crop_EdipowerdelMela

Das Edipower-Abenteuer der Alpiq ist kläglich gescheitert. © alpiq

500 Millionen in den italienischen Sand

Kurt Marti /  Mit dem Edipower-Abenteuer verspekulierte der Stromkonzern Alpiq eine halbe Milliarde Franken. Jetzt wird zum Rückzug geblasen.

Vor zehn Jahren hatte der Stromkonzern Alpiq verkündet, die Investitionen in Italien würden «zukünftig einen entscheidenden Beitrag zum Betriebsergebnis» leisten. Das Gegenteil ist der Fall: Bereits im November des vergangenen Jahres gab die Alpiq bekannt, dass sie einen Abschreiber von 1,7 Milliarden Franken zulasten der Jahresrechnung 2011 vornehmen muss.

Zudem war vom Abbau von 450 Arbeitsplätzen die Rede, davon rund die Hälfte in der Schweiz. Anfang Februar 2012 präsentierte Alpiq das Geschäftsergebnis 2011 und bestätigte den Milliardenverlust. Auf Anfrage von Infosperber liess nun Alpiq-Finanzchef Kurt Baumgartner die Katze aus dem Sack und gab zum ersten Mal konkrete Details zum Italien-Abenteuer bekannt.

Ein Ende mit Schrecken, statt ein Schrecken ohne Ende

Mit seiner Beteiligung am italienischen Stromkonzern Edipower fährt der grösste Stromkonzern der Schweiz einen Verlust von rund einer halben Milliarde ein. Bereits Mitte Februar wurden die Verkaufsverträge unterschrieben. Der Abschluss der Transaktion ist bis Mitte Jahr geplant. Frei nach dem Motto: Ein Ende mit Schrecken, statt ein Schrecken ohne Ende.

Für eine weitere halbe Milliarde musste Alpiq Wertberichtigungen auf thermischen Kraftwerken in Italien, Spanien und Frankreich vornehmen. Hinzu kommen Abschreibungen von mehreren hundert Millionen auf Finanzbeteiligungen.

Die Alpiq (Atel) hat sich im Ausland offensichtlich massiv verspekuliert. Mit dem Italienabenteuer erlitt Alpiq kläglich Schiffbruch. Lakonisch meint Baumgartner dazu: «Die Zeiten haben sich geändert». Die Stromproduktion sei gestiegen, die Nachfrage sei aufgrund der Finanzkrise zurückgegangen und folglich auch die Strompreise.

Euphorischer Beginn vor zehn Jahren

Dabei hatte das Geschäft im Jahr 2002 mit grosser Euphorie begonnen. Die damalige Atel kaufte ein Aktienpaket von 200 Millionen Euro an der italienischen Edipower. Im Brief an die Aktionärinnen und Aktionäre schreibt die Alpiq, dass die Edipower-Kraftwerke «ihren sicheren Platz in der energiehungrigen italienischen Gesellschaft halten und zukünftig einen entscheidenden Beitrag zum Betriebsergebnis der Atel leisten».

In den folgenden Jahren investierte die Alpiq/Atel riesige Summen in die Edipower-Beteiligung. Beispielsweise 2003 leistete die damalige Atel einen Kapitalzuschuss von 380 Millionen Franken an die Edipower. Noch dicker trug die Atel im Jahr 2006 auf: Weitere 630 Millionen flossen nach Italien.

Steueroptimierung auf den Offshore-Finanzplätzen

Die Goldgräberstimmung am Anfang des Jahrestausends kommt auch im Bereich der Finanzbeteiligungen zum Ausdruck: Im Atel-Geschäftsbericht 2004 sind insgesamt vier Finanzbeteiligungen in den Steueroasen Cayman Islands, Jersey und Curaçao aufgelistet. 2005 kamen zwei weitere dazu. Laut Alpiq-Finanzchef Baumgartner wurde die Beteiligung «VenCap9 LLC» auf den Cayman Islands in der zweiten Hälfte des letzten Jahres abgestossen. Die Beteiligungen dienen laut Baumgartrer unter anderem der Steueroptimierung.

Alpiq gehört zu 27,3 Prozent den Franzosen und Deutschen

Die Alpiq gehört zu 31,38 Prozent der Energie Ouest Suisse (EOS), zu 25 Prozent der Électricité de France (EDF), zu 13,63 Prozent der Elektra Birseck Münchenstein (EBM), zu 7,12 Prozent der Elektra Baselland (EBL), zu 5,60 Prozent dem Kanton Solothurn, zu 2,30 Prozent der Energie Baden-Württemberg (EnBW), zu 2,12 Prozent der Aziende Industriali Lugano SA (AIL SA), zu 2 Prozent der IBAarau (IBA) und zu 0,91 Prozent den Wasserwerken Zug AG (WWZ). Die restlichen 9,94 Prozent befinden sich im Streubesitz.

Alpiq brütet über einer zukünftigen Solar-Strategie

Die Alpiq will sich nun auf das Inlandgeschäft konzentrieren und ist an der «Ausarbeitung einer Solar-Strategie», wie Baumgartner erklärt. Dafür ist es tatsächlich höchste Zeit, denn während die Alpiq Milliarden im Ausland verspekuliert hat, liess sie die Solar-Energie im Inland brachliegen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Mitglied des Beirates der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) bis am 4. Januar 2012

Zum Infosperber-Dossier:

Stromleitungd

Die Politik der Stromkonzerne

Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.