Amgwerd

Setzt sich für das neue kantonale Grundrecht ein: Monica Amgwerd, Generalsekretärin der Partei «Digitale Integrität Schweiz». © SRF 10 vor 10

Digitale Integrität: Eine Idee wird Politik

Markus Reuter /  Immer mehr Kantone verankern ein neues Grundrecht auf digitale Integrität. Bald stimmt auch der Kanton Zürich darüber ab.

psi. Dieser Beitrag erschien auf netzpolitik.org (Creative Commons-Lizenz BY-NC-SA 4.0). Das Non-Profit-Medium wird hauptsächlich durch Leserspenden finanziert.

Das Konzept der digitalen Integrität setzt sich in der Schweiz immer mehr durch. Zu diesem Schluss kommt ein Artikel von Adrienne Fichter in der «Republik». Doch um was geht es dabei eigentlich?

Das in der Westschweiz zuerst auftauchende neue Grundrecht breitet sich zunehmend auf kantonaler Ebene in der Schweiz aus und findet dort Eingang in Verfassungen. Laut «Republik» haben Genf und Neuenburg das Recht auf digitale Integrität bereits in ihre Kantons­verfassungen aufgenommen, im Kanton Jura habe das Parlament Ja dazu gesagt. In der Waadt, in Basel sowie Luzern hätten Kantons­rätinnen Vorstösse eingereicht.

Am 30. November wird im Kanton Zürich über eine Volksinitiative zum Thema abgestimmt. Weltweit sei das neue Grundrecht aber noch einzigartig und nur in der Schweiz anzutreffen, so der Bericht weiter. Getragen würde es von unterschiedlichen politischen Strömungen und Parteien, ein heterogenes Netzwerk stehe hinter dem Grundrecht. Die Piratenpartei der Schweiz und ihr ehemaliger Präsident Alexis Roussel arbeiten jedoch seit Langem am neuen Grundrecht, die Partei hat eine eigene Infoseite zum Thema.

Das Grundrecht auf digitale Integrität setzt sich, wie hier in der Volksinitiative in Zürich beschrieben, aus folgenden Rechten zusammen:

  • Ein Recht auf Vergessenwerden.
  • Ein Recht auf ein Offline-Leben.
  • Ein Recht auf Informationssicherheit.
  • Ein Recht darauf, nicht von einer Maschine beurteilt zu werden.
  • Ein Recht darauf, nicht überwacht, vermessen und analysiert zu werden.
  • Ein Recht auf Schutz vor Verwendung von Daten ohne Zustimmung, welche das digitale Leben betreffen.

Das Grundrecht bildet demnach einen Gegenpol zu einer Welt, in der Daten das neue Öl sind und Datenschutz immer weiter durch entgrenzte Datennutzung unter Druck gerät. Dabei ist das neue Grundrecht auf digitale Unversehrtheit eine Erweiterung und Teil des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit, die durch die immer bedeutendere Rolle des Digitalen als Teil des Persönlichkeitsrechtes nötig werde. Gegner:innen des Konzepts argumentieren, dass die körperliche Unversehrtheit die digitale Integrität schon abdecke.

Ein wichtiger Teil der digitalen Unversehrtheit ist die informationelle Selbstbestimmung, die in Deutschland bereits als eigenes Grundrecht formuliert wurde. Ebenso gibt es in Deutschland das so genannte IT-Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, das auch zur Digitalen Integrität gezählt werden kann. Ein längeres Video, welches das neue Grundrecht erklärt, hat die Digitale Gesellschaft Schweiz veröffentlicht.

«Massstäbe für Behörden setzen»

Bislang wurde das neue Grundrecht in der Schweiz auf regionaler und kantonaler Ebene eingeführt. Gegner:innen des neuen Grundrechtes argumentieren beispielsweise in Zürich, dass solche Dinge auf Bundesebene geregelt werden müssten und dass die Bürger:innen sonst falsche Erwartungen an das Recht hätten.

Monica Amgwerd, die sich für die Volksinitiative einsetzt, widerspricht gegenüber der «Republik» diesem Argument. Sie sieht den Staat als Vorbild. «Das Recht auf digitale Integrität soll Massstäbe für Behörden setzen und indirekt auch auf den privaten Sektor ausstrahlen», so Amgwerd gegenüber dem Medium. Dennoch gehöre das Thema auch auf die bundesweite Ebene.

Bislang steht die Schweiz mit dem neuen Grundrecht noch recht alleine da. In Deutschland hatte die Piratenpartei im Jahr 2021 das Grundrecht in ihrem Wahlprogramm eingefordert, im französischen Strassburg hat es die digitale Integrität in einen Beschluss des Stadtrates geschafft.


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Keine. Markus Reuter ist Redaktor bei netzpolitik.org.
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