Stadium_Hardturm_srf

Das geplante Stadion mit den zwei riesigen Wohnblöcken © srf

Glückliche Kinder in Wolkenkratzern beim neuen Hardturmstadion?

Heinrich Frei /  Das Zürcher Stadion soll mit 595 Luxuswohnungen querfinanziert werden. Am 25. November kommt es in der Stadt Zürich zur Abstimmung.

Red. Der Autor ist pensionierter Architekt. Er engagiert sich auch in einer Entwicklungshilfeorganisation, dem Friedensrat und der GSOA. Er ist ein Gegner des neuen Fussballstadions in Zürich.

Im Zuge der verdichteten Bauweise werden heute in Zürich riesige Mietskasernen hochgezogen. Zwar sind diese neuen Wohnungen meist sehr komfortabel, aber bei dieser Wohnbatterien-Bauweise stellt sich doch die Frage, ob dabei der Mensch noch das Mass der Architektur bleibt, oder nicht der Profit durch die maximale Ausnützung der Grundstückfläche.
Diese Frage stellt sich jetzt auch bei den beiden 137 Meter hohen Türmen mit rund 595 Wohnungen, die zusammen mit einem neuen Fussballstadion in Zürich gebaut werden sollen. Der Hauptinvestor bei diesem Projekt ist die Credit Suisse.

Abstimmung am 25. November

Die Stimmberechtigten der Stadt Zürich werden am 25. November 2018 entscheiden, ob die beiden städtischen Fussballklubs FC Zürich und Grashopper Club auf dem Hardturm-Areal eine «neue Heimat» erhalten sollen, wie es so schön heisst. Das Projekt sieht auf dem rund 55’000 Quadratmeter grossen Areal ein Stadion für rund 18’000 Zuschauer vor.
Der Investor, die Crédit Suisse, will mit den Wohntürmen das Stadion querfinanzieren. Dadurch müsste sich die Stadt weder am Bau noch am Betrieb finanziell beteiligen. Mit einem reduzierten Baurechtszins auf den Baufeldern, auf denen die Türme stehen werden, unterstützt sie das Projekt aber trotzdem: Der Einnahmeverzicht beläuft sich jährlich auf maximal 1,7 Millionen Franken.

Laut einer Umfrage einen Monat vor der Abstimmung werden 54 Prozent der Stadtzürcher Stimmbevölkerung dem Projekt zustimmen. Stimmberechtigt sind nur Schweizer Bürger, die Ausländerinnen und Ausländer, die in der Stadt Zürich leben, und das sind 32,4 Prozent der Wohnbevölkerung, sind zwar gute Steuerzahler, aber nicht stimmberechtigt.

Kleine Kinder in den zwei Wolkenkratzern beim Fussballstadion?

Wie wird es kleinen Kindern gehen, die in Zukunft in den zwei 137 Meter hohen Wolkenkratzern beim Hardturm Fussballstadion in den 595 Wohnungen zu Hause sind? Muss dort die Mutter oder der Abwart die Kinder mit dem Lift auf den Spielplatz hinunterbringen? Oder sollen sie oben im Appartement bleiben bei TV, PC-Games, Snacks und Coca-Cola, immer dicker werdend? Sie können nicht allein hinunter auf den Hof oder auf die Wiese und Fussball spielen wie Kinder in den Gartensiedlungen in Zürich-Schwamendingen oder an der Goldküste am Zürichsee. Das Wohlbefinden der Kinder in den Wolkenkratzern neben dem Fussballstadion müsste auch Fussballfans, Bürgerliche, Sozialdemokraten, Grüne, Kommunisten und Alternative beschäftigen.
Hochhäuser sind kein Beitrag zum Energiesparen, zur 2000-Watt Gesellschaft
Die Mieten für diese nicht familien- und nicht kindgerechten Turm-Wohnungen neben dem Hardturm Fussballstadion können nur wohlhabende Leute bezahlen (4-Zimmerwohnung 4000 Franken pro Monat). Diese Hochhäuser sind auch kein Beitrag zur 2000-Watt Gesellschaft, die Zürich anstrebt. Die zum Bau investierte Primärenergie bei Hochhäusern ab 25 Metern steigt um 40 Prozent, stellte das Institut für Bauplanung und Neubauten der Eidgenössischen Hochschule (ETH) in Zürich fest. Kleine Wolkenkratzer sind zwar heute en vogue. Sie sind aber ökologisch gesehen nicht vertretbar.
Die andere Frage ist: Braucht die Stadt Zürich, mässig fussballbegeistert, mit nicht wenigen armen Familien und alleinerziehenden Müttern am Rande des Existenzminimums wirklich zwei grosse Fussballstadien? Muss der Zuschauersport so stark gefördert werden?
Die Stadt Zürich hat für die Europäische Fussballmeisterschaft EM 2008 bereits im Letzigrund ein neues Fussballstadion gebaut. Kosten: 125,2 Millionen Schweizer Franken. Kapazität 30’930 Zuschauerinnen und Zuschauer.

Stadion Letzigrund, Zürcher Fussball- und Leichtathletikstadion (Bild Wikipedia)

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Heinrich Frei ist pensionierter Architekt, Vorstandsmitglied von Swisso Kalmo, einer Hilfsorganisation die in Somalia arbeitet, im Vorstand des Schweizerischen Friedensrates, GSOA Mitglied und Mitglied der Gewerkschaft des Verkehrspersonals.

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3 Meinungen

  • am 7.11.2018 um 13:23 Uhr
    Permalink

    Lieber Hienrich Frei. Architekt bin ich nicht, Sport schaue ich auch nie.Will trotzdem Stellung nehmen zu Ihrer Opposition zu Hochhäusern: Wenn mehr Menschen da sind, brauchen wir mehr Wohnraum. Wie dies tun, ohne das spärlich werdenden Ackerland noch mehr zuzubauen? Keine Raumplanung verhindert, dass wir pro Kopf noch 280 m2 Ackerland haben! Wir müssen Menschenfreundliche Hochhäuser konstruieren! Mit Spielplätzen und Gärten auch oben und in der Mitte. Aber nicht die «toten» Gärten, wir IHR Architekten sie zu 90% macht, sondern lebende, wo Kinder graben, Wasser verschütten, feuern, mit Tieren spielen dürfen, Eier suchen und essen….
    WEnn ein Architekt meint, dies gehe nicht, sofort den Architekten wechseln!

  • am 7.11.2018 um 15:34 Uhr
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    Wohnhochhäuser: Will das die Bevölkerung wirklich?

    Ist die Akzeptanz von Wohnhochhäusern und dem verdichteten Bauen wirklich gestiegen, oder wird hier aus der Wohnungsnot in den Agglomerationen schnell eine Tugend gemacht?

  • am 13.11.2018 um 16:50 Uhr
    Permalink

    Peter Tschanz, Hochhäuser sind kein Werkzeug zur Verdichtung. Der Gewinn von Freifläche reduziert sich mit steigender Geschosszahl exponentiell. Eine wissenschaftliche Begründung kann ich Ihnen zusenden: h.eisterer@hispeed.ch
    Sie können auch ein Blatt Papier falten und sehen, dass die gefaltete Fläche nach 4 Faltungen kaum mehr kleiner wird. Planer wissen es, Architekten nur wenige. Leider ist die landläufige Meinung, dicht bauen heisse hoch bauen, falsch. Dies bei der in unserem Land akzeptierten Ausnützung bis max. 200%. Gebiete in der Zürcher Altdtadt erreichen diesen Wert. Sonst in der Stadt gilt eine Ausnützung von 160% als sehr hoch (zB Überbauung SELNAU, wo früher der Bahnhof stand). Schon Serini hat 1913 auf diesen Sachverhalt hingewiesen und später viele Stadtbaumeister und Architekten.

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