Beispiel Masernausbrüche: Wie Medien Informationen gewichten
In den letzten Monaten berichteten Dutzende von Medien über die Masernausbrüche in den USA – meist mit einem Seitenhieb auf die aktuelle US-Regierung und ihren Gesundheitsminister Kennedy, dem vorgeworfen wird, er habe die «schlimmste Masernwelle seit Jahrzehnten» mitverschuldet.
«Wenn ignorante Ideologen regieren» titelte die «Südostschweiz». «Fast 1300 Masernfälle in 38 Bundesstaaten – die neuesten Zahlen der Gesundheitsbehörde CDC vom Juli sind alarmierend», meldete die «ARD-Tagesschau» vor wenigen Tagen. Zwei Kinder und ein Erwachsener sind beim grössten Masernausbruch seit über 30 Jahren in den USA bereits gestorben.
Kanada zählt seit Jahresbeginn 3665 bestätigte Masernfälle. Mindestens 86 Prozent der Betroffenen waren ungeimpft. Von den Masernausbrüchen in Kanada ist in den Medien jedoch fast nichts zu hören oder zu lesen.
Das grösste Problem: Vertreibung und Flucht …
Über eine andere, aktuelle Studie informierten die Medien gar nicht. Sie zeigt auf, wo die allermeisten ungeimpften Kinder leben: In Gebieten, in denen Konflikte ausgetragen und Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden oder flüchten müssen. Im Jahr 2024 betraf dies über 120 Millionen Menschen. 40 Prozent davon sind unter 18-jährig. Seit 2010 nehmen die Konflikte weltweit zu. In den letzten fünf Jahren haben sie sich laut dem «Konfliktindex» sogar fast verdoppelt.
Im Durchschnitt sind nur 21 Prozent der vertriebenen oder geflüchteten Kinder und Jugendlichen voll geimpft. Bloss 47 Prozent haben die Masernimpfung erhalten, stellte die Studie in «Jama Network Open» fest. Höhere Impfraten werden demnach dann erzielt, wenn diese Bedingungen erfüllt sind: Ein stabiles Dach über dem Kopf, ein Vater mit einer Erwerbsarbeit, Zugang zum Gesundheitssystem und wenigstens etwas Schulbildung der Eltern.
… aber die WHO warnt vor Desinformation
2024 habe es in 60 Ländern starke Masern-Ausbrüche gegeben – «mehr als doppelt so viele wie 2022», berichtete die «Süddeutsche Zeitung» jüngst und warnte: «Die Impfskepsis geht um.» Immer mehr Kinder blieben laut der WHO «ungeimpft, weil die Hilfsbudgets einbrechen und die Impfskepsis in vielen Teilen der Welt wächst.» WHO-Regionaldirektor Hans Kluge prangerte «Fehlinformationen» über die Impfungen an.
Die Hauptursachen fehlender Impfungen erwähnte der Artikel mit keinem Wort: Krieg, Hunger, Vertreibung und Flucht.
Sieben tote Kinder – pro Tag
Jeder vermeidbare Todesfall ist einer zuviel. Die häufigste – und ebenfalls vermeidbare – Todesursache von Kindern in den USA bleibt in den Medien weitgehend unerwähnt: Täglich sterben in den Vereinigten Staaten etwa 7 Kinder an Schussverletzungen – vor allem in Bundesstaaten mit laxen Waffengesetzen. Über diese im Juni in «Jama Pediatrics» veröffentlichte Studie haben in der Schweiz bloss eine Handvoll französischsprachiger Medien berichtet, zum Beispiel «Le Temps».
Je nach Waffengesetz werden in den Bundesstaaten jedes Jahr 12 bis über 25 Kinder und Jugendliche pro Million Personen von ihren Nächsten mit Schüssen umgebracht. Rechnet man Suizide mit ein, sind es in den Bundesstaaten mit den laxesten Waffengesetzen sogar fast 50 pro Million. Zum Vergleich: An den Masern starben in den USA im letzten Jahr 0,000012 Kinder pro Million Gleichaltriger. Die Medien haben diese tragischen und vermeidbaren Todesfälle unterschiedlich gewichtet.
Mehr als 30 Millionen Kinder in den USA leben in einem Haushalt mit mindestens einer Schusswaffe – Tendenz steigend. Allein 2022 starben 2526 Kinder und Jugendliche durch Schüsse. Die vielen Schussopfer von Kindern gibt es vor allem in Bundesstaaten, in denen der Waffenbesitz kaum reguliert ist. Schon seit 2015 steigt dort die Anzahl der durch Schusswaffen getöteten Kinder. Mit Beginn der Corona-Pandemie kam es zum stärksten Anstieg seit über 20 Jahren. Strengere Waffengesetze – gegen die sich die Regierung unter Donald Trump aber stemmt – könnten jedes Jahr Tausende von Schusswaffenverletzungen und -todesfälle verhindern. Das zeigte die erwähnte Studie in «Jama Pediatrics». Doch sie wurde von den Medien kaum aufgegriffen.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Krieg, Hunger, Vertreibung und Flucht sind nicht nur die wichtigsten Gründe für fehlende Impfungen, sondern ziemlich generell für Krankheit und Tod. Armut könnte man wohl auch noch hinzufügen.
Darüber hinaus sollten die verschiedenen Gesundheitsbehörden auch zur Kenntnis nehmen, dass sie selbst die Impfskepsis massiv gefördert haben: Mit ihrem völlig unqualifizierten Umgang mit der Covid-Impfung.
Ein weiterer Grund dürfte das Debakel mit der Covid-Impfung sein, die nun einmal nicht vor Ansteckung schützte, vor schwerer Krankheit auch nur teilweise und vorübergehend, und die teils wirklich üble Nebenwirkungen hatte. Behörden und Experten haben da viel Glaubwürdigkeit verspielt.
Für die Zunahme bzw. das erneute Auftauchen von verschwundenen Krankheiten in westlichen Ländern ist aber vor allem die Migration verantwortlich, mit der Krankheiten eingeschleppt werden, und zum Teil auch klimatische Veränderungen.
Feuerwaffen bleiben die hauptsächliche Todesursache bei amerikanischen Kindern, es betrifft allerdings insbesondere Schwarze, und zum Teil handelt es sich um Unfälle.
Ein Grund für die steigende Impfskepsis liegt auch in der Erfahrung mit den Covid-Impfungen. Zum Teil wurde die Bevölkerung von Behörden und Fachleuten belogen. Das vergisst man nicht so schnell.