Gaza_Haaretz

Mit diesem Bombeneinschlag-Bild berichtete Haaretz über den Protest der Auschwitz-Überlebenden. © Haaretz

«Journalisten sind mehrheitlich anti-israelisch»

Christian Müller /  Stimmt die von Sacha Wigdorovits aufgestellte Behauptung? In der Schweiz stimmt sie sicher nicht. Ein aktuelles Beispiel.

Sacha Wigdorovits, Inhaber und Geschäftsführer der PR-Agentur Contract Media AG, nach eigener Aussage in «Gerigate» insofern involviert, als er persönlichen Kontakt zu Geri Müllers Chat-Partnerin hatte, ist als PR-Mann ein Pro-Israel-Meinungsmacher par excellence – und insofern ein erklärter politischer Gegner von Geri Müller. Siehe dazu den Bericht auf Infosperber «Pro-Israel-Meinungsmache wird professionalisiert».

Sind seine PR-Thesen aber auch richtig? Eine davon ist: «Journalisten sind traditionell mehrheitlich links – und deshalb anti-israelisch/anti-zionistisch.»

Wer am vergangenen Sonntag (24.8.2014) in Deutschland Radio hörte, zum Beispiel im CSU-Land Bayern, konnte in den Nachrichten im Stundentakt hören, dass tags zuvor in der New York Times eine Anzeige publiziert war, in der über 350 Holocaust-Überlebende und Nazi-Genozid-betroffene Juden die Bombardierung Gazas durch Israel verurteilen.

In der Tat: Mehr als 350 Juden, 43 Auschwitz-Überlebende, 109 Söhne und Töchter von Holocaust-Überlebenden und Holocaust-Opfern, 131 Enkelkinder von Holocaust-Überlebenden und -Opfern, 15 Ur-Enkelkinder von Holocaust-Überlebenden und -Opfern und 58 andere Verwandte von Holcaust-Überlebenden und -Opfern, alle mit vollem Namen, protestierten gegen die Vernichtungs- und Siedlungspolitik Israels und gegen die Unterstützung Israels durch die USA und andere Länder.

Wörtlich:

Als jüdische Überlebende und Nachkommen von Überlebenden und Opfern des Nazi-Genozids verurteilen wir unmissverständlich das Massaker von Palästinensern in Gaza und die unaufhörliche Besiedlung und Kolonisierung des historischen Palästina durch Israel. Wir verurteilen ausserdem die Vereinigten Staaten für die Besorgung der Finanzierung des Angriffs und die westlichen Staaten ganz allgemein für deren Einsatz mit diplomatischen Muskeln, um Israel vor einer Verurteilung zu schützen. Völkermord beginnt mit dem Schweigen der Welt.

(Original in englischer Sprache: As Jewish survivors and descendants of survivors and victims of the Nazi genocide we unequivocally condemn the massacre of Palestinians in Gaza and the ongoing occupation and colonization of historic Palestine. We further condemn the United States for providing Israel with the funding to carry out the attack, and Western states more generally for using their diplomatic muscle to protect Israel from condemnation. Genocide begins with the silence of the world.)

Die Anzeige in der New York Times wurde, wie erwähnt, in Deutschland in den Nachrichten immer wieder erwähnt. Und sogar in Israel selber, in der grossen Tageszeitung Haaretz, wurde sie wiedergegeben, im Wortlaut, nicht irgendwo versteckt in der Zeitung, sondern mit einem Eyecatcher, einem grossen Bild (siehe oben).

Und wie haben die Schweizer Journalisten auf diese Meldung aus der NYT reagiert, die für sie – gemäss Sacha Wigdorovits Israel-feindlichen Journalisten – ja ein Steilpass für einen Anti-Israel-Kommentar war?

Keine einzige Schweizer Zeitung hat darüber auch nur ein Wort verloren. Lediglich in einem Leserbrief in der Basler Zeitung wurde die Anzeige in der New York Times erwähnt.

Wenn schon, dann ist es genau umgekehrt: Die Schweizer Presse ist einseitig Israel-freundlich und verschweigt bewusst oder fahrlässig Kritik von Juden an Israel.

«Völkermord beginnt mit dem Schweigen der Welt». Siehe oben.

Zum entsprechenden Artikel in der Zeitung Haaretz.

Zur vollständigen Liste der Unterzeichner.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

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Atommacht Israel und ihre Feinde

Teufelskreis: Aggressive Politik auf allen Seiten festigt die Macht der Hardliner bei den jeweiligen Gegnern.

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6 Meinungen

  • am 29.08.2014 um 11:16 Uhr
    Permalink

    Was JournalistInnen meinen, bleibt oft ein grosses Rätsel. Die einflussreichsten Schweizer Medien und was sie dort schreiben dürfen sind mehrheitlich sicher nicht anti-israelisch – diplomatischer ausgedrückt als Christian Müller es tut.
    DANKE für den Klartext.
    Das Problem von Sache W. und Audiatur, dem hiesigen Medium der Netanjahu-Regierung ist, dass diese Regierung in Meinungsumfragen miserable Beurteilungen bekommt. Weltweit, zunehmend auch in den USA und am alarmierendsten unter der Mehrheit der amerikanischen Juden. Das ist seit 2003 bekannt, als die ganze US-Israel-Lobby mit Netanjahu für den Irak-Krieg agitierte, Meinungsumfragen aber ergaben, dass die jüdische Meinung weit pazifistischer war, als der US-Durchschnitt.

    Werner T. Meyer

  • am 30.08.2014 um 11:37 Uhr
    Permalink

    Sie gehören wohl auch zu dieser Clique von bösartigen antiisraelischen Journalisten. Bösartig, weil sie absichtlich die Lobby dieser verirrten Juden verheimlichen: ein jüdisch-antizionistisches Netzwerk. Das ist eben der Trick solcher Schreiberlinge von Ihrem Schlage: Halbwahrheiten in die Welt setzen und zwar nur jene Hälfte, die den Antisemitismus heraufbeschwören helfen.

  • am 31.08.2014 um 22:33 Uhr
    Permalink

    @Gabriel Juri: Sorry, Ich habe Sie offensichtlich verwirrt. Darum einfacher:
    1 Ich bin nicht Journalist. Auch nicht Jude oder Palästinenser, wenn sie das interessiert. Auch nicht Lobbyist.
    2 Es kommt bei Massenmedien nicht auf die Meinung der Journalisten an, sondern auf die der Verleger und ihrer Kunden (auch nicht der Leser).
    3 Die wichtigsten Zeitungen in der Schweiz sind Netanjahu-freundlich. GERADE seit dem GAZA-Massacker.
    4 Ob sich die Netanjahu-Regierung halten kann, hängt hauptsächlicht von den USA ab. Darum interessiert mich die Situation dort so sehr.
    5 In den USA gibt es eine Mächtige Pro-Netanjahu-Lobby – wenig Leute – extrem finanzkräftig.
    6 Die grosse Mehrheit der US-Juden aber kozt Netanjahu an. Er ist Rassist sie halten sich für Antirassisten.
    7 Deshalb ist es möglich, dass die Unterstützung der USA für Netanjahu oder ähnliche rassistische Regierungen demnächst kippt. Wie in Südafrika. Dann einsteht in Palästina/Israel EIN demokratischer Staat (mit eher palästinensischer Bevölkerungsmehrheit).

    Werner T. Meyer

  • am 1.09.2014 um 10:46 Uhr
    Permalink

    Es kommt mir die Galle hoch, Herr Meyer, wenn Sie von «Mehrheit der US-Juden», von «Netanjahu als Rassisten», von der israelischen Regierung als «rassistische Regierung» reden und Isreal mit dem ex-Apartheid-Staat Südafrika vergleichen.
    1. Netanjahu können Sie keinen Rassismus andichten, weil er sich nie als Rassist verhalten hat – im Gegenteil, siehe http://www.welt.de/newsticker/news1/article116749222/Israel-Netanjahu-verurteilt-anti-arabischen-Rassismus.html. Ganz im Gegensatz zu den Führern der Paläsitnenser; eine Kostprobe des Fatah-TV vom 3.8.2001: «Gepriesen sei, wer eine Gewehrkugel aufbewahrt, um sie durch den Kopf eines Juden zu schiessen."
    2. Israel hat keine rassistische Regierung & und ist kein Apartheidstaat. Die isrealischen Araber haben genau die gleichen Rechte, wenn es um die Bestellung der Regierung geht, wie die jüdischen Israeli – im Gegensatz zu ex-Südafrika (wo die Weissen ihr eigenes Parlament hatten) gibt es in Israel EIN einziges Parlament mit jüdischen & arabischen Parlamentariern.
    3. Wenn es in den USA eine so mächtige Pro-Netanjahu-Lobby gäbe, wie Sie behaupten: Warum um Himmels willen verurteilen die USA regelmässig Israels Vorgehen (z.B. die Siedlungspolitik)?
    4. Was wissen Sie schon über die Mehrheit der US-Juden und ihre Einstellung zu Netanjahu? Woher haben Sie die Kotz-Theorie?
    Israel kann es sich nicht leisten, Marionette von irgend einer Grossmacht zu sein und bei existenziellen Fragen nach der Pfeife der USA zu tanzen.

  • am 1.09.2014 um 20:54 Uhr
    Permalink

    Es schadet unserer Schweizer Demokratie, wenn politische Praktiken ausgeübt werden, wie sie leider in den USA längst herrschen… Ich meine da die Gerüchte aus dem Hause E.Hoover (FBI) gegen M.L.King – von der Ermordung der Kennedy’s nicht zu reden. Um einen missliebigen Herrn aus Baden zu Fall zu bringen, werden Methoden angewandt die mich stark an Lewinsky-Gate gegen Präsident Clinton erinnern…

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