GDELS-Mowag-Produkte

Fahrzeuge des Thurgauer Rüstungsunternehmens Mowag. Sein Mutterkonzern General Dynamics erhielt 2024 Exportbewilligungen im Umfang von über 500 Millionen Franken. © cc-by-sa-4 Joachim Kohler

Rüstungsexporte: Teure und umkämpfte Transparenz

Lorenz Naegeli /  Trotz eines Bundesgerichtsurteils versuchen Unternehmen weiterhin, Rüstungsexporte zu verheimlichen.

psi. Dieser Gastbeitrag erschien zuerst auf der Website des Vereins öffentlichkeitsgesetz.ch.

Im März 2019 entschied das Bundesgericht, dass die Schweizer Behörden der Wochenzeitung WOZ eine Übersicht über die Bewilligungen für Rüstungsgüter herausgeben muss, inklusive Firmennamen. Es bestätigte damit frühere Urteile – das Ende eines jahrelangen Kampfes um Transparenz.

Ein Transparenzportal für alle

Der erkämpfte Aktenzugang war der Beginn einer bis heute anhaltenden Berichterstattung. Seither veröffentlicht die WOZ auf dem Portal www.rüstungsreport.ch jährlich alle erteilten Exportbewilligungen für Rüstungsgüter. Dies erlaubt einen Blick auf das Geschäft mit Krieg, Aufrüstung und Überwachung: Der Rüstungsreport führt eine durchsuchbare Datenbank mit Namen, Adressen und Hintergründen jener rund 150 Schweizer Firmen, die Waffen, weitere militärische Güter und Überwachungstechnologie exportieren. Hinzu kommen Recherchen zu einzelnen Geschäften.

Die Rohdaten, welche das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) jedes Jahr aufgrund von Anfragen nach dem Öffentlichkeitsgesetz liefert, stehen der Öffentlichkeit zur freien Verwendung zur Verfügung. Doch diese Transparenz kostet: Über 12’000 Franken hat die WOZ bisher für Gebühren und Gerichtskosten ausgegeben. Auch in diesem Jahr fielen 1’000 Franken Gebühren an.

Anhaltender Druck: Firma geht vor Gericht

Die erkämpfte Transparenz ist umstritten. Anfang 2024 führten neue Anfragen beim Seco zu einer überraschenden Entwicklung. Mehrere Unternehmen wehrten sich und verlangten Schlichtungen vor dem Eidgenössischen Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) – wegen verlangten Zusatzinformationen. Das Vorhaben hatte keinen Erfolg: Der EDÖB hielt an früheren Empfehlungen fest und bewahrte damit die erkämpfte Transparenz.

Dennoch hatte der Vorstoss Folgen. Er verzögerte die Herausgabe der Daten. Deswegen erschien der Rüstungsreport im September 2024 unvollständig: Die Kategorie Kriegsmaterial – die mit Abstand wichtigste aller Kategorien – blieb ohne Update. Die Aktualisierung vom 18. September 2025 schliesst diese Lücke nun. Ausser bei einer Firma im Bereich der Internet- und Mobilfunküberwachung: Sie wehrt sich gegen die Herausgabe ihres Namens und zieht erneut vor Gericht. Damit schafft sie nicht nur viel Aufwand für Behörden und Unternehmen, sondern verwehrt der Öffentlichkeit auch relevante Informationen. Das Urteil ist ausstehend.

Kontrollfunktion des Öffentlichkeitsgesetzes

Der Rüstungsreport ist ein wichtiges Aufklärungs-Tool in kriegerischen Zeiten. Er durchleuchtet eine Branche, die lautstark Lockerungen der geltenden Exportregelungen fordert. Der Blick in die Vergangenheit macht deutlich, dass die Akteure ihren Spielraum ausschöpfen. Eine WOZ-Recherche vom 18. September 2025 belegt, wie Politik und Rüstungslobby 2016 gemeinsam Exportbeschränkungen nach Russland lockerten. So konnten über Jahre Schweizer Dual-Use-Werkzeugmaschinen nach Russland exportiert werden – und Putins Kriegsmaschinerie stärken.

Ein erstmals verfügbarer Datensatz, den die WOZ über das Öffentlichkeitsgesetz erhielt, zeigt das Ausmass: Schweizer Firmen lieferten Werkzeugmaschinen im Wert von über 100 Millionen Franken an russische Mischbetriebe mit militärischem Standbein. Er enthält Hersteller, Produkte, Exportbeträge und Endempfänger.

Die WOZ veröffentlicht neben der Geschichte auch den gesamten Datensatz der Exportunterlagen – möglich dank des Urteils von 2019.

Solche Recherchen sind wichtiger denn je.

Sie zeigen, wie zentral das Öffentlichkeitsgesetz als Kontrollinstrument ist – besonders im Rüstungsbereich, wo Milliarden an Steuergeldern fliessen und menschenrechtlich heikle Fragen im Raum stehen. Akteneinsicht ist zentral für politische Debatten in der direkten Demokratie – und steht unter Druck, wie der Streit um den Rüstungsreport zeigt.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Lorenz Naegeli ist Journalist beim WAV-Recherchekollektiv und Mitautor des Restüngsreports.
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.

Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:



_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden

Eine Meinung zu

  • am 6.10.2025 um 13:05 Uhr
    Permalink

    Obwohl hier die WOZ für eine wichtige Transparenz kämpft,zeigt dieser Artikel exemplarisch, dass die Linke sich in der Frage der Friedenssicherung auf ein gefährliches Parkett begeben haben in letzter Vergangenheit. Im Artikel sind ausschließlich Ausgaben mokiert, die mit Russland in Verbindung stehen. Sprich die Linke finder Aufrüstung unterdessen super toll, weil ihnen das Feindbild Russland untergejubelt wurde und sie dass unhinterfragt annehmen. Aber die Geschichte hat gezeigt, dass überbewaffnete Gesellschaften häufig in Kriegen enden. Deshalb wünschte ich mir eine Politik, besonders eine Linke, die wieder auf Diplomatie und nicht auf Feindbild Bewirtschaftung setzten würde. Davon profitiert nur die Rüstungsindustrie. Dieses Wissen ist irgendwie verloren gegangen in den letzten Jahren bei fast allen sich links positionierenden Menschen. Der gerechte Krieg ist eine Illusion und viele Menschen leiden darunter. Zuerst im fehlenden Geld in den Sozialwerken, danach auf dem Schlachtfeld

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...