Corona-Masken sind eine tickende Zeitbombe für die Umwelt
Während die Corona-Pandemie langsam in Vergessenheit gerät, dauern ihre Folgen weiter an – zum Beispiel in Form von achtlos weggeworfenen Schutzmasken. Im Laufe der Pandemie wurden monatlich etwa 129 Milliarden Gesichtsmasken genutzt und damit auch: weggeworfen.
Eine umfassende Nutzung ausserhalb von Spitälern war nicht vorgesehen, ein Recyclingprozess auch nicht. Viele Masken landeten nicht im Abfall, sondern hingen an Zäunen, lagen auf Trottoirs, Wiesen oder im Strassengraben.
Die Rechnung für den Müllberg kommt in Raten
Ein Teil der Rechnung kam schnell. Tiere wie Vögel verhedderten sich in Maskenschlaufen und verendeten. Füchse, Igel, Wildschweine oder Fische hielten die Masken für Futter. Weggeworfene Atemschutzmasken wurden an den abgelegensten Ecken der Erde gefunden.
Andere Auswirkungen werden erst jetzt richtig deutlich. Nicht nur müssen Milliarden Masken vernichtet werden, weil ihr Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Millionen Masken befinden sich noch immer in der Umwelt. Besonders viele davon in Grossbritannien, sagten Forschende schon 2021.
Das Littering von gestern ist die Umweltverschmutzung von morgen. Viele mit Plastik versehene Einmalmasken liegen noch in Gewässern und Böden und fangen an, sich zu zersetzen. Der Maskenmüll sei eine tickende Zeitbombe, warnte der «Guardian» Anfang September.
Die Pandemie-Altlasten geben reichlich Mikroplastik ab
Die britische Zeitung bezieht sich dabei auf eine Studie der Universität Coventry. Forschende haben dort untersucht, wie sich eine weggeworfene Gesichtsmaske in Wasser verhält. Sie legten neue Masken für 24 Stunden in Wasser und bestimmten anschliessend, wie viel Mikroplastik sie abgegeben hatten.
Im Wasser fanden sich Kunststoffpartikel mit einer Grösse von 10 bis 2082 Mikrometer (2,082 Millimeter), am häufigsten solche, die kleiner als 100 Mikrometer waren. Die Belastung des Wassers nach nur kurzer Einwirkzeit ohne mechanische Beanspruchung deute auf eine Verschmutzung durch den Produktionsprozess hin.
Hormonstörende Chemikalien gehören auch dazu
FFP2- und FFP3-Masken, die während der Pandemie als besonders sicher galten, gaben dabei drei- bis viermal mehr Mikro- und Nanoplastikpartikel ab als chirurgische Gesichtsmasken. Ausserdem wiesen die Forschenden die hormonaktive Chemikalie Bisphenol B sowie Natriumdioctylsulfosuccinat nach, das als Medikament und Hilfsstoff in der Medizin verwendet wird.
Insgesamt gelangten während der Pandemie durch Einmalmasken 128 bis 214 Kilogramm Bisphenol B in die Umwelt, schätzen die Studienautor:innen Anna Bogush und Ivan Kourtchev. Grenzwerte oder Belastungsgrenzen gab es damals nur für Bisphenol A. Seit Anfang 2025 sind innerhalb der EU sämtliche Bisphenole in Lebensmittelverpackungen verboten (Infosperber berichtete).
Mit einem ähnlichen Versuchsaufbau hatten Forschende an der Universität Swansea bereits 2021 Mikro- und Nanoplastik sowie Schwermetalle wie Blei, Quecksilber, Arsen und Antimon im Wasser nachgewiesen.
Die Aussagekraft dieser Studien ist beschränkt, da es nur um kurze Einwirkzeiten geht, nicht um eine Langzeituntersuchung. Welche Emissionen unter mechanischer Belastung entstehen, wurde nicht untersucht. Wie viele Chemikalien und Plastikpartikel der Masken-Abfallberg über längere Zeit abgeben könnte, ist vor diesem Hintergrund aber besorgniserregend.
Masken-Desaster könnte einer der grössten Lerneffekte der Pandemie sein
Diese Gedanken gab es bereits während der Pandemie – und auch Überlegungen, wie der Umweltbelastung begegnet werden könnte. Genauso wie Kritik für das Tragen an nicht unbedingt kritischen Orten, beispielsweise im Freien ausserhalb grosser Menschenmengen. Forschende der FH Münster, die die Keimbelastung von Atemschutzmasken untersuchten, empfahlen, diese mehrmals zu nutzen und sie zwischendurch eine Woche zur Seite zu legen. Ansätze, waschbare und damit wiederverwendbare Masken zu produzieren, gab es ebenfalls. Mehrere Modelle fielen bei der Stiftung Warentest allerdings durch.
Die kaum zu stoppende Umweltbelastung noch Jahre nach der Pandemie könnte jedoch einer ihrer grössten Lerneffekte sein – in Bezug darauf, was Wegwerfprodukte wirklich kosten. «Diese Studie hat deutlich gemacht, dass wir dringend überdenken müssen, wie wir Gesichtsmasken herstellen, verwenden und entsorgen», sagt die Hauptautorin Anna Bogush vom Zentrum für Agrarökologie, Wasser und Resilienz der Universität Coventry.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.





    



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