Protest gegen aggressive Politik in Los Angeles

Protest in Los Angeles gegen die aggressive Politik Präsident Putins. © hannatv/Depositphotos

Jahresrückblick 2025 – heute von Urs P. Gasche

Red. /  Zum Jahreswechsel berichtet die Redaktion Infosperber über ihre Arbeit. Jede und jeder hat dazu einen eigenen Artikel ausgewählt.

Favorit Daumen X
Urs P. Gasche

Von Beginn an habe ich klargestellt: Putins völkerrechtswidriger Krieg gegen die Ukraine ist mit nichts zu entschuldigen. 

Doch wie bei anderen Kriegen stellte sich mir die Frage: Hätte sich dieses unermessliche Leid verhindern lassen? Die Frage ist zentral – ob in Israel und Palästina, im Sudan, in Afghanistan oder in Irak. Über den Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden Bücher geschrieben, die genau das untersuchen: Wie hätte man sie vermeiden können? 

Beim Ukraine-Krieg könnte eine Analyse der Vorgeschichte Hinweise liefern, wie der Krieg zu beenden wäre. Aber ich stellte irritiert fest: Grosse Medien scheuen eine unvoreingenommene Analyse.

Vielmehr ersticken sie mit Begriffen wie «Putin-Trolle» oder «Putin-Versteher» jede Stimme, die von der Nato-Erzählung abweicht. Wer den Maidan-Putsch, die Minsk-Abkommen, den Krieg der Ukraine gegen die russisch kontrollierten Gebiete im Donbas mit 14’000 Toten oder die Geschichte der Krim genauer beleuchtete, wurde mundtot gemacht.

Besonders hart traf es jene, die die geplante Nato-Osterweiterung in Richtung Ukraine und Georgien als Fehler bezeichneten. Diese argumentieren, dass ohne diese Einkreisung Russlands der Angriffskrieg wahrscheinlich ausgeblieben wäre. 

So begann, was später zu diesem Artikel führte:

Diesen Artikel publizierte Infosperber am 15. Dezember 2025

Kampfjets nutzlos

Ich beobachtete, wie Medien Zitate selektiv herausgriffen, um zu beweisen, dass Wladimir Putin sich nach 2014 zum imperialistischen Aggressor gewandelt habe. Seine wiederholten Aussagen, die Nato in der Ukraine aus Sicherheitsgründen niemals zu akzeptieren, wurden mehrheitlich ignoriert. Auch bei Putins jüngstem Medienauftritt am 19. Dezember: kein Wort über seine ausführlichen Äusserungen zur Nato. 

Mir wurde klar, warum: Sollte es Putin und Russland tatsächlich «nur» darum gehen, dass sein grosses Nachbarland militärisch neutral bleibt und der Volkswille auf der russlandfreundlichen Krim und im weitgehend russlandfreundlichen Donbas respektiert wird, bräche die Erzählung zusammen, Russland bedrohe Westeuropa. 

  • Dann hätte sich die Sicherheitslage in Europa trotz des russischen Angriffskriegs nicht verändert. 
  • Dann gäbe es keinen Grund, dass Europa und die Schweiz Milliarden zum Aufrüsten verschwenden, statt sie sinnvoller einzusetzen.

Ein Leser schrieb mir wie andere zuvor: «Aus Ihren Artikeln lese ich immer wieder heraus, dass Sie Verständnis für die ‹Intervention› Russlands beziehungsweise Putins in der Ukraine zeigen.»

Nein, das hat mit Verständnis – und schon gar mit Billigung – des russischen Krieges nichts zu tun. Russland fühlte sich von der Nato eingeschnürt, war aber nie existenziell bedroht. Angegriffen wurde Russland schon gar nicht. Der Krieg bleibt unentschuldbar. 

Ebenso wenig ist das gewaltsame Durchsetzen der «Monroe-Doktrin» in Lateinamerika völkerrechtlich zu rechtfertigen. Jüngstes Beispiel: Venezuela. Medien beschönigen dies und sprechen höchstens von «völkerrechtlich umstritten», obwohl das Töten von Menschen auf Hoher See ohne unmittelbare Gefahr die UN-Charta klar verletzt. «Regime Changes» sind verboten, solange eine Regierung – so korrupt sie auch sein mag – keinen Massenmord begeht.

Dieses Messen mit zweierlei Mass irritiert mich.

Ich selbst möchte weder in Russland noch in Venezuela leben – als Journalist schon gar nicht. Doch es geht mir um Völkerrecht, Krieg und Frieden. Mein Studium der Internationalen Beziehungen in Genf hat mir gezeigt: Einzelne Staatsführer beeinflussen den Lauf der Dinge nur beschränkt. Mehr Einfluss haben wirtschaftliche, soziale und politische Machtverhältnisse, Demografie, Geografie, kollektive Mentalitäten und grosse ideologische Strömungen. Im Donbas beispielsweise spielen die Rohstoffe eine Rolle.

Der Schweizer Historiker Jean-Rodolphe von Salis war ein Pionier dieses Ansatzes. Die Franzosen Renouvin und Duroselle hatten diesen zur wissenschaftlichen Methode entwickelt.

Alle diese Erkenntnisse haben mich motiviert, in einer Artikelreihe die jüngste Geschichte zu beleuchten und den Sinn des allgemeinen Aufrüstens zu hinterfragen. 

Grosse Medien liefern fast täglich Argumente für das Aufrüsten. Sie kritisieren Regierungen und Politiker nur in eine Richtung: Sie würden zu wenig oder zu langsam aufrüsten.

Infosperber bietet zur Meinungsbildung eine andere Sichtweise.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

In eigener Sache
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.

Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:



_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...