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Genauso funktioniert es im Finanzmarkt. Ob's auch dort Spass macht? © flickr.com/Batay-Batay

Geld machen mit Geld – und so entstehen Blasen

Christian Müller /  Wenig Geld einsetzen, aber viel Geld verdienen. Das versprechen clevere Firmen. Die Gewinner allerdings sind Andere.

300 Euro am Tag! So lockt eine Werbung auf NZZonline. Wer möchte so ein Angebot nicht näher anschauen?

Ein Klick, und es erscheint eine neue Website mit einem Video. Das Video zeigt und eine Stimme erklärt, wie man mit Einsatz von wenig Geld – ein paar hundert Euro zum Einsteigen genügen – jeden Tag dick kassieren kann. Ein paar Minuten am PC sitzen und ein paar Klicks machen, das ist schon alles, was es braucht. Der Trick dabei: Man macht es einfach genau so, wie es die ganz Reichen tun. Einsteigen, wenn der Kurs einer Aktie hinauf geht, Aussteigen, wenn der Kurs fällt.

Es lohnt sich, das Video anzuschauen. Es erklärt zuerst, wie die Börse funktioniert. Dann zeigt es, wie man mit einem neuen System im Internet einfacher denn je zum Börsianer wird. Und schliesslich zeigt es, wie man mit genau dieser Methode ganz schnell viel Geld verdienen kann.

Geld mit Geld machen

Gehen wir für einmal davon aus, dass die dort aufgezeichneten Spielregeln, um auf der Seite der Gewinner zu sein, richtig sind und funktionieren. Wir verdienen also mit diesem Spiel eine Menge Geld. Die Grundregel der Buchhaltung aber besagt: wo etwas hinzukommt, geht auf einer anderen Seite gleichviel weg. Es muss neben uns als Gewinner also auch Verlierer geben.

Wirklich?

Nein. Der Finanzmarkt unterliegt nicht den Regeln der Buchhaltung. Denn es ist ja tatsächlich möglich, dass eine erfolgreiche Unternehmung an Wert zulegt und wir an diesem Wertzuwachs teilnehmen können. Bis zu diesem Schritt hat also noch niemand Geld verloren.

Der Finanzmarkt funktioniert umgekehrt

Im normalen Markt gilt die Vermutung: Wo der Preis steigt, kaufen die Leute weniger, wo er sinkt, kaufen sie mehr. Ein plausibles Meccano also von Angebot und Nachfrage. Nicht so im Finanzmarkt. Dort gilt der Herdentrieb. Wo die Aktienkurse steigen, vermutet der Käufer dahinter eine Erfolgsgeschichte, also kauft er ebenso, und treibt damit die Preissteigerung seinerseits weiter an. Und umgekehrt: Wo die Preise sinken, befürchtet der Käufer irgend ein Problem. Also verkauft auch er – und die Preise sinken weiter.

Ist die Herde der Leute, die vom steigenden Preis einer Aktie profitieren wollen und immer wieder kaufen, gross genug, steigt der Preis ins Unendliche. Er steigt dann nicht mehr wegen des realen Wertes einer Unternehmung. Nein, der «Wert» des Unternehmens, der Börsen-Wert, steigt nur noch, weil immer mehr Leute dessen Aktien kaufen – zu immer höheren Preisen. Angebot und Nachfrage funktionieren auch hier, nur führen sie hier nicht zu einer Balance, indem Teures immer weniger gekauft wird und Preiswertes immer mehr, sondern sie führen zu extremen Differenzen zwischen realwirtschaftlichem Wert und Börsenwert einer Unternehmung. Ist ja egal, könnte man denken, zumindest verliert bei diesem Spiel niemand Geld.

Es gibt Verlierer!

Genau das ist aber der wunde Punkt. Denn irgend einmal hat der Preis einer Aktie gar keinen realen Bezug mehr zum Wert des betreffenden Unternehmens und zu den zu erwartenden Dividenden aus deren Jahresgewinn. Die Unternehmung ist überbewertet, der Preis der Aktie ist im Phantasiebereich. Und weil aufgrund des Herdentriebes der Aufwärtstrend sich meist nicht nur auf eine einzelne Unternehmung beschränkt, sondern auf eine ganze Branche oder auf ein ganzes Land, kommt es zu einer Kumulation von Überbewertungen. Dieses Phänomen nennen wir eine Blase. Eine Blase ist, wie im beschriebenen Fall, etwas Aufgeblasenes – und damit auch etwas, das platzen kann, wie der Kaugummi-Ballon vor dem Mund eines zwölfjährigen Schulmädchens.

Der Kurs der Aktie nämlich beginnt dann zu sinken, wenn mehr Aktien verkauft als gekauft werden. Und oft geht es dann ganz schnell runter, weil dann plötzlich alle Angst kriegen und auch verkaufen. Auch hier: der Herdentrieb! Aber für viele ist es dann schon zu spät, sie müssen bereits Verluste einstecken, weil der Preis ganz schnell eingebrochen ist. Eine richtige Blase platzt, sie verliert nicht langsam Luft wie weiland die Schläuche in unseren Velos…

Wann aber platzt die Blase?

Ganz genau kann das niemand voraussagen. Aber Banker und Reiche, die dieses Spiel täglich spielen und so zu echten Profis geworden sind, können es eher abschätzen als wir Anfänger. Was aber noch schlimmer ist: Banker und Reiche können das Platzen selber beeinflussen, das Platzen sogar selber auslösen! Denn wenn wir mit unseren paar hundert oder tausend Franken zwar den Aufwärtstrend verstärkt haben, der positive Effekt kam erst über die Masse zustande, über die Herde. Eine Bank aber oder ein Reicher, die sich am Aufwärtstrend satt gefressen haben, können bei einem hohen Preisstand auf eigenen Entscheid hin ein riesiges Paket Aktien abstossen. Damit kassieren sie voll den hohen Preis. Gleichzeitig aber verursachen sie mit ihrem gewichtigen Ausstieg den Start der Talfahrt. Und wen trifft es dabei? Alle, die hinterher kommen. Oder anders gesagt: alle die Kleinen, die mit ein paar hundert oder tausend Franken irgendwann eingestiegen sind.

Das ganze Börsenspiel ist extrem einseitig

Auf dem Papier sind die Chancen für alle gleich. Aber nur auf dem Papier. Der Herdentrieb bewirkt, dass im Finanzmarkt die Grossen gewinnen und die Kleinen verlieren. Natürlich: Auch ein Kleiner kann einmal Glück haben, eine Zeitlang mitprofitieren und dann aussteigen. Nur: Wer steigt aus, solange der Kurs steigt? Der Grosse aber muss nicht raten, wann der Kurs rauf und wann er runter geht: Er bestimmt den Termin selber!

In einer heiklen Situation sind die Pensionskassen. Auch sie gehören zu den «Grossen» und müssen die ihr anvertrauten Gelder irgendwo anlegen. Um dies nachhaltig zu tun, müssen sie besonders intensiv darauf achten, dass sie nicht bis zur Blasenbildung mitmachen!

Und alles steuerfrei!

Ärgerlich bei diesem Spiel ist ausserdem, dass das von den Reichen an der Börse verdiente Geld – in der Schweiz und in vielen anderen Ländern – nicht einmal versteuert werden muss. Es gibt auch keine Mehrwertsteuer. Man macht Geld aus Geld, man produziert Blasen und lässt Tausende von kleinen (dummen) Sparern beim Platzen ihr Geld verlieren. Und man muss von dem so verdienten Geld nichts abgeben!

1972, also vor mehr als 40 Jahren, schlug der US-amerikanische Wirtschaftswissenschafter James Tobin vor, auch Finanztransaktionen zu besteuern. Und seit über 40 Jahren wird darüber diskutiert. Nicht wie bei der Mehrwertsteuer über 8, 10 oder – etwa in Italien – 22 Prozent wird diskutiert, sondern über ein Promill. Wer, so sagen die Befürworter dieser Steuer, wer irgendwo 1000 Franken verschiebt, muss also einen Franken Steuern zahlen, sogenannte Finanztransaktionssteuern, oder eben die Tobin Tax. Schon dieses Promill aber ergäbe zum Beispiel in der EU einen zusätzlichen Steuererlös von geschätzt 35 – 40 Milliarden Euro. Weil täglich über 100 Milliarden Euro in der Welt herumgeschoben werden – nur mit dem Ziel, aus Geld noch mehr Geld zu machen! Aber die Mächtigen in den USA und in Europa, die Banken und die Reichen, haben es bis heute geschafft, diese Steuer zu verhindern. Die Argumentation, warum die Einführung der Finanztransaktionssteuer keinen Sinn mache, ist immer die gleiche: Man müsste sie weltweit und gleichzeitig einführen, aber das sei illusorisch.

Zumindest die EU hätte die Grösse, da endlich vorwärts zu machen. Aber England und Tschechien sind dagegen, einigen Anderen eilt es auch nicht besonders und die Schweiz inmitten der EU würde sich ohnehin das Recht herausnehmen, ihre Banken und Reichen von solchen «schwerwiegenden» Eingriffen zu verschonen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Banken

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6 Meinungen

  • am 17.02.2014 um 13:26 Uhr
    Permalink

    Banker und Reiche können das Platzen selber beeinflussen, das Platzen sogar selber auslösen. Und das ohne die geringste Intelligenz !!! Trotzdem bilden sie sich etwas ein auf ihre Fähigkeit. Zum Kotzen.

  • am 17.02.2014 um 13:48 Uhr
    Permalink

    Eine von der SP geplante Volksinitiative wird eine solche Transaktionssteuer verlangen. Economiesuisse, im Chor der Superreichen mit Blocher und Co., wird die Steuer als «sozialistisch» abtun. Die braven Schweizer Schafe werden ihren eigenen Metzger glauben und an der Urne ein Nein einlegen. Gäng wie gäng…

  • am 17.02.2014 um 14:44 Uhr
    Permalink

    Kurz und bündig zusammengefasst: Ohne Verlierer keine Gewinner und ohne Armut keinen Reichtum. Traurig aber leider wahr.

    Ich staune eh immer wieder, wie viele Leute auf solche billigen Inserate mit abzocker Versprechen von wegen schnell viel Geld verdienen immer wieder darauf hereinfallen nur weil sie den Traum haben vom großen Geld.

  • am 18.02.2014 um 07:59 Uhr
    Permalink

    Lieber Christian
    Dein Beitrag greift wirklich zu kurz:
    Herdentrieb: Was ist denn mit überteuerten iPhons/iPads oder Designerklamotten? Funktioniert genau, bis die Leute Besseres günstiger finden (Samsung Galaxy etc.) oder einem neuen Modetrend hinterherrennen.
    Aktien-Blase willentlich platzen lassen? Warum sollten die Banken das tun? Würde ja voraussetzen, dass sie riesige Eigenbestände hätten, was nicht der Fall ist. Nö, da müssen wir Anleger uns wohl eher an der eigenen Nase nehmen und unsere Gier halt zügeln, bevor das Blasenstadium erreicht ist.
    Bankenkritik ist richtig und wichtig. Aber mit etwas mehr Durchblick. Zu kritisieren ist beispielsweise die immer noch existierende implizite Staatsgarantie für grosse Banken. Eine Versicherung, die zu risikoreichem Verhalten animiert und deren Prämie wir Steuerpflichtigen, also wir alle, bezahlen. Vgl. dazu beispielsweise das Interview im heutigen TA mit Prof. Anat Admati von der Uni Standford.
    Grüsse
    Fredy Hämmerli

  • am 20.02.2014 um 22:20 Uhr
    Permalink

    Sorry meine Herren, dieser Blogbeitrag von Christian Müller ist ziemlich der schlechteste Artikel auf Infosperber! Wie der kleine Moritz sich die Börse vorstellt, der Beitrag ist schlecht oder besser gesagt nicht recherchiert und bietet keine neue Aspekte! Es wäre angebracht, wenn Finanzprofis und nicht Amateure (sorry) über dieses Thema schreiben würden. Der Finanzmarkt besteht nicht nur aus gierigen Abzockern und Finanzhaien. Das Kasino in den maroden Staatshaushalten ist bedeutend älter als jenes der Hochfinanz. Niemand wird gezwungen, sein Geld an der Börse zu verspekulieren oder es zu mehren. Kapitalgewinnsteuern hatten wir mal, ausser Spesen nichts gewesen, darum wurde sie wieder abgeschafft, denn auch an den Börsen herrscht nicht immer eitel Sonnenschein, vorallem nicht, wenn unfähige Politiker und Notenbanker gewagte Spiele treiben! Diese sind schliesslich für die riesigen Finanzmarktblasen verantwortlich. Die linke Anspruchsgesellschaft fordert ja heute unentwegt einen jährlichen Zustupf in Form von Nationalbankgewinnen. Wie sollen diese erwirtschaftet werden und warum braucht es diese Gewinne? Die SNB ist eine Non-Profit-Organisation, ihre Zielsetzung besteht darin, die Geldmenge zu steuern und für Geldwertstabilität zu sorgen, nichts anderes, sicher keine spekulativen Geschäfte, weil linke Politiker immer nur Geld ausgeben! Die einzige Unterlassungssünde ist bis anhin die Transaktionssteuer, welche durchaus sinnvoll ist, aber dafür muss man nicht SP-Mitglied sein.

  • am 24.02.2014 um 03:24 Uhr
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    In der Tat, Herr Düggelin. Dabei meinte Herr Müller kürzlich, dass er nur über Themen schreibt, in denen er sich auskennt: Geschichte, Staatsrecht, BWL.
    Man sollte sich schon mit dem Geldsystem beschäftigen, um qualifizierte Aussagen über Finanzblasen zu machen. Insbesondere sollte man sich auch mit den Privilegien der FED auseinandersetzen und das Verhältnis der anderen Zentralbanken zur FED kennen.
    Die Krux an der Sache ist nämlich: Wenn Herr Müller sich mit dem Geldsystem auseinandersetzen würde, käme er nicht auf die Idee, die EU als Friedensprojekt zu bezeichnen. Er scheint nach Jahrzehnten zudem noch nass von den ersten Propagandawellen. Es dürfte sich doch inzwischen rumgesprochen haben, dass die Vororte von Paris und London langsam ausser Kontrolle geraten, die Ghettos (siehe Schweden) wachsen und sich vermehrt gegenüber den Regierungen autonomisieren.

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