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Wirtschaftsnah: die Hochschule Luzern. © Hochschule Luzern

Gekaufte Studien kommen gross heraus

Marco Diener /  Firmen kaufen bei der Hochschule Luzern eine Studie. Und die Tamedia-Zeitungen berichten bereitwillig darüber.

Die «Sonntags-Zeitung» veröffentlichte kürzlich eine eindrückliche Grafik. Titel: «An Uber hängen 5500 Vollzeitstellen in der Schweiz.» Wer die Grafik genauer studierte, stutzte allerdings. Denn sie zeigte, dass die Uber- und die Uber-Eats-Aufträge «nur» ein Volumen von 4300 Stellen ausmachen. Der Rest entfällt auf Stellen im Gastgewerbe, die es ohne Uber angeblich nicht gäbe und auf «Andere».

Wer auch das Kleingedruckte las, der wurde erst recht misstrauisch. Denn dort stand: «Quelle: Uber.» Uber hat also die Zahlen selber berechnet. Oder besser gesagt: berechnen lassen. Die Zahlen stammen nämlich aus einer Studie, die Uber bei der Hochschule Luzern in Auftrag gegeben hatte.

Die Hochschule Luzern hat gut daran verdient. Uber hat dafür um die 50’000 Franken bezahlt, wie Infosperber in Erfahrung brachte.

Obwohl die Studie gekauft ist, berichtete die «Sonntags-Zeitung» auf einer ganzen Seite über die Uber-Studie. Dabei hätten die «Sonntags-Zeitungs»-Leute schon im zweiten Satz der Studien-Zusammenfassung misstrauisch werden sollen.

Dort steht: Die Studie über Uber und Uber Eats konzentriere sich «auf die Art und Weise, wie diese Plattformen seit dem Markteintritt von Uber in der Schweiz im Jahr 2013 zur Innovation im Mobilitätssektor, zur Arbeit und zur wirtschaftlichen Wertschöpfung in den entsprechenden Sektoren beigetragen haben.»

Und weiter: «Uber hat sich zu einem integralen Bestandteil des städtischen und vorstädtischen Verkehrssystems des Landes entwickelt und bietet eine flexible, zugängliche und erschwingliche Alternative zu den traditionellen Transportmethoden.»

Der Ton macht klar, wie wohlwollend die Hochschule Luzern gegenüber ihrem Auftraggeber ist. So wohlwollend, dass sie bei den eingangs erwähnten «Anderen», die dank Uber eine Arbeit haben, sogar Garagisten, Automechaniker, Tankwarte und Versicherungsangestellte einrechnet.

Nur drei Tage nach der «Sonntags-Zeitung» berichteten auch andere Zeitungen aus dem Tamedia-Verlag über eine Studie der Hochschule Luzern. Die «Berner Zeitung» etwa titelte: «Gebäudesanierungen könnten Winterstromlücke eliminieren.»

Eine Studie habe gezeigt, dass sich «das Problem des fehlenden Winterstroms durch Energiesparen bei Gebäuden lösen» liesse. «Doch die Politik bremst gleich doppelt.»

Und wer hat die Studie bezahlt? Die Firma Flumroc mit Sitz in Flums SG. Sie stellt Dämmplatten her. Und hat natürlich ein Interesse daran, dass möglichst viele Gebäude wärmeisoliert werden.

Flumroc-Geschäftsführer Damian Gort beklagte sich im Artikel denn auch über die Schweizer Politik: zum einen weil demnächst das Förderprogramm zur Gebäudesanierung ausläuft, zum anderen weil die Steuerabzüge für Gebäudesanierungen künftig entfallen könnten. Beides gefällt den Flumroc-Verantwortlichen nicht.

Im Vergleich zur Uber-Studie war die Flumroc-Studie ein Schnäppchen. Die St. Galler Firma zahlte der Hochschule Luzern nicht einmal 10’000 Franken.

Dass auch diese Studie wohlwollend verfasst ist, versteht sich von selbst. Dazu ein Beispiel. In der Einleitung steht: «Des Weiteren wurde bestimmt, sich in dieser Studie auf die Betriebsenergie für Raumwärme zu beschränken. Eine Betrachtung der Grauen Energie für die Herstellung von Dämmstoffen oder Gebäudetechnikelementen wird nicht gemacht.»

Schade eigentlich. Das hätte ja auch zu einer Gesamtbetrachtung gehört. Aber offenbar ging es Flumroc nicht um eine Gesamtbetrachtung, sondern um Politik und um Werbung in eigener Sache. Die Hochschule Luzern spielte mit. Und die Tamedia-Zeitungen ebenfalls.

Hochschule Luzern – Meisterin der Selbstvermarktung

Die Verantwortlichen der Hochschule Luzern verstehen es ausgezeichnet, ihr Institut zu vermarkten. Viele Journalisten berichten gerne, über die Studien aus Luzern – auch wenn offensichtlich ist, dass sie gekauft sind. So wurden Studien der Hochschule Luzern in Schweizer Medien in den vergangenen zwölf Monaten 1032-mal zitiert. Dies ergab eine Recherche in der Schweizerischen Mediendatenbank mit den Suchbegriffen «Studie» und «Hochschule Luzern».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Eine Meinung zu

  • am 24.07.2025 um 13:50 Uhr
    Permalink

    Wenn man den Konsum befeuern will, dann sollte der Staat nichts und die Firmen alles finanzieren: Studien, Hochschulen, Journalismus …dann wird produziert, konsumiert und weggeworfen. Essen, Kleider, Elektronik etc. werden gekauft und vor Gebrauch weggeworfen. Zuviel ist nicht genug! Die Abfallberge überquellen. – Wer weist in diesem Umfeld noch auf Mass halten hin? Menschen und Umwelt werden ausgebeutet, weil damit lässt sich Geld verdienen. – Wir haben die Lösungen, aber nur wenige wollen sie umsetzen, weil ‹mehr von zuviel› erscheint verlockender als ’soviel wie mir und der Mitwelt gut tun.›

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