Bildschirmfoto20120201um10_47_27Kopie

Während eines «Lingerie Football»-Spiels wird auch mal am Höschen gezogen © ss

Sportlerinnen treten in Unterwäsche an

Barbara Marti /  Mit «Lingerie Football» kommt eine neue Sportart nach Europa. Es ist ein Trend zur Sexualisierung von Sportlerinnen und Sportarten.

Die US-«Lingerie Football League» will nach Europa expandieren. 2014 sollen in Deutschland die ersten Football-Spiele in Unterwäsche stattfinden, berichtet die «Frankfurter Allgemeine Zeitung». Dabei treten je sieben Frauen gegeneinander an und spielen eine Art American Football.
Die Kleidung ist auf Schulter- und Knieschutz, Helm, Büstenhalter, Höschen und Strapsband beschränkt.
Die Spielerinnen werden nach Oberweite und nicht nach sportlichen Kriterien ausgewählt. In den USA kommen viele aus der Sex- und Porno-Branche. Zielpublikum der Spiele sind laut Mitchell Mortaza, Präsident der US-Profiliga, «biertrinkende Studenten über 21 Jahre».

Die «Lingerie Football League» symbolisiert die Sexualisierung des Frauensports. Die Medien stellen Sportlerinnen zunehmend als Schönheits- und Sexsymbol statt als Leistungsträgerinnen dar, sagt Daniela Schaaf, Medienwissenschaftlerin an der Sporthochschule Köln. Sie führt dies einerseits darauf zurück, dass im Sportmarketing und in den Sportressorts der Medien männliche Sichtweisen dominieren. Anderseits müssten die Sportlerinnen ein Angebot machen, das über ihre sportliche Leistung hinausgehe, um in einem übersättigten Markt überhaupt wahrgenommen zu werden.
Lukrative Werbeverträge erhielten auch die besten Sportlerinnen fast nur noch bei attraktivem Äusseren. In Zusammenarbeit mit dem Sozialwissenschaftler Jörg- Uwe Nieland hat Daniela Schaaf folgende Stufen der Sexualisierung analysiert.
1. Sexualisierung der Sportlerinnen
Erste Stufe sei die Sexualisierung der Sportlerinnen in den Medien. Sie lässt die sportliche Leistung in den Hintergrund treten. Berühmtes Beispiel ist die russische Tennisspielerin Anna Kurnikova. Obwohl sie nie ein grosses Turnier gewonnen hat, bekam sie hoch dotierte Werbeverträge.
Die sportliche Leistung habe auch bei den fünf deutschen Nachwuchsfussballerinnen keine Rolle gespielt, die sich im Vorfeld der Frauenfussball-Weltmeisterschaft in Deutschland für den «Playboy» ausgezogen haben, sagt Daniela Schaaf.
In der Schweiz zeigte die Boulevardzeitung «Blick» nach zwei Spitzenplätzen die Langläuferin Laurien van der Graaff im kleinen Schwarzen neben ihren Skiern. Bildlegende: «Laurien van der Graaff macht auf und neben der Loipe eine gute Figur.» Zum Cover der «Sport Week» mit Skistar Lindsey Vonn im halb geöffneten Renndress und in Stöckel- statt Skischuhen hiess es: «Lindsey Vonn posiert freizügig in der Bergwelt.»
2. Sexualisierung etablierter Sportarten
Zweite Stufe ist die Sexualisierung von etablierten Sportarten. Beachvolleyball ist das bekannteste Beispiel. Mit einer Kleiderordnung, die für Frauen Mini-Höschen vorschreibt, will der Weltverband die Sportart «attraktiver» machen.
3. Kreation sexualisierter Sportart
Dritte Stufe der Sexualisierung des Frauensports ist die Erfindung sexualisierter Sportarten. Beispiel ist der «Lingerie Football», der bald nach Europa kommen soll.
4. Rotlichtbranche als Vorbild
Stufe vier geht noch einen Schritt weiter: Eine Praxis aus der Rotlichtbranche wird als neue Sportart definiert. Beispiel ist Pole Dancing. Das ist eine zum Wettkampf umfunktionierte Form des Tanzes an einer vertikal aufgerichteten Stange von Go-Go-Girls in Striplokalen. Die «International Pole Dancing Fitness Association» lobbyiert bereits dafür, dass Pole Dancing an den olympischen Spielen 2016 in Brasilien Demonstrationssportart wird.
5. «Sport» als Motiv in Pornofilmen
Zuletzt wird Sport zum Motiv in Sex- und Pornofilmen. Beispiel sind die «Sexy Sports Clips» im Nachtprogramm des deutschen TV-Senders «Sport 1». Diese hätten mit sportlichen Leistungen gar nichts mehr zu tun, sagt Jörg-Uwe Nieland.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Herausgeberin und Redaktorin der Zeitschrift «FrauenSicht».

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.