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Urs Rohner: Seit sieben Jahren Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse © cc

CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner ist in der Bre­douil­le

Lukas Hässig /  Die US-Konkurrenten ziehen davon. Die Aktie der Credit Suisse stürzt ab. Doch noch schauen alle zu.

Red. Dieser Artikel des Journalisten Lukas Hässig erschien auf Inside Paradeplatz.

Urs Rohner hat während der sieben Jahre seiner CS-Präsidentschaft einen Kurssturz von 70 Prozent zu verantworten. Der Leitindex SMI stieg in der gleichen Periode um fast 40 Prozent. Die Credit Suisse macht einen desorientierten Eindruck. Niemand erkennt, wohin es gehen soll.
Am nächsten Mittwoch, 12. Dezember, wird die Spitze der CS jubilieren. In London wird sie sich an der grossen Investoren-Show über den grünen Klee loben: Die Kosten massiv gekürzt, Neugelder durchs Dach, fast alle Lampen auf Grün.

Die Botschaft will nicht ankommen. Am 7. Dezember verlor die CS-Aktie 5 Prozent, während der Index nur um 3 Prozent sank. Der CS-Titel liegt jetzt bei genau 11 Franken. Panik macht sich breit. Was tun? Die Frage geht um. Und sie richtet sich mit Wucht gegen einen Mann: Urs Rohner, Schweizer Anwalt und Präsident der Credit Suisse seit 2011.

Der Wahnsinns-Crash passierte in Zeiten, in denen die US-Banken durch die Decke schossen, französische Grossbanken stolze Gewinne ausweisen und in England einige Institute sich erholt haben.

Einzig die Deutsche Bank steht noch schlechter da als die CS. Dort gab es in letzter Zeit mehrere CEO-Wechsel.

Bei der CS versuchte Urs Rohner sein Glück mit Tidjane Thiam als Vorsitzendem der Geschäftsleitung. Der Versicherungsmann, der meinte, er verstehe vom Investmentbanking jede Schraube, entpuppt sich als Fehlgriff: Fast nur Kosten-Abbau bei gleichzeitigem Compliance-Aufbau, fast keine neuen Erträge: Unter Thiam ist die CS in eine Abwärts-Spirale geraten.

Doch Thiam kann sagen, dass die Misere auf die Zeit seines Vorgängers zurückzuführen sei. Der heisst Brady Dougan, ein Amerikaner, der längst über alle Ozeane ist und seine 150 Millionen aus CS-Zeiten geniesst.

Wer also muss nun die Verantwortung für das Debakel mit dem CS-Aktienkurs tragen? Es bleibt nach menschlichem Ermessen nur Urs Rohner. Seine Leistungsbilanz liest sich wie ein Drehbuch zum Abbruch. 2011 zieht Rohner bei der Clariden Leu den Stecker. Verluste und Asset-Abflüsse in Milliardenhöhe sind die Folgen.

2012 verdonnert die Nationalbank Rohner zur Not-Infusion: Dessen CS muss ultimativ 15 Millarden Kapital heranschaufeln. Wie? Easy. Rohner verscherbelt das CS-Tafelsilber: Trading-Sitz im Üetlihof, Prachtsbau Metropole an der Börsenstrasse, alter Volksbank- und ehemaliger Bank Leu-Hauptsitz, beide an der Zürcher Nobel-Bahnhofstrasse, Grieder-Haus am Paradeplatz: Alles weg.

Weiter im Takt: 2014 zahlt Rohner 2,6 Milliarden Dollar US-Strafe, weil sich die CS in Übersee kriminell betätigte. Rohner hängt sich eine «weisse Weste» um. 2016 folgen Verluste im Trading und weitere Bussen und Strafen in den USA. Der Aktienkurs gerät ins Rutschen. Einziges Rezept: Sparen bis zum Umfallen.

Nun ist die CS verwüstet. Ihre Systeme sind uralt. Die Änderung einer Zeile des Programmiercodes braucht mehrere Wochen. Das Kommando haben die Compliance-Kontrolleure im Backoffice übernommen. Die Front steht still.

Rohner aber sitzt weiter auf dem Stuhl. Der ehemalige Spitzen-Hürdenläufer beweist damit Ausdauer. Für ihn geht die Rechnung auch auf: Jedes Jahr erhält er 4 Millionen, davon 3 in hartem Cash. Also will Rohner bleiben, solange es geht. Für die Bank und ihre 45’000 Mitarbeiter, wovon 17’000 in der Schweiz, verspricht das wenig Gutes.

Rohner scheint nämlich nicht zu wissen, was eine Bank ausmacht. Das sagt nicht irgendwer, sondern er selbst. An einem Ringier-TV-Anlass meinte Rohner, er habe kürzlich diese Frage seinen Kollegen im Verwaltungsrat gestellt. Das habe zunächst für Verwunderung gesorgt. Doch dies sei gar nicht so trivial.
Worauf die Ringier-Moderatorin von Urs Rohner wissen wollte, was es denn sei, das seine Bank auszeichne. Dies nun schien Rohner auf dem linken Fuss zu erwischen. Von seiner Antwort blieb jedenfalls nicht viel haften.

Vielleicht ist das ja das Problem der CS. An ihrer Spitze steht ein Anwalt, der sich nicht im Klaren ist, was eine Bank anbieten muss. Dieser holt einen Versicherer, der meint, er wisse alles besser. Dieser wiederum beauftragt McKinsey, um aufzuzeigen, was die CS tun soll.

Während dieser Zeit ziehen US-Konkurrenten davon. Die CS-Aktie kracht. Und noch schauen alle zu.

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Keine. Lukas Hässig ist Redaktor und Herausgeber von «Inside Paradeplatz».

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