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Museums-Direktor Jakob Messerli neben einer chinesischen Terrakotta-Figur © SRF

Direktor Messerli verharmlost Zensur im Museum

upg /  Das Historische Museum Bern verbietet externe Führungen durch die Terrakotta-Ausstellung – und schiebt ein «Missverständnis» vor.

Unter dem Titel «China-Experte darf nicht durch Ausstellung führen» hatte Infosperber das Historische Museum Bern kritisiert. «Ein Missverständnis, nicht Zensur», verteidigt sich Museums-Direktor Jakob Messerli (siehe seine Stellungnahme am Schluss). Von Missverständnis kann jedoch keine Rede sein.
Stellen Sie sich vor: Ein Museum in China verbiete externe Führungen durch eine Ausstellung und lasse nur eigene Führer zu. Dieses Museum würde jeden Verdacht von Zensur von sich weisen. Es würde andere Gründe vorschieben wie zum Beispiel die Sicherheit oder der geordnete Ablauf im Museum. Wer von Zensur spricht, erliege einem Missverständnis, würde das chinesische Museum behaupten.
Genau dies tut jetzt der Direktor des Historischen Museums Bern. Er verbietet es externen Führern, selber durch die Ausstellung zu führen und begründet dies wie folgt: «Gruppenführungen durch Dritte sind nicht gestattet, da das Museum sonst weder die Anzahl der Gruppenführungen noch die akustische Beeinträchtigung der übrigen Museumsbesucher noch die Sicherheit im Falle einer unvorhergesehenen Situation steuern kann.»

Diese Begründungen, die ein angebliches Missverständnis «klären» wollen, sind an den Haaren herbeigezogen:
1. Der China-Experte Kong Xian Chu hat seine nächste geplante Führung schriftlich angemeldet. Nach Anmeldungen kann das Museum die Zahl von Führungen ohne weiteres steuern.
2. Kong hat angeboten, ein Führungssystem mit Kopfhörer mitzubringen. Die übrigen Besucher wären also nicht stärker gestört als von museumseigenen Führern.
3. Warum externe Führer mehr als andere Führer zu «unvorhergesehenen Situationen» führen können, erklärt das Museum nicht.
Weil sich diese Argumente des Museums als nicht glaubhaft herausstellten, hatte Museums-Marketingchefin Michèle Thüring gegenüber Infosperber schriftlich erklärt, es ginge dem Museum auch um nötige Einnahmen, die es nur mit den eigenen Führungen erzielen könne. Das war der glaubwürdigste Grund für das Verbot externer Führer. Messerli erwähnt diesen Grund nicht mehr.

Doch auch ein Museum muss die Redefreiheit in einem kontrollierten Rahmen gewährleisten. Andere Museen können es. Selbst während der stark besuchten Einstein-Ausstellung im gleichen Museum waren externe kommerzielle Führer willkommen.


Stellungnahme von Jakob Messerli in «Der Bund» vom 11.06.2013:

Ein Missverständnis, nicht Zensur

Am 18. Mai entstand im Bernischen Historischen Museum (BHM) ein Missverständnis. Eine dem Museum nicht bekannte Person führte ohne Absprache mit dem Museum gegen Entgelt eine Gruppe durch die Ausstellung «Qin – Der unsterbliche Kaiser und seine Terrakottakrieger». Sie wurde darauf aufmerksam gemacht, dass Fremdführungen in dieser Ausstellung nicht gestattet sind. Dadurch fühlte sie sich zensuriert und informierte Freunde und Bekannte.

In der Folge nahm der Publizist Urs P. Gasche mit dem BHM Kontakt auf, um sich für einen Artikel über Fremdführungen zu informieren. Und das BHM lud jene Person zu einem klärenden Gespräch ein. Dieses wurde mit der Begründung abgelehnt, es handle sich ja offensichtlich um ein Missverständnis. Nun ist es das eine, ein Missverständnis festzustellen, das andere aber, es zu klären. Und weil es nicht geklärt worden ist, war am 6. Juni im «Bund» [und auf Infosperber] ein detailreicher Bericht zu lesen.

Die Ausstellung «Qin – Der unsterbliche Kaiser und seine Terrakottakrieger» wird sehr gut besucht, die Spitze liegt bei bisher über 4000 Personen an einem Tag. Das BHM ist dafür verantwortlich, dass diese Besucher und Besucherinnen ein angenehmes und unvergessliches Erlebnis haben und ihre Sicherheit jederzeit gewährleistet ist. Das bedingt Massnahmen, die über den «Normalbetrieb» hinausgehen.

Im Park des Museums wurde ein grosszügiger Pavillon erstellt. Er bietet Besuchern Raum, Schlangen und Engpässe können vermieden werden. Aus dem gleichen Grund steuert das BHM die Anzahl der Gruppenführungen und verwendet ein Führungssystem mit Kopfhörer, um sicherzustellen, dass der Ausstellungsbesuch der vielen Einzel- und Familienbesucher möglichst wenig gestört wird.

Gängige Praxis

Die Führungspersonen des BHM sind zudem in Sicherheitsbelangen geschult worden. Gruppenführungen durch Dritte sind nicht gestattet, da das BHM sonst weder die Anzahl der Gruppenführungen noch die akustische Beeinträchtigung der übrigen Museumsbesucher noch die Sicherheit im Falle einer unvorhergesehenen Situation steuern kann, letztlich aber dafür verantwortlich ist. Das BHM folgt mit dieser Regelung einer Praxis, die bei Ausstellungen mit sehr grossem Besucheraufkommen auch andernorts so gehandhabt wird.

Selbstverständlich sind von dieser Regelung Familien und Kleingruppen (wie zum Beispiel eine Gruppe von Freunden), die zusammen privat die Qin-Ausstellung besuchen und bei denen eine Person für die anderen etwas erläutert, nicht betroffen.

Keine Zensur, dafür wenig schlagzeilenträchtige Servicequalität im Dienste der Kunden, Organisation und Sicherheit. Hätte das Gespräch zur Klärung des Missverständnisses stattgefunden, wäre der Umweg über die Medien wohl nicht nötig gewesen. Es genügt nicht, Missverständnisse festzustellen, man muss sie auch klären. Man muss halt reden miteinander.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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