Kommentar

Zypern: Endlich kommen Aktionäre doch zur Kasse

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

upg /  Regeln der Marktwirtschaft sollen doch auch für Banken gelten: Zuerst kommen Aktionäre und Obligationäre zur Kasse, dann Sparer.

Noch bis vor kurzem wollten die EU und die zyprische Regierung die Aktionäre der Pleite-Banken schützen und fast ausschliesslich die Spareinlagen dezimieren. Doch die neuste Vereinbarung vom Wochenende sieht vor, dass zypriotische Unternehmen, welche die Bank of Cyprus mehrheitlich besitzen, ihr Aktienkapital doch ans Bein streichen müssen. Auch die Besitzer von (nachrangigen) Anleihen der Bank of Cyprus sollen ihr Geld noch vor den Sparern verlieren. Erst dann wird auf Sparguthaben von über 100’000 Euro eine Sondersteuer erhoben. Sparguthaben von unter 100’000 Euro bleiben garantiert. Noch vor zehn Tagen sollten auch alle Kleinsparer bluten müssen: Ein völlig falsches Signal, dass diese 100’000 Euro Spareinlagen pro Person, die im ganzen EU-Raum angeblich sicher sind, es eben doch nicht sind.
Die zweite grosse Bank in der Republik Zypern, die Laiki Bank, wird weitgehend liquidiert. Der Staat hatte fast alle Aktien dieser Bank von einer privaten griechischen Gruppe übernommen.
Unter den Einlagen von über 100’000 Euro der Bank of Cyprus gehören Milliarden reichen Russen, welche die zypriotischen Banken mit hohen Zinsen angelockt hatte. Hohe Zinsen bedeuten immer auch ein hohes Risiko.

Viele russische Oligarchen haben jahrelang Schwarzgeld oder sogar kriminell erworbenes Geld auf Anlagekonten zypriotischer Banken angelegt. Wenn die «Bank of Cyprus» rekapitalisiert werden muss, müssen auch Anleger mit Verlusten rechnen.

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Für Schadenfreude ist kein Platz. Denn wenn es einreisst, dass bei einer Pleite zuerst die Sparer, und wie bei der «Bank of Cyprus» nach jetzigen Informationen sogar allein zur Kassen kommen, dann widerspricht dies allen Regeln der Marktwirtschaft und unser System steht Kopf.
Denn beim Konkurs einer Bank müssen – wie bei jedem andern Unternehmen – in erster Linie die Aktionäre ihr Kapital abschreiben, in zweiter Linie die Besitzer der Obligationen Abschreiber oder sogar Totalverlust in Kauf nehmen, und erst in letzter Linie die Sparer, die ihr Geld Konten dieser Bank anvertraut haben. Im konkreten Fall ist der Börsenwert der Aktie bereits unter einem Euro gefallen. Trotzdem müsste das Aktienkapital abgeschrieben werden. Denn es darf nicht sein, dass die Sparer zur Kasse gebeten werden und nach dieser Sanierung der Aktienkurs wieder ansteigt, das heisst die Aktionäre wieder vom Kursgewinn der Aktien profitieren. Als nächste nach den Aktionären, noch weit vor den Sparern, müssten die Inhaber der Obligationen der Bank dran kommen.
Wenn eine Bank mit hohen Zinsen Milliarden anlockt und nicht einmal wissen will, wer die wirtschaftlich berechtigten Besitzer dieser Gelder sind, dann sind es nach allen Regeln der Marktwirtschaft die Aktionäre und Obligationäre dieser Bank, die das grösste Risiko eingehen. Im Fall einer Pleite sollten sie ihr Kapital abschreiben müssen – egal wer die Besitzer sind.
Solche Präzedenzfälle wie in Zypern sind gefährlich. Beinahe hätte man sogar Guthaben von unter 100’000, die in der EU angeblich jeder Bürgerin und jedem Bürger garantiert sind, angeknabbert. Die Sparer in ganz Europa sind gewarnt.
Es ist jedoch ein schwacher Trost, wenn jetzt nur grössere Guthaben einen Fünftel ihres Werts verlieren sollen. Stellen Sie sich vor, die UBS geht pleite und als erste «Rettungsmassnahme» werden die UBS-Aktionäre einen Teil ihrer Verpflichtungen los, indem sie zuerst von allen grösseren Guthaben zwanzig Prozent abzwacken. Dies mit der Begründung, die Anleger hätten ja wissen müssen, dass die Bank schwächelt und sich deshalb nicht von besonderen Bedingungen anlocken dürfen.
Bedenklich ist, dass all die vielen Anhänger vom Unternehmerrisiko ihre Stimmen nicht erheben. Offensichtlich halten sie es mit dem Risiko, das sie mit dem Kauf von Aktien und Obligationen eingehen, wie mit den Boni: Wenn es gut geht, geniesst man die ausgehandelten Freiheiten, Dividenden und Zinsen. Wenn es schlecht geht, hält man sich schadlos.

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