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Kein Patentschutz für Pflanzen, die durch biologische Züchtungen weiterentwickelt wurden. © Pixabay

Vielfalt beim Saatgut stärkt die Ernährungssicherheit

Daniel Langmeier, Biovision /  Die Anpassung von Saatgut wird oft durch Patentschutz gebremst. Ständerätin Maya Graf fordert Anpassungen.

Red. Die Stiftung Biovision engagiert sich schweiz- und weltweit für nachhaltige Ernährungssysteme. In diesem Beitrag wird dargelegt, wie wichtig die biologische Züchtung und Weiterentwicklung von Saatgut ist und dass diese nicht durch Patente verhindert werden darf.

Die Schweiz mit ihren unterschiedlichen geografischen Bedingungen ist auf lokal angepasste Sorten besonders angewiesen. Unterschiedliche und sich verändernde Nährstoffverfügbarkeit, Krankheiten und Schädlinge fordern die Pflanzen heraus, weshalb das Saatgut diesen Bedingungen angepasst werden muss. Diese Arbeit ist sehr zeitintensiv. Bis beispielsweise eine neue Bio-Sorte auf den Markt kommt, kann es bis zu zehn Jahre dauern. Öffentliche Unterstützung ist deshalb wichtig. Der staatliche Zustupf bewegt sich jedoch im unteren einstelligen Millionenbereich, weshalb es nur einige wenige Kleinunternehmen oder Stiftungen in der Schweiz gibt, die sich dieser arbeitsintensiven Aufgabe stellen.
Aufgrund mehrerer Vorstösse von Biovision-Stiftungsrätin und Ständerätin Maya Graf, hat der Bund die «Strategie Pflanzenzüchtung 2050» vorgestellt. Jedoch fehlen konkrete Handlungsforderungen und Ziele. Maya Graf hat nun eine Motion zur Anpassung des Patentgesetzes in der Pflanzenzucht eingereicht. Ziel ist es, die Transparenz betreffend geistiger Eigentumsrechte zu verbessern und den Zugang zum Ausgangsmaterial für die Pflanzenzüchtung zu erleichtern. Dadurch wird garantiert, dass in der Schweiz Sorten zur Verfügung stehen, die optimal an die Bedingungen und Anforderungen der Schweizer Landwirtschaft angepasst sind.

Keine Patente auf konventionellen Züchtungen

mr. Die Grosse Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (EPA) hatte am 14. Mai einen wegweisenden Entscheid gefällt: Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung sollen nicht mehr patentierbar sein. Das ist eine Abkehr der bisherigen Praxis. Damit gilt, dass Pflanzen, die im Wesentlichen durch biologische Zuchtverfahren hergestellt wurden, kein Patent mehr beanspruchen können. Die Nachbarländer der Schweiz haben diesen Grundsatz in ihrem Patenrecht bereits explizit integriert. Maya Graf fordert nun, dass auch die Schweiz diesen Grundsatz ins Gesetz überführt.

Die Rolle von Saatgut für die Biodiversität
Eine besonders ernstzunehmende Herausforderung für die Ernährungssysteme ist die weltweite Abnahme der Biodiversität. Hier spielt Saatgut eine entscheidende Rolle. Im Bereich der Landwirtschaft wird häufig auch von Agrobiodiversität gesprochen. Sie umschreibt, dass ein funktionierendes Ökosystem auf die Vielfalt an Tieren, Pflanzen und Organismen angewiesen ist, um seine Aufgaben wie Nahrung zu produzieren, Grundwasser zu filtern und vieles mehr, erfüllen zu können.

Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden weltweit 6000 Pflanzenarten als Nahrungsmittel angebaut; doch lediglich neun Kulturen machen 66 Prozent der weltweiten Agrarproduktion aus. Die Reduktion an Vielfalt wird teilweise dadurch erklärt, dass immer mehr lokale Pflanzensorten durch kommerzielle Sorten ersetzt werden. Doch ein erfolgreiches agrarökologisches Ernährungssystem ist auf Vielfalt angewiesen. Dies hat neben der FAO, auch der Weltagrarbericht aufgezeigt und es wurde 2018 international erneut in der UN-Deklaration zu den Rechten der Bäuerinnen und Bauern und anderer im ländlichen Raum arbeitender Personen festgehalten. Dabei spielt auch das Recht von Bäuerinnen und Bauern auf Aufbewahrung, Nutzung, Tausch und Verkauf von Saatgut eine Rolle.

Bauern brauchen freien Zugang zu Saatgut
Die Realität sieht aber anders aus: Der Saatgutmarkt wird von einigen, wenigen transnationalen Grossunternehmen beherrscht, deren Geschäftsmodell vom kontinuierlichen Einsatz der Monokulturen abhängt. Diese Konzentration hat reale Folgen, auch für die Landwirtinnen und Landwirte in der Schweiz. Nicht zuletzt ist sie aber auch in der Lage, jegliche Lebensgrundlage nachhaltig zu ruinieren.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Daniel Langmeier ist Mitarbeiter der Stiftung Biovision Schweiz. Die Stiftung wurde von Hans Rudolf Herren,Welternährungspreisträger und Insektenspezialist, gegründet.

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2 Meinungen

  • am 12.07.2020 um 00:09 Uhr
    Permalink

    Erst wenn die Erde niemandem mehr gehört, gehört sie Allen. Das kapitalistische Konkurrenzprinzip zwingt dazu, alle Forschungsergebnisse geheim zu halten, damit sie zu privatem Profit werden. Der Nutzen für die Allgemeinheit wird zur Nebensache. Letztlich kann die Ernährungssicherheit (wie auch effektive Pandemiebekämpfung!) nur im Rahmen der vereinigten sozialistischen Staaten der Welt gewährleistet werden.

  • am 12.07.2020 um 23:26 Uhr
    Permalink

    Es gibt eine Idee, die nicht zur bloss autoritären, absolutitischen Ideologie verkommen kann.
    Es ist die ständige Suche nach dem ‹richtigen Mass›.
    Das gilt auch für mehr oder weniger Regulierungen, je nach den Umständen.
    Die Patente sind eine feine Sache, aber sie dienen hauptsächlich dem Patentinhaber. In wie weit wirklich kaum noch was erforscht u. entwickelt wird, wenn Patente nach gesellschaftlichen Erfordernissen reguliert würden.
    Aber ganz im Gegenteil, für die sogenannten Patentboxen (wie auch immer die jetzt heissen) gibt es hohe Subventionen in Form von Steuerminderungen oben drauf.
    Wer über gewaltige Kapitalmassen u. Markt-Macht verfügen kann, kauft Kapitalschwächeren die Patente ab und macht damit sehr viel Geld, statt viel Geld für Eigenentwicklung zu verschwenden.
    Die Schwächern verkaufen lieber, weil denen entziehen die Kapitalgewaltigen ansonsten das nötige Fremdkapital für das Wachstum auf Basis der Patente.
    Eine extrem ‹freie› Gesellschaftsordnung weitestgehend ohne Regulierung, wäre ja anarchistisch u. chaotisch (anomistisch).
    Bloss das volle Eigentumsrecht gilt auch bei den fanatischten Deregulierern als absolut sakrosankt.

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