Rösti_Gredig

Hat bei der Forschung seiner Ämter besonderes Sparpotenzial erkannt: Bundesrat Albert Rösti. © SRF Gredig direkt

Bundesrat Rösti will eigene Forschung besonders stark stutzen

Pascal Sigg /  Von wegen «Opfersymmetrie»: Besonders das UVEK plant Kürzungen bei der Forschung. Möglicherweise hinter dem Rücken des Parlaments.

26 Millionen Franken weniger für die eigene Forschung – pro Jahr. Dies schlägt der Bundesrat in seinem «Entlastungspaket» vor. Im Bericht schrieb die Expertengruppe, welche hauptsächlich damit beauftragt war, Subventionen zu überprüfen, Kürzungen bei der Forschung liessen sich kaum begründen. Doch im Sinn einer «Opfersymmetrie» müssten eben alle Ausgabenbereiche mitmachen, wenn der Bund sein Armeebudget erhöhen wolle.

Nun zeigt sich aber: Von einer Gleichbehandlung kann keine Rede sein. Die im Bundesratsentwurf pauschal und unspezifisch aufgeführte Kürzung der so genannten Ressortforschung würde nämlich grösstenteils in Bundesrat Albert Röstis Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation vorgenommen und vier Ämter betreffen, die in den letzten Jahren wiederholt durch politisch hochrelevante Forschungsberichte auffielen.

Die Faktenfabrik

Bei der Ressortforschung handelt es sich um Forschung, welche die Bundesverwaltung selber initiiert und unterstützt. Sie tut dies, weil sie die Resultate zur Erfüllung der eigenen Aufgaben benötigt, oder weil diese von öffentlichem Interesse sind. Es sind unzählige kleine Forschungsprojekte, die allermeisten wichtig, politisch und nötig, auch weil Private sie nicht anpacken. Man könnte von der grössten Faktenfabrik der Schweiz im öffentlichen Interesse sprechen.

Gut 350 Millionen Franken gab der Bund im Jahr 2024 für eigene Forschung aus. Bereits für 2025 beschloss das Parlament eine sogenannte Querschnittskürzung um 20 Millionen. Für sein Kürzungspaket folgte der Bundesrat der Expertengruppe und schlug vor, ab 2026 nochmals etwa 26 Millionen Franken weniger für Ressortforschung zu sprechen. Davon sind die Departemente unterschiedlich betroffen.

UVEK will bei Ressortforschung besonders kürzen

Konkrete Zahlen nennen die Ämter auf Anfrage selber. Im Bundesamt für Umwelt (Bafu) rechnet man mit etwa drei Millionen, die wegfielen. Beim Bundesamt für Verkehr (BAV) dürften es gar sechs und beim Bundesamt für Energie (BFE) sieben Millionen Franken sein, die gestrichen werden müssten. Keine genaueren Zahlen wollte das Bundesamt für Strassen (Astra) nennen. Gemäss UVEK ist jedoch geplant, beim Astra einen verhältnismässig grösseren Anteil am Forschungsbudget zu streichen als bei anderen Ämtern.

Das UVEK bestätigt auf Anfrage, dass es besonders bei der Ressortforschung kürzt. Es bestätigt damit indirekt, dass die Kürzungen nicht wie vielfach behauptet linear erfolgen würden. Ein Sprecher schreibt: «Grundsätzlich entscheiden die Departemente und deren Ämter über die Art und Weise der Kürzungen. Beim UVEK hat man sich entschieden, die Kürzungen in der Ressortforschung vorzunehmen. Das Departement kann auch eigene Schwerpunkte setzen.»

Die UVEK-Ämter verfügen zwar über vergleichsweise hohe Forschungsbudgets. Abgesehen von einem grösseren Brocken bei der Entwicklungszusammenarbeit im Aussendepartement wären sie trotzdem überproportional betroffen. Gemäss dem entsprechenden Monitoringbericht verfügten etwa das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), das Bundesamt für Gesundheit (BAG) oder Meteoschweiz über höhere Budgets als das Astra.

Jenes des BLW liegt über jenem des Bafu. Das Bundesamt für Landwirtschaft etwa erforscht auch, wie wettbewerbsfähig gewisse landwirtschaftliche Produkte sind, oder wie Stall und Acker digitalisiert werden können. Das Bundesamt für Rüstung gibt jährlich allein die 25 Millionen für Ressortforschung aus, die etwa eingespart werden sollen. Ausserhalb des UVEK soll einzig die Ressortforschung im Bereich internationale Zusammenarbeit stärker gekürzt werden. Allerdings verhältnismässig weniger stark als etwa jene des Bafu.

Will der Bundesrat das Parlament überlisten?

Wie sich die Kürzungen konkret niederschlagen können, wollen die betroffenen Ämter noch nicht verraten. Das Bafu macht allerdings keinen Hehl daraus, dass es sich neben der eigenen Strategie «insbesondere an den politischen Vorgaben» orientieren wird.

Doch wer vorgibt, welche Fakten im öffentlichen Interesse nun doch nicht mehr erarbeitet werden sollen, ist unklar. Das letzte Wort hat zwar das Parlament. Wie ein Bundesamt auf Anfrage mitteilt, dürfte es im Herbst aber nicht über konkrete Forschungsprojekte entscheiden. Damit könnte das Parlament der Bundesverwaltung einen Freipass geben, um unliebsame Forschung zu streichen. Dies, obschon es jene selber einst in aufwändigen Debatten und Diskussionen beschloss.

Gemäss Felix Uhlmann, Professor für Verwaltungsrecht an der Uni Zürich, ist rechtlich nicht eindeutig, inwiefern der Bundesrat vom Parlament gesprochene Gelder für Ressortforschung ausgeben muss. Er sagt aber auch: «Der klare Wille des Parlaments schafft durchaus eine gewisse Verpflichtung zur Ausgabe. Und der Bundesrat muss begründen können, weshalb er davon absieht.»

Zum Beispiel Mobilfunkstrahlung

Ein Beispiel dafür wäre die Forschung über die gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung. 2020 forderte das Parlament den Bundesrat auf, im Zuge des Ausbaus des Mobilfunknetzes mehr Geld für entsprechende Forschung zur Verfügung zu stellen – und zwar aus der einträglichen Versteigerung der Mobilfunklizenzen. Der Beschluss war im Parlament unumstritten.

Doch darauf trat die Verwaltung auf die Bremse. Es dauerte über zwei Jahre bis das Bafu – aus dem eigenen Budget und nicht von den Lizenzeinnahmen – einen Betrag dafür einsetzte. Verteilt über 10 Jahre sollten 8 Millionen Franken eingesetzt werden. In einer ersten Etappe wurden bis 2026 rund 3 Millionen Franken gesprochen. Der Rest steht nun auf der Kippe.

Die entsprechende Forschung steht unter starkem Druck. Sie kann den weiteren Ausbau des Mobilfunknetzes – und damit in gewissem Mass auch die Digitalisierung – behindern. Deswegen mischen auch die Mobilfunkbetreiber mit, publizieren laufend Interpretationen des Forschungsstands, welcher vorsichtigen Expert:innen widerspricht. Und vereinnahmen damit zahlreiche Parlamentsmitglieder.

Störfaktor Ressortforschung

Gemäss eigener Darstellung hat das UVEK bei der Ressortforschung «vertretbares Sparpotenzial ausgemacht». Dies überrascht nicht. Die Forschung der Bundesämter im Departement des ehemaligen Auto- und Erdöllobbyisten Albert Rösti ist schon heute stark politisiert und immer wieder ein Störfaktor für die Politik des Departementsvorstehers. Die Liste der Medienberichte dazu ist lang:

Vor wenigen Tagen machte die «Republik» etwa öffentlich, dass das Bundesamt für Energie eine wichtige und teure Studie nicht publizierte – aus Angst vor negativen Reaktionen.

Das Medium hatte schon letzten Herbst recherchiert, dass das UVEK einen Satz, welcher den Forschungskonsens über die Biodiversität in der Schweiz zusammenfasste, kurzerhand aus dem Abstimmungsbüchlein strich.

Am gleichen Tag wurde bekannt, dass das Bafu einen Bericht über die Auswirkungen der Wasserkraft auf die Biodiversität zurückhielt.

Die NZZ berichtete kurz darauf, dass Rösti einem Bericht über die hohen externen Kosten des Autobahnverkehrs aus seinem Bundesamt für Raumentwicklung nicht traute.

Die WOZ zeigte vor Weihnachten, dass das Bafu vor einer Abstimmung gar Forschungsberichte umschrieb oder Publikationsstopps verhängte.

Und vor der Abstimmung über den Autobahnausbau musste auch das Bundesamt für Strassen gewunden eigenen Forschungsberichten widersprechen.

Auch aufgrund derartiger Recherchen fragte die Republik Bundesrat Rösti vor einem Jahr nach seinem Verhältnis zur Wissenschaft. Er antwortete: «Mein Verhältnis ist sehr gut. Ich hatte das Privileg, an der ETH Zürich eine Doktorarbeit zu schreiben. Und diese Kenntnis, diese analytische Fähigkeit, die nützt mir heute sehr viel, weil ich jeden Tag innert kurzer Zeit viele Papiere aus den Ämtern analysieren und die richtigen Schlussfolgerungen ziehen muss. Im Wissen, dass das dann nicht immer für alle die richtigen sind. Aber dafür haben wir ja sieben Bundesräte, die mitentscheiden und am Schluss ein Parlament und ein Referendum.»

Ob der Kürzungseifer im UVEK tatsächlich Erfolg haben wird, ist noch ungewiss. Anfang Mai endete die Vernehmlassung zum fünf Milliarden schweren «Entlastungspaket» des Bundesrates. Parteien und Verbände meldeten sich kritisch dazu. Derzeit läuft die Arbeit an der Botschaft, die der Bundesrat voraussichtlich im Herbst dem Parlament vorlegen wird.

Bundesamt für Energie: Nicht nur Ressortforschung betroffen

Von den Kürzungen in der eigenen Forschung besonders betroffen wäre das Bundesamt für Energie. Dessen Forschung dreht sich hauptsächlich um die Frage, wie die Schweiz den Wandel von fossiler hin zu nachhaltiger Stromversorgung vollziehen kann. Neben dem Beitrag für die Ressortforschung will der Bundesrat das gesamte Förderprogramm für Pilot- und Demonstrationsprojekte für innovative, erneuerbare und effiziente Energietechnologien im Umfang von 23.5 Millionen Franken streichen. Ebenfalls betroffen wäre das Programm «Energie Schweiz», wo 20 Millionen wegfielen. Damit unterstützt der Bundesrat freiwillige Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Förderung der erneuerbaren Energien.

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Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

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