Die Migros hat nicht nur Probleme mit den Milchprodukten
In vielen Migros-Filialen sieht es gegenwärtig schlimmer aus als während der Corona-Krise. Die Müesli-Gestelle: halb leer. Bei den Körnern: fehlen viele Produkte. Bei den Süssgetränken: ebenfalls. Fleisch-Ersatzprodukte: gibt es nur beschränkt. Getreide-Stängel: ein ausgedünntes Angebot. Und die asiatischen «Tiger-Kitchen»-Produkte, für welche die Migros in einer Aktion wirbt: auch schwer erhältlich.

Milchprodukte als Schweinefutter
Kurz: Es sieht aus, als hätten die Migros-Kunden und -Kundinnen gehamstert. Haben sie aber nicht. Vielmehr kämpft die Migros mit enormen Lieferschwierigkeiten. Bekannt sind die Probleme bei den Milchprodukten. Seit einem Monat kann die Migros aus dem Hochregallager in Ursy FR nicht mehr rechtzeitig liefern. Das Problem: Die SAP-Software funktioniert nach einer Umstellung nicht mehr richtig. Die Folge: Viele Produkte fehlen in den Filialen. Manche, die zu verderben drohen, gehen an karitative Organisationen wie Tischlein-deck-dich oder Caritas. Andere enden als Schweinefutter.
«Keine generellen Lieferengpässe»
Die Migros bestreitet, dass es «generelle Lieferengpässe» gebe. Sie nennt zwei Gründe für die halb leeren Gestelle:
- Zum 100-Jahr-Jubiläum habe die Migros verschiedene Aktionen lanciert, die bei den Kunden auf grosse Nachfrage gestossen seien. Sie schreibt: «In einzelnen Filialen kann es daher vorkommen, dass die Nachfrage kurzfristig das Angebot übersteigt.»
- Zudem verhandle die Migros mit Lieferanten um Preise. Diese Verhandlungen könnten «vorübergehend Auswirkungen auf das verfügbare Sortiment in den Filialen haben».
Das sind zwei erstaunliche Begründungen. Denn die Migros hält normalerweise mit Informationen nicht hinter dem Berg, wenn sie mit den Preisen von Lieferanten nicht einverstanden ist. So machte sie durchaus bekannt, dass sie den Nivea-Hersteller Beiersdorf angezeigt hat. Die Kunden sind daher informiert, wenn es wegen Preisverhandlungen zu Lieferengpässen kommt.
Und wenn ein Detailhändler eine Aktion durchführt, dann stellt er die mutmasslich benötigte Menge bereit. Doch das sei gegenwärtig nicht der Fall, sagen Filialleiter zu Infosperber.
Eine Folge der Supermarkt-AG?
Die Filialleiter klagen über ständige Lieferprobleme – vor allem seit die Supermarkt-AG ihre Tätigkeit aufgenommen habe. Dass da ein Zusammenhang besteht, ist naheliegend. Mit der Gründung der Supermarkt-AG wurden die Migros-Strukturen noch komplizierter als vorher.
Die Migros erklärt die Aufgabe der Supermarkt-AG so: «Das Supermarktgeschäft wird in einer zentral gesteuerten eigenständigen Gesellschaft geführt, um effektive Leistungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette zu erbringen.»
Das wäre alles gut und recht, wenn nicht die zehn recht autonomen regionalen Genossenschaften weiterbestünden. Sie sind laut der Migros «für die regionale Marktbearbeitung, den operativen Vertrieb und das Verkaufsstellennetz» verantwortlich.
Alles klar? Wahrscheinlich nicht.
Infosperber fragte bei der Migros nach: «Haben die Lieferschwierigkeiten mit der Supermarkt-AG zu tun?» Die Migros beantwortete die Fragen nicht. Sie verwies bloss nochmals auf «die verschiedenen Aktionen» und «die Verhandlungen mit den Lieferanten».
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
_____________________
➔ Solche Artikel sind nur dank Ihren SPENDEN möglich. Spenden an unsere Stiftung können Sie bei den Steuern abziehen.
Mit Twint oder Bank-App auch gleich hier:
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Übrigens: Auch die Unternehmensprinzipien von Migros-Gründer Duttweiler wurden im Migros-Hochregallager in Ursy gelagert. Wegen Software-Problemen sind sie dort auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Lidl hatte auch sehr lange üble Software-Probleme und hat Millionenbeträge für IT in den Sand gesetzt. Es wäre eine weitere Insider-Recherche bei der MIGROS wert, um herauszufinden, was da Sache ist. IT-Probleme haben das Zeug dazu, mittelgroße Unternehmen in den Bankrott zu treiben, weil unglaublich viel dranhängt und Verzögerungen ordentlich Umsatz kosten. Trotz fürstlicher Stundensätze sind Heerscharen von IT-lern manchmal nicht in der Lage, das Problem zu lösen.