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Exklusiv für NZZ-Leserinnen und -Leser: Anzeige in der NZZ © NZZ

Die NZZ zahlt nun doch!

Christian Müller /  Die NZZ-Leser, die mit einem von der NZZ empfohlenen Arrangement an die Salzburger Festspiele wollten, erhalten ihr Geld zurück.

Vor zwei Wochen hat Infosperber darüber berichtet, dass eine von der NZZ ganzseitig empfohlene Kultur-Reise an die Salzburger Festspiele in einem Debakel endete: Der juristisch verantwortliche Reise-Veranstalter ging pleite, wer gebucht hatte, war sein Geld los. Und es ging um Tausende von Franken!

Jetzt hat sich die NZZ doch noch einmal mit dem Fall beschäftigt und beschlossen, den Betroffenen den ganzen bereits einbezahlten Betrag zurückzuerstatten. Aus «Kulanz», wie die NZZ Infosperber jetzt wissen lässt, nicht aus juristischer Verpflichtung. Oder in anderen Worten: Der gute Ruf, den die NZZ-Leserreisen geniessen, ist der NZZ etwas wert. Auch wenn sie, wie im vorliegenden Fall, am Debakel nicht selber schuld war.

Infosperber meint: Ein guter Entscheid!

Hier zum Artikel, in dem Infosperber auf das Problem aufmerksam machte:

Vertrauen zur NZZ – und Tausende Franken sind weg

«Festspiel-Arrangements NZZ 2016. Exklusiv für NZZ-Leserinnen und Leser»: Wer zugriff und zahlte, schaut jetzt in die Röhre.

Die NZZ-Eigenanzeige erschien ganzseitig: «Salzburger Festspiele 2016. Exklusiv für Sie zusammengestellte Top-Arrangements aus hochkarätig besetzten Aufführungen und stilvollen Übernachtungen im Herzen von Salzburg.» Wer etwa am Samstag, 20. August, die Premiere der West Side Story, am Sonntag, 21. August, Mozarts Don Giovanni und am Montag dann auch noch ein Konzert der Filarmonica della Scala besuchen wollte, der zahlte für den Ohrenschmaus – ein Sektempfang und ein 3-Gang-Festspiel-Menue im Restaurant Ikarus inbegriffen – die Kleinigkeit von 4263 Euros, nach heutigem Wechselkurs also rund 4600 Franken – im 5-Sterne-Luxushotel «im Herzen Salzburgs» allerdings nur im Doppelzimmer – sprich: zu zweit also 9200 Franken. Wer dem Ohren- und Tafelschmaus allein frönen wollte, zahlte noch 1140 Franken drauf.

Das Dumme nur: Das österreichische Reisebüro, oder genauer die Firma POLZER, Travel- und Ticket-Center am Salzburger Residenzplatz 3 – eine noble Adresse! –, der man die Kohle für die kostbare Kunst natürlich im Voraus zahlen musste, ist pleite. Und das ihr bezahlte Geld ist weg.

«15 NZZ-Abokunden und -kundinnen» seien betroffen, bestätigt die NZZ auf Anfrage von Infosperber. Es dürften also einiges über 100’000 Franken in den österreichischen Kulturrachen geflossen sein – auf Empfehlung und exklusiv für NZZ-Leserinnen und -Leser ausgesucht – und jetzt halt ohne Gegenleistung. Der kleine Trost: Die NZZ kriegt ihre eigene Provision für die exklusive Werbung in der NZZ jetzt natürlich auch nicht mehr.

Die NZZ ist keine Ausnahme

Dass ein Medien-Unternehmen mit Leser-Reisen und Ticket-Verkauf versucht, das Geld zu verdienen, das die Leserinnen und -Leser für den Copy-Paste-Journalismus nicht mehr zu zahlen bereit sind, ist heute Normalität. In der Schweiz macht das zum Beispiel auch Ringier, nur, dem Niveau der Leserinnen und -Leser angepasst, mehr fürs Hallenstadion als für international renommierte Opernhäuser. Infosperber hat auch darüber berichtet.

Juristisch ist im vorliegenden Exklusiv-Kultur-Empfehlungsdebakel die NZZ natürlich nicht haftbar. So ganz wohl ist es ihr aber dabei nicht – verständlicherweise. Doch als Salbe auf die Salzburger Wunden hat sie halt nicht viel zu bieten – nicht viel mehr als die tägliche Lektüre auf bei der Tamedia bedrucktem Papier. Auf Anfrage von Infosperber schrieb ihre Medien-Sprecherin Folgendes:

«Dieses Angebot ist nicht zu verwechseln mit den NZZ Leserreisen, die klar als solche gekennzeichnet sind. Im vorliegenden Fall ist Polzer der Veranstalter; Buchung und Kundenkontakt laufen direkt und vollständig über Polzer und das ist auch klar so ausgewiesen. Der Vertrag kommt zwischen Polzer und dem Reisekunden zustande. Selbstverständlich sind Polzer und die Salzburger Festspiele bemüht, für alle Kundinnen und Kunden eine möglichst gute Lösung zu finden. Es wird allerdings nicht möglich sein, den Schaden vollständig zu beheben. Deshalb werden wir – zusätzlich zu den Anstrengungen von Polzer und den Salzburger Festspielen – unseren Abonnentinnen und Abonnenten ein Jahr lang kostenlos die NZZ zustellen und zudem je zwei Tickets für das Opernhaus Zürich offerieren.»

Ein Jahr lang die NZZ gratis? Da hat man die «West Side Story» zwar nicht musikalisch und nicht von Leonard Bernstein, aber wenigstens redaktionell, jetzt politisch und – faut de mieux – von Chefredaktor Eric Gujer…


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor war 25 Jahre lang Journalist und 15 Jahre lang Verlagsmanager.

Zum Infosperber-Dossier:

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Eine Meinung zu

  • am 6.07.2016 um 12:13 Uhr
    Permalink

    Irgenwie scheint sich die NZZ mitveantwortlich zu zeigen.

    Aber dieser Art des «Kleingedruckten» begegnet man überall: Wenn ich auf der Kreuzfahrt einen Landausflug buche, ist nicht MSC (oder ähnlich) als Vermittler verantwortlich, sondern der lokale Bus- oder Tourismusunternehmer. Wenn dann der Bus auf der Tour liegenbleibt und das Kreuzfahrtschiff für die Weiterfahrt inzwischen weg ist, muss ich mich (z.B. in Kroatien) für die Regelung der Folgen mit dem lokalen Bus-Unternehmer herumschlagen. Konkrete Fälle sind mir nicht bekannt, stehen aber in der Sache im Raum.
    Die NZZ in guter (oder schlechter) Gesellschaft …
    Peter Röthlin, 8123 Ebmatingen

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