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Der angeklagte Wikileaks-Informant Bradley Manning © pd

Wikileaks-Verdächtigter: Probe für US-Rechtsstaat

Red. /  Der vermutliche Wikileaks-Informant Bradley Manning wird im Gefängnis nackt gedemütigt. Sein Anwalt erhebt schwere Vorwürfe.

In seinem Blog empörte sich Mannings Anwalt David Coomb am Wochenende darüber, dass der Kongressabgeordnete Dennis Kucinich und Juan Mendez, Uno-Berichterstatter über Folter, den mutmasslichen Wikileaks-Informanten nicht ohne Abhören besuchen dürfen. Sie können nur unter laufenden Videokameras mit Manning sprechen. Schon im März hatte Coomb eine Beschwerde gegen die Haftbedingungen des 23-Jährigen eingereicht. Bradley Manning wird beschuldigt, Hunderttausende Dokumente des US-Militärs und diplomatische Depeschen Wikileaks zugespielt zu haben.

«Sieben Stunden nackt in der Zelle

Der angebliche Wikileaks-Informant und US-Soldat soll im Militärgefängnis misshandelt worden sein. Das jedenfalls sagt sein Anwalt. Man habe Manning «ohne Erklärung» die Kleider weggenommen, so dass er nachts sieben Stunden lang nackt in seiner Zelle ausharren musste. «Es ist eine Blamage für unser militärisches Justizsystem», schreibt Coombs in seinem Blog. Manning sei dieselbe Behandlung dann erneut angedroht worden.
Manning musste ohne Kleidung schlafen, auch die «Morgenparade», das Antreten vor dem Wachpersonal, hatte einige Monate lang nackt zu erfolgen, berichtet der Stern: «Seine U-Haft ist die reinste Folter». Der Stern hat die Informationen von einem Freund Mannings, der diesen regelmässig im Gefängnis besucht.
Mannings Anwalt kritisiert, dass sein Klient völlig unnötig unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und besonderer Überwachung stehe. Zum Verhindern von Selbstverletzungen werde er alle fünf Minuten kontrolliert.

Seit zehn Monaten ohne Prozess in Untersuchungshaft

Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, hat Manning als «beispiellosen Helden» bezeichnet – falls die Verdächtigungen gegen ihn denn wahr seien. Wikileaks gibt die Namen seiner Informanten nicht preis: Assange hat nie bestätigt, dass Manning der Informant ist. Assange kritisierte in einem Interview mit dem britischen Sender ITV News, dass Manning nun seit zehn Monaten ohne Prozess in einem Militärgefängnis im US-Bundesstaat Virginia sitze, berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Das US-Militär hatte die Anklageschrift gegen Manning nachträglich erweitert. Am schwersten wiegt der Vorwurf der «Unterstützung des Feindes», wofür die Todesstrafe verhängt werden kann. Die Militär-Staatsanwaltschaft will mindestens lebenslange Haft für Manning fordern.

Haftbedingungen «verfassungswidrig»

Amnesty International hat vom Verteidigungsminister Robert Gates in einem Brief verlangt, die harschen Haftbedingungen sofort zu beenden. Selbst die mächtige Anwaltsvereinigung ACLU hat die Haftbedingungen als verfassungswidrig bezeichnet.
Auch amerikanische Psychiaterverbände beanstanden die Haftbedingungen. Überall finden Protestkundgebungen statt, ein Unterstützernetzwerk sammelt Geld für Mannings Verteidigung, Filmemacher Michael Moore gehört dazu und Daniel Eilsberg, der einst die Unterlagen für die Pentagon Papers zum Vietnamkrieg den Medien zuspielte.

«Lächerlich, kontraproduktiv und dumm»

Nach seiner Kritik der Haftbedingungen Mannings musste der Sprecher des amerikanischen Aussenministeriums, Philip Crowley, Mitte März zurücktreten. Crowley hatte Mannings Behandlung als «lächerlich, kontraproduktiv und dumm» bezeichnet und diese Einschätzung nach seiner Entlassung wiederholt.


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