Ab in die Biogasanlage – oder in die Kehrichtverbrennung
Das Team von France Télévisions verfolgt für den Film einen Lastwagen auf einer Strecke von 600 Kilometern quer durch Frankreich – aus der Umgebung von Lyon bis fast an die Atlantik-Küste. Dort steht eine grosse Biogasanlage. Ein Angestellter filmt im Versteckten, wie 45 Tonnen Tiefkühl-Lasagne der Marke Marie vernichtet werden.

Die Lasagne gelangen mitsamt der Verpackung in eine Förderschnecke. Die Anlage gibt Flüssigkeit zu. So entsteht eine Suppe, die vergärt. Die Papier- und die Plastikresten gelangen anschliessend in die Verbrennung.
«Extrem unangenehmer Geschmack»
Doch warum landen die Lasagne überhaupt in der Biogasanlage? Der Hersteller ziert sich lange. Dann teilt er dem Fernsehteam schriftlich mit, die Lasagne hätten einen «extrem unangenehmen Geschmack» gehabt. Der Angestellte der Biogasanlage merkt allerdings nichts davon. Er hat ein paar Packungen mitlaufen lassen, hat sie gegessen und sagt: «Die Lasagne sind einwandfrei.»
France Télévisions zeigen weitere Beispiele von Lebensmitteln, die einwandfrei sind, aber trotzdem entsorgt werden: Fischkonserven, bei denen das Verhältnis aus Öl und Fisch nicht der Deklaration auf der Etikette entspricht. Lauch, der zu klein geraten ist. Sushi in einer Herzpackung, die am Valentinstag keinen Käufer gefunden haben. Cookies, die nicht ganz rund sind.

«Die Kunden verlangen das volle Sortiment»
Das Fernsehteam zeigt einen Bäcker, der kurz vor 19 Uhr noch Baguettes bäckt, obwohl seine Bäckerei um 20 Uhr schliesst. «Die Kunden verlangen bis Ladenschluss das volle Sortiment», sagt er. Die Folge: Um 20 Uhr wirft er Backwaren weg, die noch lauwarm sind.

Zwei Mal pro Woche kann er sein Brot karitativen Organisationen übergeben. Die restlichen Tage landet alles im Abfall: Brot, Sandwiches, Patisserie. Täglich füllt der Bäcker einen 50- oder einen 100-Liter-Sack. Er sagt: «Wenn ich nicht bis Ladenschluss backen würde, könnte ich weniger verkaufen.»
Aber nicht nur die Hersteller verschwenden Lebensmittel. Auch die Händler werfen viel weg. Zwar gibt es in Frankreich seit 2016 ein Gesetz, das Herstellern und Händlern vorschreibt, Lebensmittel zu verwerten – das heisst einer karitativen Organisation zu übergeben oder allenfalls Suppen oder Konfitüren daraus herzustellen. Falls das alles nicht möglich ist, sollen sie als Tierfutter genutzt werden oder zur Biogasproduktion. Nur in Ausnahmefällen dürfen Lebensmittel verbrannt werden.

France Télévisions rüsteten Produkte in einem Supermarkt-Container mit einem GPS-Tracker aus und verfolgte sie. Die Container waren drei Stunden unterwegs und wurden schliesslich in einer Kehrichtverbrennungsanlage in der Nähe von Perpignan angeliefert. Gleichzeitig beklagen sich karitative Organisationen aus der Region darüber, dass sie zu wenig Lebensmittel erhalten. Die Regale ihrer Abgabestellen sind leer. Und nebenan werden Lebensmittel verbrannt.
«Geschmacklich einwandfrei»
Allerdings gibt es im Film auch Lichtblicke. Das Fernsehteam besucht einen Gemüsebauern. Er ist auf einem schönen Teil seiner Lauch-Ernte sitzen geblieben. Der Lauch ist gross geraten. Kein Händler nimmt ihn ab. Der Bauer hat deshalb Mitglieder der «Restos du coeur» eingeladen, seinen Lauch gratis zu ernten. «Es wäre ja schade gewesen, wenn ich ihn hätte unterpflügen müssen», sagt er, «geschmacklich ist der Lauch einwandfrei».

Ein anderer Bauer steht vor einem ähnlichen Problem. Ein Teil seiner Kürbisse ist fleckig. Gemüsehändler wollen seine Ware nicht. Deshalb verkauft er seine Kürbisse für einen Euro pro Stück direkt ab Hof. Die Kunden stehen Schlange.

Im Jahr darauf zahlt er dafür die Zeche. Kein Gemüsehändler will seine Kürbisse mehr kaufen. Sie haben ihn auf eine schwarze Liste gesetzt.

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.








Ihre Meinung
Lade Eingabefeld...