Israel führt in Gaza auch einen Krieg gegen das Klima
Neben dem unermesslichen menschlichen Leid, das Israel mit seinem Krieg in Gaza über die palästinensische Bevölkerung bringt, belastet es auch das Klima massiv mit Treibhausgasen. Fast zwei Millionen Tonnen Kohlenstoff-Äquivalente wurden bei den direkten kriegerischen Aktivitäten in Gaza allein während der ersten 15 Kriegsmonate freigesetzt. Dabei verantwortet Israel über 99 Prozent dieser kriegsbedingten Klimabelastung, die Hamas den Rest. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Studie des «Social Science Research Network», über welche die britische Zeitung «The Guardian» berichtet hat.
Der Krieg belastet das Klima gleich mehrfach
Aufgerechnet sind in der Studie nicht nur die Emissionen der direkten Luftangriffe und der Bodeninvasion Israels, sondern auch solche, die indirekt damit verbunden waren. Rund 30 Prozent der Belastung gingen aufs Konto der US-Lieferungen von gut 50’000 Tonnen Waffen und militärischen Vorräten auf dem Luft- und Seeweg nach Israel. Knapp 40 Prozent stammten aus den Abgasen der Lastwagen, die Hilfslieferungen nach Gaza transportierten – Fahrten, die ohne Krieg nicht notwendig gewesen wären.
Gaza musste erneuerbare Energie durch fossile ersetzen
Mit einberechnet wurde auch die Belastung durch Dieselgeneratoren zur Stromproduktion in Gaza. Strom, der vor dem Krieg mittels Solarenergie produziert wurde. Damals konnte Gaza knapp ein Viertel Solarstromanteil ausweisen, einen der höchsten Werte weltweit. Doch die israelischen Angriffe beschädigten die meisten Solarpaneele und zerstörten das einzige Photovoltaik-Kraftwerk des palästinensischen Territoriums.
Israel schädigt das Klima x-fach stärker als seine Feinde
Die aktuelle Studie zum Gaza-Krieg enthält auch eine erste Einschätzung über die gleichzeitigen Treibhausgasemissionen der anderen regionalen Kriege Israels mit dem Libanon, dem Jemen und dem Iran. So wurden laut der Studie allein im Libanon 3’747 Tonnen CO2-Äquivalent erzeugt. 90 Prozent davon seien eine Folge der israelischen Bombardierungen, 8 Prozent gingen auf das Konto von Hisbollah-Raketen.
Die Kohlenstoffkosten für den Wiederaufbau von 3’600 zerstörten Häusern im Südlibanon schätzt die Studie fast so hoch wie die jährlichen Emissionen der Insel St. Lucia mit ihren 188’000 Bewohnern.
Der Treibhausgasbelastung durch schätzungsweise 400 Houthi-Raketen aus dem Jemen stehe eine um den Faktor 50 grössere Belastung durch Israels Luftangriffe gegenüber.
Die Forscher schätzen, dass all diese Klimakosten zusammengerechnet dem Betrieb von 84 Gaskraftwerken während eines ganzen Jahres entsprechen.
Kriege hebeln das Verursacherprinzip aus
Das «Social Science Research Network» umfasst ein Team von Forschern mit Sitz in Grossbritannien und den USA. Es ist Teil einer wachsenden Bewegung, die Staaten und Unternehmen für die Klima- und Umweltkosten von Krieg und Besatzung zur Rechenschaft ziehen will. Bislang laufen kriegsbedingte Emissionen unter dem Radar der Öffentlichkeit, weil die Staaten aktuell nicht verpflichtet sind, diese an das UN-Klimagremium zu melden. So hat denn die israelische Armee, wie die meisten Militärs weltweit, den Vereinten Nationen nie Emissionszahlen berichtet.
Es geht um künftige Reparationsforderungen
Die vorliegende Studie ist die dritte und umfassendste Analyse über die Klimakosten der ersten 15 Monate des Gaza-Krieges. Solche Berechnungen könnten schliesslich helfen, künftige Ansprüche auf Wiedergutmachung zu berechnen, schreibt der Guardian. Auch die langfristigen Auswirkungen auf Land-, Nahrungs- und Wasserressourcen sowie die Aufwendungen für die Räumung und den Wiederaufbau nach militärischen Konflikten müssten dabei jeweils mitberücksichtigt werden.
Die grösste Klimabelastung steht noch aus
Die Studie blickt auch in die Zukunft und berechnet, dass die grössten Klimakosten aus dem Wiederaufbau von Gaza resultieren werden, also erst nach Beendigung von Israels Zerstörungskrieg. Dieser hat schätzungsweise 60 Mio. Tonnen giftigen Schrott verursacht. Abtransport und Entsorgung der Trümmer und der anschliessende Wiederaufbau von 436’000 Wohnungen, 700 Schulen, Moscheen, Kliniken, Regierungs- und anderen Gebäuden werde schätzungsweise um die 31 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent freisetzen, so die Studie. Zum Vergleich: Dies würde den gesamten Emissionen von Costa Rica und Estland im Jahr 2023 entsprechen.
«Diese aktualisierte Forschung zeigt die Dringlichkeit, die eskalierenden Gräueltaten zu stoppen und sicherzustellen, dass Israel und alle Staaten das Völkerrecht einhalten, einschliesslich der Entscheidungen der internationalen Gerichtshöfe», zitiert der «Guardian» Astrid Puentes, die UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt. «Ob die Staaten zustimmen, es als Völkermord zu bezeichnen oder nicht», spiele keine Rolle.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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