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Im US-Bundesstaat Kalifornien traten 2018 eine ganze Handvoll neuer Gesetze in Kraft. © CC

Kalifornien: Nägel mit Köpfen gegen Trumps Politik

Daniela Gschweng /  Kalifornien schützt illegale Migranten, führt ein drittes Geschlecht und zwölf Wochen Elternzeit ein und legalisiert Cannabis.

Die letzte Steuerreform zeugte davon: In den USA haben sich im vergangenen Jahr zunehmend neoliberale Kräfte durchgesetzt. Minderheiten, Migranten und Randgruppen kämpfen vermehrt für ihre Rechte, Umverteilung gibt es nur nach oben.

Ausser in Kalifornien. Dort traten per 1. Januar eine ganze Reihe Gesetze in Kraft, die so progressiv sind, dass sie von einem skandinavischen Land stammen könnten, schreibt «Quartz». Die wichtigsten Änderungen: Cannabis ist jetzt auch für den nicht-medizinischen Gebrauch legal, das dritte Geschlecht wird eingeführt, ebenso die Elternzeit, die Nutzung von Antibiotika in der Tierhaltung wird eingeschränkt und der Schutz illegaler Migranten verstärkt. Die «LA Times» hat eine vollständige Liste publiziert.

Cannabis als Rauschmittel

Die weltweit meistkommentierte Änderung: Kalifornien ist der achte Bundesstaat, der Anbau, Besitz und Konsum von Marihuana als Rauschmittel legalisiert. Seit Neujahr darf Cannabis von lizenzierten Läden an Volljährige verkauft werden. Die Kunden stehen Schlange. Vor und beim Autofahren konsumieren dürfen die Kalifornier nicht, auch dafür gibt es ein neues Gesetz.

Nach den US-Bundesgesetzen ist Marihuana weiterhin illegal, eine rechtlich absurde Situation. Die Obama-Regierung erlaubte den einzelnen Staaten in 2013 eigene Regeln – ein Gesetz, das die republikanische Partei gerne kippen möchte.

Das dritte Geschlecht wird legal – und Elternzeit gibt es auch

Ebenso bemerkenswert: «Junge oder Mädchen?» hat in Kalifornien womöglich ausgedient. Seit Anfang Jahr müssen Eltern das Geschlecht ihres Kindes auf der Geburtsurkunde nicht mehr angeben und können stattdessen eine geschlechtsneutrale Option wählen. Ab 2019 können auch Führerscheine mit der Angabe «non-binary» ausgestellt werden.

Zum Beantragen der Geburtsurkunde bleibt den Eltern zukünftig reichlich Zeit, denn ab sofort können sie sich über zwölf Wochen Elternzeit freuen. Zumindest, wenn sie in einem Betrieb mit mehr als 20 Angestellten arbeiten.

Mehr Gleichberechtigung und mehr Umverteilung

Falls Eltern und Kind arm sind, geht es ihnen in Kalifornien zukünftig besser. Der Mindestlohn wurde gerade auf 10,50 Dollar pro Stunde in kleinen und auf 11 Dollar in grösseren Unternehmen angehoben. Das Gesetz zur gleichberechtigten Entlohnung wurde auf den öffentlichen Sektor ausgedehnt.

Kinder, deren Eltern die Schulverpflegung nicht zahlen können, bekommen seit Januar trotzdem Mittagessen, dazu hat der Staat Kalifornien die Schulen verpflichtet. Ausserdem müssen Schulen in einkommensschwachen Gegenden kostenlos Tampons und Binden zur Verfügung stellen.

Autofahrer und Immobilieneigentümer müssen einen Beitrag leisten

In anderen Bereichen wird ebenfalls umverteilt: Bei der Refinanzierung von Hypotheken und einigen anderen Transaktionen im Immobilienbereich wird zukünftig eine Gebühr von 75 Dollar fällig, die zur Finanzierung von günstigem Wohnraum verwendet wird.

Zur Kasse gebeten werden auch die kalifornischen Autofahrer: Wer ein Benzin- und Dieselfahrzeug fährt, bezahlt künftig eine jährliche Gebühr von bis zu 175 Dollar, die für die Strasseninfrastruktur verwendet wird.

Umwelt und Gesundheit

Im Umwelt- und Gesundheitsbereich gibt es ebenfalls Verbesserungen. Nutztiere dürfen in Zukunft nur noch Antibiotika erhalten, die von einem Tierarzt verschrieben wurden. Die Kennzeichnungspflicht für gefährliche Chemikalien in Reinigungsprodukten wurde erweitert.

Mehr Schutz für illegale Migranten

Die vielleicht wichtigste Änderung: Entgegen dem landesweiten Trend verstärkt Kalifornien den Schutz illegaler Migranten. So sind Hilfseinrichtungen nicht mehr verpflichtet, den Aufenthaltsstatus von Klienten zu melden. Die Befugnisse von kalifornischen Behörden zur Auskunft an die Bundesbehörden werden beschnitten. Nicht angekündigte Arbeitsplatzkontrollen sind ab sofort verboten und Vermieter können bestraft werden, wenn sie Sans Papiers denunzieren oder damit drohen.

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Diesen Beitrag hat Daniela Gschweng aufgrund eines Berichts von «Quartz» und anderer Quellen erstellt. Grosse Medien in der Schweiz haben bisher nicht darüber berichtet.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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