Sperberauge

KVI: Keller-Sutter kommunizierte, um Abstimmung zu gewinnen

Sperber © Bénédicte Sambo

Pascal Sigg /  Ein Bericht des Parlaments rügt die EJPD-Kommunikation zur Konzernverantwortungsinitiative.

Die «Art und Weise der Kommunikation» des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) vor der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative war «nicht verhältnismässig». Zu diesem Schluss kommt eine Analyse der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK). Das Gremium untersuchte im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats die Behördenkommunikation vor vier nationalen Volksabstimmungen. Die Kommunikation hatte wiederholt Anlass zu öffentlicher Kritik gegeben. Insbesondere waren in Abstimmungserläuterungen wiederholt Fehler aufgetaucht.

Es gehört zur Arbeit der Bundesverwaltung über anstehende nationale Abstimmungen zu informieren. Die Kommunikation dazu sollte gemäss PVK ausgewogen, vollständig, sachlich und transparent sein. Sie sichtete die entsprechenden Verwaltungsdokumente sowie Medienbeiträge und führte Interviews mit den für die Kommunikation Verantwortlichen.

Besondere Kritik erntete die Kommunikation des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) unter Bundesrätin Karin Keller-Sutter zur Konzernverantwortungsinitiative (KVI). Die Kommunikationsstrategie des EJPD im Rahmen dieser Vorlage sei nämlich nicht in erster Linie auf eine breite Information der Stimmbevölkerung, sondern sehr stark auf das Gewinnen der Vorlage ausgerichtet gewesen. Dies sei dem Kommunikationskonzept zu entnehmen. Denn dieses wurde explizit als ergänzend zur Kommunikation der überparteilichen Allianz gegen die KVI konzipiert. Verantwortlich dafür war eine Arbeitsgruppe bestehend aus Mitgliedern des Generalsekretariats des EJPD sowie des Bundesamts für Justiz.

Ambitionierte Arbeitsgruppe

Die Arbeitsgruppe traf sich in den rund drei Monaten vor der Abstimmung sechs Mal. Dabei wurde unter anderem diskutiert, wie Argumente in der Öffentlichkeit platziert werden sollen, damit sie gut ankommen. Zudem sah das Kommunikationskonzept auch vor, dass das Generalsekretariat des EJPD ein Netzwerk mit Personen aus Wirtschaft und Politik aufbaut, um die Botschaften des Departements zu verbreiten. Die PVK hält allerdings fest: «Zur reinen Information der Bevölkerung nach gesetzlichem Auftrag wäre ein solches Netzwerk jedoch nicht notwendig. Zudem wäre die Verbreitung von Informationen auf dem Wege nicht transparent, da der ursprüngliche Absender nicht erkennbar wird.» Einige Interviewpartner erinnerten sich gemäss PVK nicht mehr daran, ob dieses Netzwerk überhaupt umgesetzt wurde. Ein anderer sagte, es habe in erster Linie Meinungsforschungszwecken gedient.

Daneben sei in öffentlichen Äusserungen die Sachlichkeit «punktuell nicht respektiert» worden. Insbesondere in Verbandszeitschriften wie der Gewerbezeitung oder dem Schweizer Bauer äusserte sich Karin Keller-Sutter gemäss PVK nicht korrekt. Zum Beispiel suggerierte Keller-Sutter in einem Interview mit dem Schweizer Bauer, dass gewisse Kreise auf die Idee kommen könnten, ähnliche Haftungsregelungen bei der Landwirtschaft einzuführen, zum Beispiel bei den Umweltauflagen oder beim Tierwohl, obwohl diese Themen nichts mit der Konzernverantwortungsinitiative zu tun hatten.

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats erachtet es als problematisch, dass der Informationsauftrag der Behörden in einzelnen Fällen extensiv ausgelegt wurde. Sie empfiehlt dem Bundesrat nun, die Qualitätssicherung bei den Abstimmungsempfehlungen zu verstärken und den Informationsauftrag und die entsprechenden Kommunikationskanäle deutlicher zu definieren.

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2 Meinungen

  • am 25.11.2023 um 11:20 Uhr
    Permalink

    traurig, wenn wir unsere sogenannten Volksvertreter immer wieder in die gesetzlichen Schranken weisen müssen. Keller Suter weibelt jahrelang für eine Deregulierung des Bankensektors, setzt sich für Grosskonzerne ein und verscherbelt am Wochenende die CS via Notrecht für ein Butterbrot.

  • am 25.11.2023 um 13:57 Uhr
    Permalink

    Zum Glück bin ich nicht im Bundesrat.
    Ich müsste der Bevölkerung reinen Wein über den Zustand der Nation einschenken, dürfte nicht Partei ergreifen, nicht lügen, müsste immer so schön brav die Gesetze anwenden, dass es mir nach zwei Stunden im Bundesrat verleiden würde. Die beste Lösung in solch einer misslichen Lage (sprich: um der Bürde auszuweichen), ist ein:e Statthalter:in einsetzen, und die Amtsführung ansonsten auf Staatsempfänge, 1.-August-Reden und auf Rundflüge in der eigenen Cessna zu beschränken. Die Fehler darf dann der Statthalter machen.

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