veranschlagten Kosten für Schiffe und Radarzubehör zeigt.9 Von weiteren 500 Millionen ist die Verwendung noch immer unbekannt. Das mosambikanische Centro de Integridade Pública vermutet, dass sie in Waffen investiert wurden – eine Befürchtung, die schon im Oktober 2013 in den mosambikanischen Medien kursierte und nie wirklich widerlegt wurde. Noch liegt also einiges im Dunkeln.
Der angeklagte CS-Banker Surjan Singh sagt als Zeuge aus

Ausführliche Zeugenaussagen machte auch der angeklagte Investment-Banker Surjam Singh, der in der CS London bis Februar 2017 die Funktion eines Managing Director und Head of the Global Finance Group innehatte und Andrew Pearse unterstellt war. Auf der Anklagebank gab Singh im vergangenen September zu, 5,7 Millionen Dollar an Schmiergeldern von Boustani erhalten zu haben. Das ist bedeutend mehr als die 4,5 Millionen, die die New Yorker Anklageschrift vom Dezember 2018, Art. 93, nennt. Im Zeugenstand führte er am 6.November aus, diesen Betrag in sieben Teilzahlungen zwischen dem 18. September 2013 und dem 01. März 2014 auf ein Konto in Abu Dhabi ausbezahlt bekommen zu haben. Um das Geld dort in Empfang zu nehmen, habe er von Boustani einen Angestellten-Ausweis der Firma Privinvest, eine gefälschte Adresse und einen Pass erhalten.10

Singh versprach daraufhin, die Erhöhung dieses Kredits um 250 Millionen Dollar zu organisieren. Das gelang jedoch nicht ohne Schwierigkeiten und Zwistigkeiten mit Boustani. Die Euphorie sei zwar gross gewesen, als auch der Ematum-Kredit auf den Weg gebracht war, führte Singh weiter aus. Boustani habe ihn umarmt und ihn «Bruder» genannt. Anschliessend sei es aber zu einem Zerwürfnis mit ihm gekommen: Als die CS weitere Auszahlungen stoppte, weil Mosambik den ersten Kredit nicht bedienen konnte, habe Boustani Singh unter Druck gesetzt und ihm gedroht, die 5,7 Millionen zurückzufordern oder ihn bei der Credit Suisse als Schmiergeld-Empfänger zu verpfeifen. Pearse habe Singh damals vor Boustani und seiner Umgebung gewarnt, «diese Leute» seien gefährlich («These are not good people»).11

Nach dieser Version scheint es bei der Auseinandersetzung mit Boustani um die versprochene Erhöhung des ProIndicus-Kredits gegangen zu sein. Ende März 2013 war bankintern die Krediterhöhung um 250 Millionen Dollar angekündigt worden, und Mitte Juni 2013 unterschrieb Finanzminister Chang dafür die Staatsgarantie. Die CS bewilligte davon aber vorerst nur 100 Millionen, die sie am 25. Juni auszahlte (Anklageschrift, Art.52-55). Weitere 32 Millionen schoss sie ein paar Wochen später nach, aber um die angekündigten 250 Millionen zu erreichen, fehlten noch immer 118 Millionen. Diese wurden erst im November 2013 organisiert, und zwar von der russischen Bank VTB. Die CS konnte – oder wollte – zu diesem Zeitpunkt kein weiteres Kapital mehr auftreiben, Pearse und Subeva hatten inzwischen die Bank verlassen. Jedenfalls begannen die Auszahlungen an Singh, nachdem die letzte Kredittranche der CS (500 Millionen für Ematum) bei Privinvest eingetroffen und die Ematum-Kredit-Erhöhung durch die russische Staatsbank VTB bereits in der Pipeline war. Kurz bevor VTB die 535 Millionen des MAM-Kredits und damit den letzten Teil der Gesamtsumme von 2007 Millionen Dollar überwies, erhielt Singh den letzten Teil der 5,7 Millionen.
Boustanis Narrativ über den Zwist mit Singh lautete etwas anders. Als Motiv für die Millionenzahlung an Singh nannte er Singhs Versprechen, bei der CS ebenfalls zu kündigen und zu Palomar überzuwechseln, was Singh dann jedoch nicht tat. Boustanis Rückforderung habe auch die 19‘000 Dollar für die Erteilung einer Wohnsitzerlaubnis in Abu Dhabi eingeschlossen (4479). Anscheinend hat Singh aber nichts zurückbezahlt. Dafür verlangt jetzt der Ankläger die Rückgabe der erhaltenen Millionen.

Aussagen von Surjian Singh im Zeugenstand gegen Boustani (5.-7-November 2019)

«Beim Due Diligence-Verfahren im Hinblick auf Privinvest und seinen Eigentümer Iskandar Safa stellte sich heraus, dass aufgrund der Beteiligung von Safa an der Geiselkrise im Libanon Reputationsrisiken bestanden …», sagte Singh mit Bezug auf den ersten Due Diligence-Prozess in der CS London, März 2013 [vgl. Anklageschrift Ziff. 41]. Und weiter:
«Im März 2013 erfuhr ich, dass Privinvest meinem Chef Andrew Pearse illegale Provisionen zahlen würde. Das war kurz nach Unterzeichnung des Kreditvertrags mit ProIndicus, aber bevor die Auszahlungen ausgeführt wurden. Ich hätte das dem Chef meines Chefs und dem Anti-Bestechungs-Komitee melden müssen … »

«Nach meiner Erfahrung hätte der Kreditbetrag nicht in einer Einzeltransaktion [an Firma Privinvest] ausgezahlt werden dürfen. Er hätte schrittweise ausgezahlt werden müssen, je nachdem, ob der Fortschritt der Projekte vor Ort positiv bewertet wurde, um das Risiko eines Zahlungsausfalls zu vermeiden.»

Singh zitierte des Weiteren aus einer Email vom 9.Oktober 2012, in der Jean Boustani Anweisungen an seinen mosambikanischen Gewährsmann, Teófilo Nhangumele, gab, wie der Finanzminister vorgehen solle, um den Kredit mit einer Staatsgaratie abzusichern, ohne die gesetzlichen Auflagen dazu zu erfüllen. In dieser Email steht u.a.:
«Ich hoffe, Bruder, dass der Finanzminister kein neues Spiel anfängt. Die Antwort der Credit Suisse und jeder Bank war klar: Sie brauchen ein Ministerium und können keine Kredite an ein halbstaatliches Unternehmen vergeben. Nochmals: Eine staatliche Garantie muss vom Parlament gutgeheissen und vom Zentralbankgouverneur plus dem Staatsoberhaupt unterzeichnet werden. Aber das ist eine zeitraubende Übung. Bruder, sag ihm [dem Finanzminister], die Credit Suisse wolle die Angelegenheit nicht verkomplizieren, sie wolle nur eine sehr milde Garantie der mosambikanischen Regierung, die bloss vom Finanzminister unterzeichnet wird. Wir müssen dieses Ding so bald wie möglich unterschreiben, Bruder, um das Projekt abzuschliessen.»

Ein kleines Detail verdient besondere Beachtung. Singh sagte aus, der ProIndicus-Kredit, der ursprünglich auf 350 Millionen Dollar begrenzt war, habe schon früh auf 372 Millionen aufgerundet werden müssen, und zwar wegen der Bankgebühren12. Das lässt darauf schliessen, dass diese für den ursprünglichen Kredit (ohne spätere Aufstockungen) 22 Millionen betragen haben. Die CS wird nicht müde zu versichern, ihre Kommissionen für sämtliche Kredite hätten 23 Millionen nicht überschritten. Auch der Bericht des Kroll-Audits (S.14) beziffert die Gebühren für den ProIndicus-Kredit tatsächlich auf 10,1 Millionen und die für den Ematum-Kredit auf 13,7 Millionen. Daraus lässt sich schliessen, dass es Pearse gelungen ist, die Bankgebühren für ProIndicus von ursprünglich 22 auf 10 Millionen herunterzudrücken, um dafür nach eigener Aussage13 mit 5,5 Millionen Dollar belohnt zu werden.14 Die New Yorker Anklageschrift, Art. 51, beziffert die banking fees der CS allerdings allein schon für die 372 ProIndicus-Millionen auf 44 Millionen. Gemäss Kroll-Bericht kamen noch sogenannte Contractor Fees (für die Organisation von Gläubigern und Preisabschläge) von 64,4 Millionen für ProIndicus und von 76,5 Millionen für Ematum hinzu, zusammen also 141 Millionen.
Welche Rolle hat die Credit Suisse bei der Umstrukturierung des Ematum-Kredits gespielt?

Die Vernehmung von Boustani und Zeugen wirft eine bisher noch kaum gestellte Frage zur Rolle der CS auf: Was war ihr Part bei der Restrukturierung des Ematum-Kredits vom März 2016? Diese Restrukturierung wurde, Boustani zufolge, von ihm selbst und Pearse‘ Firma Palomar wegen Mosambiks Zahlungsunfähigkeit angestrengt, und die Gläubiger stimmten zu, weil sie noch nichts von den geheimen Krediten Proindicus und MAM wussten. Weshalb spielte die CS, die den Proindicus-Kredit eingefädelt hatte, dieses Versteckspiel mit (dazu Protokoll 4568)?

Neues zur Beteiligung der russischen Bank VTB

Erstmals erfuhr die Öffentlichkeit wesentliche Einzelheiten zur Beteiligung der russischen Staatsbank VTB. Cicely Leemhuis, stellvertretende Direktorin der VTB-Rechtsabteilung in London, die den MAM-Kreditvertrag mitunterschrieben hat, sagte am 30.Oktober im Zeugenstand aus, ihre Bank habe nichts von den Schmiergeldern gewusst und hätte sich andernfalls geweigert, in die Kreditgeschäfte einzusteigen.15

Pearse behauptete am 16. Oktober, von Boustani erfahren zu haben, dass ein VTB-Angestellter, Makram Abboud, mit 2 Millionen Dollar geschmiert worden sei. Die Bank VTB bestritt dies umgehend und schimpfte Pearse einen «verurteilten Lügner»16. Dennoch: Makram Abboud war der Investmentbanker, der (zusammen mit Cicily Leemhuis) seine Unterschrift unter den MAM-Kreditvertrag setzte, und die Frage des Gerichts, ob VTB die Mosambik-Kredite auch bereitgestellt hätte, wenn Makram Abboud sich nicht so vehement für sie eingesetzt hätte, verneinte Leemhuis. Ob er geschmiert worden sei oder nicht, wisse sie nicht (1954/55).
Als VTB die letzte Erhöhung des ProIndicus-Kredits (118 Millionen Dollar) übernahm, im November 2013, zahlte sie den Betrag, abzüglich Spesen, an die CS, die als «Facility Agent» (Ansprechpartner für einen Konsortialkredit) fungierte, und die CS überwies ihn weiter an Privinvest. Beim MAM-Kredit fungierte die VTB als «Facility Agent», doch Firma Palomar Capital Advisors, mit Sitz in Zürich und Andrew Pearse sowie Detelina Subeva als den Verantwortlichen, war an der Organisation des Kredits beteiligt. Ein Richter rief der VTB-Juristin in Erinnerung, dass es sich um dieselben Personen handelte, die das eine Mal für die CS, das andere Mal für Palomar unterschrieben hätten, und dass der Wortlaut beim ProIndicus- und beim MAM-Kreditvertrag in wesentlichen Punkten fast identisch sei. Der Richter verkniff sich die Bemerkung, dass ihr diese Einzelheiten doch eigentlich hätten auffallen müssen (1944/45).
Abschliessend erklärte die VTB-Juristin dem Gericht, ihre Bank habe nicht gegen Mosambik geklagt, weil sie darauf hoffe, das Land werde den MAM-Kredit samt Zinsen zurückzahlen.
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Fortsetzung folgt:
Die Rolle des Schiffbaukonzerns Privinvest und die Korruption in Mosambik
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FUSSNOTEN
1Ocnus Net, 18.10.19: http://www.ocnus.net/artman2/publish/Business_1/Ex-Credit-Suisse-banker-hid-US-45M-names-four-others-in-Mozambican-scandal.html
2Vierstellige Ziffern verweisen auf die Seitenzahlen des Prozessprotokolls zum Fall Boustani. Es ist im Internet nur zum Teil zugänglich, z.B. http://www.open.ac.uk/technology/mozambique/sites/www.open.ac.uk.technology.mozambique/files/files/Pearse%20formal%20confession.pdf
3Centro de Integridade Pública (CIP), 6.11.2019: https://cipmoz.org/wp-content/uploads/2019/11/COMO-SURGIRAM-AS-DI%CC%81VIDAS-OCULTAS.pdf
4Centro de Integridade Pública (CIP), 08.11.19: https://cipmoz.org/wp-content/uploads/2019/11/corrupc%CC%A7a%CC%83o-favoreceu-a-contrac%CC%A7a%CC%83o-das-di%CC%81vidas.pdf
5Law360, 17.10.19: https://www.law360.com/articles/1210810?scroll=1&related=1
6CIP, 13.11.19: https://cipmoz.org/wp-content/uploads/2019/11/explorac%CC%A7a%CC%83o-de-petro%CC%81leo-com-dinheiro-das-di%CC%81vidas-ocultas-.pdf
7Redacted Kroll-Report, S.52: https://clubofmozambique.com/wp-content/uploads/2017/08/Independent_Audit_Executive_Summary_English_REDACTED_FOR_PUBLISHING.pdf
8https://www.linkedin.com/in/markuskroll-switzerland/?originalSubdomain=che
9CIP, 29.10.19, Anhang, S.11: https://cipmoz.org/wp-content/uploads/2019/10/di%CC%81vidas-ocultas-.pdf
10Centro de Integridade Pública (CIP), 7.11.2019 : https://cipmoz.org/wp-content/uploads/2019/11/ex-director-do-Credit-Suisse-confessa-que-recebeu-subornos-1.pdf
11Agentur Bloomberg, 7.11.19: https://news.yahoo.com/ex-banker-bromance-soured-got-050000317.html
12Centro de Integridade Pública (CIP). 7.11.19: https://cipmoz.org/wp-content/uploads/2019/11/ex-director-do-Credit-Suisse-confessa-que-recebeu-subornos-1.pdf
13Laut Law360, 17.10.19: https://www.law360.com/articles/1210810?scroll=1&related=1
14Dass sich die Dinge wirklich so abgespielt haben, bestätigte Boustani in seiner Rede vor Gericht am 19.11.19. Vgl Law360, 19.11.19: https://www.law360.com/articles/1221658/boustani-denies-bribes-says-he-tangoed-with-mozambicans
15CIP, 30.10.19: https://cipmoz.org/wp-content/uploads/2019/10/Governo-de-Moc%CC%A7ambique.pdf
16The Star online, 18.10.19: https://www.thestar.com.my/business/business-news/2019/10/18/ex-credit-suisse-banker-says-secret-affair-helped-fuel-us45m-fraud


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Flagge_Mosambik

Credit Suisse im Mosambik-Skandal

Mit einer russischen Bank hat die CS zwei Milliarden Kredit gesprochen – ohne geforderte Sorgfaltspflicht.

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