Fribourg_Marly

Fribourg-Marly in den Jahren 1939 und 2015 © VBS/Peter Brotschi

Zersiedelung: Diesmal bei Marly-Fribourg (9)

Peter Brotschi /  Marly bestand einst aus zwei Gemeinden. Heute ist die ehemals freie Fläche zwischen den beiden Dörfern vollständig überbaut.

Das Flugzeug befindet sich südlich von Fribourg über der Gemeinde Marly. Wir blicken exakt gegen Norden in Richtung der Hauptstadt des Kantons Freiburg, die mit dem deutschen Namen – zur Unterscheidung von Freiburg im Breisgau – Freiburg im Üechtland genannt wird. Auffällig ist die Pont de Pérolles über die Saane oder französisch La Sarine. Die 1922 erbaute Bogenbrücke stellte die direkte Verbindung von Marly zur Stadt Fribourg her und war wohl der Grund für die Aufnahme durch die Schweizer Luftwaffe, die kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 20. Juli 1939 fotografiert wurde. Dadurch wurde quasi per Zufall die grosse freie Fläche zwischen den einstigen Gemeinden Marly-le-Grand (knapp ausserhalb des rechten Bildrandes) und Marly-le-Petit aufgenommen; von letzterem Dorf sind links unten gerade noch ein paar Häuser zu sehen.


Marly und Fribourg 1939 (Bild VBS)

Auf dem alten Foto erstreckt sich am oberen Bildrand Fribourg. Aufgrund der etwas weniger starken Vegetation ist gegen den linken Bildrand zu im Bogen der Saane das «Creux du Loup» zu erkennen. Im Wald oberhalb der Saane befindet sich die Villa Beau-Site, heute ein Altersheim. Bis Mitte der 1950er Jahre waren Marly-le-Grand und Marly-le-Petit sehr landwirtschaftlich geprägt, wie unzählige andere Ortschaften in der Schweiz auch. Ab 1960 setzte ein starkes Bevölkerungswachstum ein. Die beiden Dörfer wuchsen zu einer Agglomerations-Gemeinde von Fribourg zusammen, was auf Anfang 1970 zum Zusammenschluss und zur neuen politischen Gemeinde Marly führte, die heute rund 8100 Einwohner zählt.

Marly-Fribourg 2015 (Bild Peter Brotschi)

Dass die einst freie Fläche zwischen den beiden Dörfern heute vollständig überbaut ist, zeigt sich auf dem aktuellen Foto deutlich. Wir blicken auf ein Gemisch aus Einfamilienhäusern, grossen Wohnblocks und Industrie- und Gewerbeflächen. Bei den Wohnblocks ist am Stil gut abzulesen, welche in etwa der gleichen Zeit erbaut wurden. Der kleine Weg, der sich auf dem alten Foto leicht diagonal von rechts nach links durch das Bild zieht, ist zu einer veritablen Strasse ausgebaut worden; die einstige Kreuzung ist jetzt im Kreisverkehr befahrbar. Ein Detail am Rande: Verkehr im heutigen Sinne war 1939 noch ein Fremdwort, auch bei starker Vergrösserung des historischen Fotos konnte der Autor auf dem ganzen Bild nur ein einziges Auto entdecken…
Klar hat sich auch Fribourg selber stark ausgedehnt, bis an den sprichwörtlichen Waldrand. Die Saane lässt aber keinen Zusammenschluss mit Marly zu. Mit den anderen Nachbargemeinden Villars-sur-Glâne, Givisiez und Granges-Paccot ist Fribourg längst zusammengewachsen. Schon fast bedenkenswert ist es, dass es die beiden Bauernhöfe noch gibt, die auf dem alten Foto in der unteren Bildhälfte im Freien stehen. Heute sind sie aber vollständig eingeschlossen.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Peter Brotschi ist Lehrer, Aviatikjournalist und CVP-Kantonsrat im Kanton Solothurn. Er kämpft politisch gegen die Zersiedelung der Schweiz. Autor von sieben Büchern, sein letztes: «Ein wenig des Himmels für mich»

Zum Infosperber-Dossier:

Zersiedelung_Dossier

Zersiedelung der Schweiz

Folgen des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums. Eine Alternative wäre verdichtetes Bauen in der Nähe von Arbeitsplätzen.

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