Grosskirche_Debrecen_Ungarn

Reformierte Großkirche von Debrecen in Ungarn © marcin szala/wikimedia commons

Ungarns Kirchen unterstützen Viktor Orbáns Regime

Kurt Marti /  Viktor Orbáns autokratische Herrschaft stösst im Westen auf harte Kritik. Die Unterstützung durch Ungarns Kirchen ist ihm sicher.

Ungarns Regierung unter Viktor Orbán stand in den letzten Jahren unter Dauerkritik der westlichen Medien und Staaten. Seit Orbáns Machtübernahme im Jahr 2010 breitete sich in Ungarn eine Roma- und Judenhatz aus und die Medienfreiheit wurde eingeschränkt. Neonazis und Bürgerwehren wurden salonfähig. Die nationalen Kirchen Ungarns fühlten sich unter der linken Vorgänger-Regierung noch an den Rand gedrängt, jetzt geniessen sie die Protektion der rechts-konservativen Regierung. Sie sind eine wichtige Stütze von Orbáns autokratischem Regime und symphatisieren ganz offen mit ihm.

Orbán-Regierung vertrete «christliche Werte»

Diese fragwürdige Rolle der Kirchen wurde am Rande des Osteuropa-Tags bestätigt, den das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) neulich im Kirchgemeindehaus Schwamendingen in Zürich veranstaltete. In einem aufschlussreichen Beitrag von «Blickpunkt Religion» auf Radio SRF 2 (siehe Link unten) gab Gusztáv Bölcskei, präsidierender Bischof der reformierten Kirche Ungarns, offenherzig Auskunft über seine Sympathien zur Orbán-Regierung. Die Empörung des Westen konnte er gar nicht verstehen, denn die Rechts-Regierung vertrete «christliche Werte» und dagegen könnten die Kirchen nichts haben. Dementsprechend stehen in der neuen Verfassung Werte wie Vaterland, Christentum, Familie, Treue, Glaube, Liebe und Nationalstolz.

Bischof Bölcskei war auf Einladung des HEKs in der Schweiz, weil das evangelische Hilfswerk in Ungarn Hilfsprojekte finanziell unterstützt und mit den reformierten Kirchen Ungarns zusammenarbeitet.

Bischof sieht «keine Einschränkung der Medien»

Andererseits sieht Bischof Bölcskei in der Einschränkung der Medienfreiheit gar keine Probleme: «Für mich ist das eigentlich keine Einschränkung der Medien», erklärte er gegenüber Radio SRF 2. Auf Oppositionskurs gegen die Regierung Orbán gingen die Kirchen erst dann, als es um die Beschränkung ihrer eigenen Rechte ging. Sie erstritten damit, dass die anglikanische und methodistische Kirche öffentlich-rechtlich anerkannt blieben und weiterhin von staatlichen Gelder profitieren konnten. Auch im Kirchengesetz wahrten die Kirchen ihre Interessen. Dazu Bischof Bölcskei: «Wir beharren darauf, dass unsere Rechte gesichert werden».

Rigides Obdachlosen-Gesetz auch kein Problem

Auf hefige Kritik des Westens stiess Ungarns rigides Obdachlosengesetz, das den Städten und Gemeinden erlaubt, Obdachlose von öffentlichen Plätzen zu weisen und sogar vor Gericht zu bringen. Auch dieses Problem spielte Bischof Bölcskei herunter. In seiner Antwort gegenüber Radio SRF 2 stellte er sich vor die Regierung Orbán und behauptete, in der Praxis sei das fast nie der Fall.


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13 Meinungen

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 6.02.2014 um 13:01 Uhr
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    Wenn Kurt Marti-VS einen Artikel über die katholische Kirche im Wallis oder sonstwo in Europa schreibt, ev. andere Kirchen, muss man sich schon vor der Lektüre auf eine Schweinerei gefasst machen. Eigentlich können diese Infamen gar nicht anders, denn die Schweinerei liegt in der Gesinnung. So hat mich die Lektüre auch diesmal nicht enttäuscht.

    Vorzüglich an Martis Beitrag bleiben die Verweise auf Paul Lendvai, dessen Vorträge ich dank Einladungen von Peter Sager gehört habe. SVP-Sager, der im Lager der Schweizer Linken vor 25 Jahren als Rechtsaussen zählte und dessen Ostinstitut als Hetzinstrument des Kalten Krieges galt. Wie Cincera wurde Sager zur Garde der «Unheimlichen Patrioten» gezählt. Ungeachtet dessen sollte man auf Lendvai hören; er gehörte zur ungarischen linksliberalen Opposition und kritisierte den Antisemitismus schon zur stalinistischen Zeit. Dank dem unbestechlichen Lendvai bleibe ich gegenüber Ungarn misstrauisch. Andernfalls würde ich Ungarnkritik als Mainstreamkampagnenjournalismus nicht ernst nehmen.

    1972 arbeitete ich auf Empfehlung von Filmpapst Lazar Wechsler in Zürich mit einem ungarischen Autor zusammen, der aus Budapest problemlos zu uns reisen durfte. Wir verstanden uns literarisch besser als politisch, denn Istvan Bekefy hielt nichts von dem von Wechsler und mir bewunderten ungarischen Freiheitskampf. Im Erfolgsfall wären nach Bekefy klerikale, rechtsbürgerliche, feudalistische und sogar antisemitische «Elemente» an die Macht gekommen.?!

  • am 6.02.2014 um 13:13 Uhr
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    Die Religioten aller Couleur waren schon immer bei den Rechtsextremen – ganz früher bei den Adeligen. Daher wurden nach dem 2.Weltkrieg vom Vatikan aus die Demokratien bekämpft, und den Nazi gaben sie gefälschte Papiere um sich ins katholische Südamerika abzusetzen. Dort unterstützten sie die Diktatoren (auch Peron/Battista etc. in Europa: Franco & Salazar) und heute mit Putin (russisch-orthodoxe Religioten) wieder eine Diktatur. Im Westen nichts Neues.
    Der jetzt pensionierte Papst war ein ein Freund von DarthVader (Cheney) und Bush jr. und hat dort seinen 80. Geburtstag gefeiert – schon vergessen?

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 6.02.2014 um 13:38 Uhr
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    Der 1.Satz von Rolf Raess bringt vorzügliches Beispiel für den Modus «barbara» der aristotelischen Logik: «alle von allen waren und sind immer". Gemäss Lehrbuch garantiert dieser Modus die sichersten Schlussfolgerungen. Ich genoss mal an katholischer Schule ein Jahr lang sechs Stunden Logik und habe als Gymnasiallehrer 33 Jahre lang Logik unterrichtet.

    Die beste logische Quantität heisst: alle sind immer
    Die beste logische Qualität für Beweise heisst: alle ja (verneinende Sätze beweisen weniger)
    Der beste logische Wert heisst: wahr
    Die beste logische Modalität heisst: kategorisch – es ist so!

    Zu den fortschrittlichsten Bewegungen der Menschheit, denen sich auch einige mutige Schweizer angeschlossen haben, gehören die Republikaner im spanischen Bürgerkrieg. Aufgrund der oben beschriebenen Logik haben sie eine mindestens dreistellige Zahl von Mönchen und Nonnen in Säcke verpackt und ersäuft.

    Diese Horror-Information verdanke ich allerdings einem einstigen geistlichen Lehrer. Wenn man Schweinereien beider Seiten im spanischen Bürgerkrieg wirklich kennenlernen will, lese man «Mein Katalonien» von George Orwell, dem bestenttäuschten Spanienkämpfer.

    Es bleibt dabei, dass der erste Satz von Rolf Raess ein vorzügliches Beispiel ist für einen Satz mit der bestmöglichen logischen Qualität. Er müsste nur noch wahr sein. Marx und Lenin betonten gemäss einem DDR-Lexikon Logik, die Gesetze der aristotelischen Logik würden durch die Dialektik nicht ausser Kraft gesetzt. Kluge Leute!

  • am 6.02.2014 um 15:59 Uhr
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    Herr Meier:
    bla bla bla – mit ihresgleichen wird die europäische Welt «untergah»… xlol

  • am 6.02.2014 um 17:07 Uhr
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    Ich sehe hier wird mit einer Feder diskutiert. Ich denke dass der Institutionalisierte Würdenträger mit seiner strategischen Zurückhaltung das ueberleben seiner Kirche sichern möchte. Nach dem Motto es ist besser mit einem faulen Kompromiss einen Fuß in der Türe zu haben als ein Messer im Rücken. Die echten Christen welche nach dem Motto leben, tu niemandem an was du nicht an dir getan haben möchtest, sind ohnehin bald alle aus diesen Institutionen ausgetreten. Die Inst. Kirchen verkommen somit zu Wirtschaftslogen welche gar nichts mehr mit den Werten einer Bergpredigt zu tun haben. Gruss Beatus Gubler

  • am 7.02.2014 um 10:22 Uhr
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    Einmal mehr weisst Kurt Marti mit seinem guten Beitrag auf die Schwächen von Glaubensgemeinschaften hin wie sich diese immer wieder zu den Mächtigen und zur Macht hingezogen fühlen. Es zeigt auch, dass das so genante Einstehen für die Menschen ein leeres Lippenbekenntnis ist.
    Moralisches Empfinden wird in den Hintergrund gedrängt. Hauptsache man ist wieder dabei – tatsächliches oder empfundenes Teilhaben an einer zweifelhaften wie vergänglichen Macht. Dass viel Unheil angerichtet wird interessiert die von Machtgeilheit Besessenen nicht.
    Im Vorgehen weichen reaktionäre Glaubens- und Politkräfte nicht voneinander ab.
    Immer wieder versuchen solche Kreise das Rad der Zeit in die Vergangenheit zu drehen um die offenere Gesellschaft zu bekämpfen, die Menschen zu bevormunden und den eigenen üblen Machtanspruch zu festigen oder wieder zu erlangen.
    Bedenklich macht mich, dass solch zerstörende Kräfte soviel Zulauf haben. Und vor allem blind und unbesehen die Argumentation dieser rückwärts gewandten Kräfte übernehmen.

  • am 7.02.2014 um 17:09 Uhr
    Permalink

    Es ist an der Zeit alle religiösen Institutionen welche Absolutheitsansprueche stellen und verbale Gewalt wie Hoellendrohungen anwenden, per Gesetz zu verbieten. Wahre Spiritualität und Glaube braucht keine geldfressenden Institutionen in millionenschweren Prachtsgebaeuden, mit Übergewichtigen mercedesfahrenden Hochamtpriestern. 60 Millionen Relligionstote in 2000 Jahren sollten eigentlich reichen. Die einzige respektable Theologie welche mir als spirituellem Freidenker bisher begegnete ist die Befreiungstheologie und das Projekt Weltethos von Hans Kueng. Macht aus den Kirchen Obdachlosenheime, Tauschboersen für Arme, Treffpunkte für Kranke. Enteignet das Kirchenvermoegen und gebt es den Armen.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 7.02.2014 um 17:21 Uhr
    Permalink

    Lieber Beatus Gubler!

    Ich leitete mal ein Podiumsgespräch über Küng, bei dem «erfreulicherweise» festgestellt wurde, dass er auf linke Kapitalismuskritik weitgehend verzichte und sein Gedankengut allenfalls mit dem sozialen Flügel von CVP und CDU kompatibel sei, ohne dass sich die weniger sozialen besonders kritisiert fühlen. Küngs Feindbild ist Rom. Dort kritisiert er, was er beim Islam längst «durchlässt", weil er bei gleichen Kriterien die Muslime in «Weltethos» vergessen könnte. Küng hat auch noch nie eine Silbe gegen die Kirchensteuer und die Diskriminierung der Ungläubigen und Nichtkirchenchristen im Zürcher Staatskirchensteuersystem abgesondert. Politisch steht er «rechts» vom heutigen Papst.

  • am 7.02.2014 um 18:08 Uhr
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    Guten Abend Herr Meier
    Nach dem Studieren Kuengs reichhaltiger Literatur und Reportagen auf Arte, und dem Faktum dass das Projekt Weltethos seine Eigenständigkeit hat, und nicht seine Firma ist, bemühte ich mich differenzierter Sichtweisen. So konnte ich sehen, dass sein Feindbild Vatikan sich wandelte in ein Feindbild gegen alles Dogmatische. Er hat sich entwickelt vom Kritiker zum Vertreter guter Werte, welche etwa den Werten von Marshall Rosenberg gleichen, dessen «Gewaltfreie Kommunikation» dabei ist, an den Universitäten die bisherigen Standardwerke der Psychologie «Schulz von Thun» abzulösen. Dies kann nicht ohne Bedeutung sein, und ist ihm an zu rechnen. Wer in seinem Alter dennoch so Entwicklungsfaehig ist, verdient schon Beachtung. Was er selber noch versäumt im Bereich sozialer Gerechtigkeit, wird zum Glück von Eugen Jürgen Drewermann gut aufgefangen. Es ist also etwas in Bewegung zu besseren Werten hin, und vor allem die Jugend braucht Vorbilder, und nicht reiche Prediger mit einer Blutspurfirma im Rücken welche sich an Knaeblein vergreifen. Empört Euch von St. Hessel kommt mir da in den Sinn. Genug ist genug.

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 8.02.2014 um 11:08 Uhr
    Permalink

    Lieber Beatus Gubler!

    Fühle mich Ihnen meinerseits verbunden. Damit Sie mich richtig verstehen: Küng ist der kritikbedürftigste Schweizer Theologe und Kirchenmann der Gegenwart mit Ausnahme aller andern. In der bis auf den letzten Platz gefüllten Turnhalle Beromünster hielt er schon 1962 einen sensationellen Vortrag über das von Papst Johannes XXIII. angekündigte II. Vatikanische Konzil. Und auch sonst sind seine Publikationen bedeutsamer und objektiv historisch stärker beachtet als die von anderen theologischen Autoren unseres Landes in den letzten 25 Jahren. Küngs Leistungsausweis ist auch nicht mit dem von Drewermann zu vergleichen, den zu kritisieren ich hier allerdings unterlasse. Es ist aber wichtig, dass jede echte Leistung anerkannt wird. Letzteres ist nach Friedensforschern auch eine Bedingung eines möglichen Friedens und vernünftiger Diskussionen. Konzepte wie «Weltethos» sind wenigstens im Prinzip auch noch nachhaltiger als bloss die Losung «Empört euch".

  • am 9.02.2014 um 11:14 Uhr
    Permalink

    @Pirmin Meier. Danke, da ist sehr viel dran, dem kann ich weitgehend beipflichten. Ich habe auch eher das Bedürfnis nach Handlungen und konstruktiven Vorschlägen, als lediglich zu Predigen. Auch wenn die Motive bei vielen zu Anfang nicht die edelsten sind, so zählen letztendlich doch die Früchte, und ob diese genießbar sind. Ungarn wuerde eine Befreiungstheologische Bewegung gut tun, dies wuerde Gleichgewicht bringen, das opulente katholische System und die Befreiungstheologie könnten sich gegenseitig sehr befruchten. Gruss Beatus Gubler.

  • am 11.02.2014 um 03:54 Uhr
    Permalink

    Spürt man da drüben wirklich nicht, welche Schaden man mit diesem unsonten Dahinschreiben ohne jegliche Berührung mit den Fakten verursacht? Oder ist das einfach ein Spielzeug derer, die ihren Verstand im Wohlstand verloren haben? Wir sollen in Ungarn dafür die Rechnung bezahlen? Ich wünsche mir, dass wir nach all dem noch die «Werte» der schweizerischen Basisdemokratie iregendwie aneignen können. Pressefreihet sei unerwähnt. Eine richtige Schande

  • am 11.02.2014 um 08:28 Uhr
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    Der opulente Religiöse Kultus ist ein eintraegliches Geschäft und faellt in diesem Land auf den fruchtbaren Boden der Existenzangst, nachdem die halbe Welt von den Bankersfamilien Rockefeller, Rohtschild, Harrimann, Schiffer, Wartburg, u.s.w. geplündert wurde. Wurden diese Bankers 2/3 von den 92% des Weltkapitales, welches sie in den Händen halten und blockieren auf den Markt werfen, wäre alles anders. Dieser Kapitalmissbrauch des hortens schafft die Not, welche diese Blueten treibt. Jeder kennt die Ursache. …keiner der was dagegen tun könnte, tut was. Sie spielen Monopoly mit uns…. es gibt wohl keinen Verarmten auf der Welt, welcher seine Kinder leidend sieht, und diesen Herren Plutokraten nicht das schlimmste wünscht.

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