Unbenannt flach

«prio.swiss»-Logo: Lego-Männchen oder -Vogel? © zvg

Warum bloss «prio.swiss»? Warum nicht «Swiss sick»?

Marco Diener /  Schweizer Verbände legen sich absonderliche Namen zu. Wie kommen sie darauf?

Sagt Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin, der Name «prio.swiss» etwas? Kaum. «prio.swiss» ist das jüngste Beispiel eines Verbandes, der sich einen merkwürdigen Namen zugelegt hat.

Während über 100 Jahren gab es das «Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen (KSK)». Allen war klar, dass es sich dabei um den Krankenkassen-Verband handelte. Bis die Verantwortlichen auf die Idee kamen, das Konkordat 2002 in «santésuisse» umzutaufen. Und bis mehrere grosse Krankenkassen den Konkurrenzverband «curafutura» gründeten.

«santésuisse»? «curafutura»? Kam da noch jemand draus? Wahrscheinlich nicht.

Anfang des Jahres haben sich «santésuisse» und «curafutura» wieder zusammengeschlossen. Der neue Verband heisst «prio.swiss» – mit Punkt im Wortinnern.

Warum bloss «prio.swiss»? Der Verband hätte sich – wenn schon englisch – gleich «Swiss sick» nennen können.

Warum also «prio.swiss»? Letzten Herbst schrieb der Verband: «Der Name steht für die Priorität des Verbandes, sich gemeinsam für ein qualitativ hochstehendes und nachhaltig finanzierbares Gesundheitswesen für die Schweiz einzusetzen.»

«prio.swiss» ist ein Allerweltsname. Jede Organisation könnte sich so nennen. Denn jede hat irgendwelche Prioritäten. Auch die Exportförderung des Bundes könnte sich «prio.swiss» nennen. Die Sporthilfe. Oder die Armee.

Aber eben – «prio.swiss» ist nicht allein. «prio.swiss» ist nur der jüngste Höhepunkt einer längeren Entwicklung. Schon lange geben sich Verbände und Organisationen, die einst einen allgemein verständlichen Namen hatten, einen neuen Namen.

«Swiss Tennis»

Weit fortgeschritten ist die Umbenennung bei den Sportverbänden. Der «Schweizerische Tennisverband» nahm schon 1988 den Namen «Swiss Tennis» an. Dem Beispiel folgten viele Sportverbände. Der «Schweizerische Radfahrer-Bund (SRB)» heisst «Swiss Cycling». Aus dem «Schweizerischen Leichtathletik-Verband (SLV)» wurde «Swiss Athletics». Aus dem «Schweizerischen Ski-Verband (SSV)» «Swiss-Ski». Immerhin sind die neuen Verbandsnamen auf Anhieb verständlich.

Standfester ist der grösste Schweizer Sportverband, der «Schweizerische Fussballverband (SFV)». 1895 als «Schweizerische Fussball-Association» gegründet, trägt er seinen heutigen Namen seit 1913.

Einen Nachteil hat der traditionelle Namen: Anders als etwa «Swiss Tennis», «Swiss Cycling» und «Swiss Athletics» braucht der SFV auch Namen und Abkürzungen in französischer und italienischer Sprache.

«Interpharma» und «pharmaSuisse»

Doch zurück zu den sonderbaren Verbandsnamen. Manche sind zum Verwechseln ähnlich. Etwa «Interpharma» und «pharmaSuisse». Hinter dem einen Namen verbirgt sich der «Schweizerische Apothekerverband», hinter dem anderen der «Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz».

Nur: Welcher Name steht wofür? Die Lösung: «pharmaSuisse» ist der «Apothekerverband»; «Interpharma» der Verband der Medikamentenhersteller.

Auch «Swissmedic» ist ein Name, der eigentlich alles Mögliche bedeuten könnte. Einst hiess der Betrieb «Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel (IKS)». Der Name war zwar sperrig. Aber verständlich.

«swᴉssunᴉversᴉtᴉes»

Auch ausserhalb der Medizinalbranche lassen Verbandsverantwortliche ihrer Kreativität freien Lauf. So kommen sie auf Namen wie «swᴉssunᴉversᴉtᴉes» – in genau dieser Schreibweise. Wer meint, das sei der Verband der Schweizer Universitäten, der täuscht sich. Es ist die «Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der Schweizerischen Hochschulen». Und diese umfassen universitäre Hochschulen, Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen.

swissuniversities
Auf diese Schreibweise muss man erst mal kommen: Logo der «Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der Schweizerischen Hochschulen».

«Swissmint» hat übrigens nichts mit Minze zu tun. Es ist vielmehr die «Eidgenössische Münzstätte». Der «SwissPass» ist nicht der Schweizer Pass, sondern die Kundenkarte des «Verbandes öffentlicher Verkehr (VÖV)».

«Swiss Re» und «Swiss Life»

Verwechslungsgefahr gibt es nicht nur bei Verbänden, sondern auch bei Firmen. Zum Beispiel in der Versicherungsbranche. Die einstige «Rentenanstalt» heisst nicht «Swiss Re». Denn das ist die einstige «Rückversicherungsanstalt». Die einstige «Rentenanstalt» heisst «Swiss Life». Alles klar?

Übrigens: Man kann auch mit der Zeit gehen, ohne jeder Modeströmung hinterherzurennen. Das beweist beispielsweise der «Schweizerische Feuerwehrverband». Er hat seinen Namen beibehalten. Aber weil der Name im Internet-Zeitalter ein bisschen umständlich sein könnte, verwendet er für seine Website die Adresse «swissfire.ch».

«Von den corresprondierenden Arzten» zur «FMH»

Den Verband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte gibt es schon seit fast 240 Jahren. Anfangs hiess er «Helvetische Gesellschaft correspondierender Ärzte und Wundärzte». Dann legte er sich zwar einen neuen Namen zu. Keinen englischen, sondern einen lateinischen. Heute ist der Ärzteverband unter dem Namen «FMH» bekannt. Was «FMH» heisst? «Foederatio Medicorum Helveticorum.»


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