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NZZ vom 11.12.2014: «Kontext eines geschichtlichen Ereignisses beachten» © nzz

Die NZZ zeigt Verständnis für US-Folterungen

upg /  Menschen zu foltern, verstösst ohne Wenn und Aber gegen Menschenrechte. Doch die NZZ relativiert den «einseitigen» CIA-Bericht.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte lässt keine Relativierung zu: «Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.»


Die Antifolterkonvention von 1984 definiert Folter wie folgt:
Art. 1: «Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck «Folter» jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich grosse körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen
Einige Fakten sind unbestritten: Die CIA hat Gefangene in unmöglichen Körperhaltungen bei Scheinwerferlicht oder in kompletter Dunkelheit bis zu sieben Tagen nicht schlafen lassen, Gefangene mehrmals bis zur Bewusstlosigkeit ins Wasser getaucht, und die Därme von Gefangenen von hinten mit Wasser vollgepumpt.
Doch Peter Winkler, US-Korrespondent der NZZ, warnt in einem Aufmacherartikel vor «raschen Pauschalurteilen». Den CIA-Bericht bezeichnet Winkler als «einseitig», nicht etwa weil ihn die CIA zensuriert hat, sondern weil er den historischen Kontext ausblende. Wenn «Expertisen» des Justizdepartements diese Foltermethoden in den Jahren 2002 bis 2004 als völkerrechtlich «legal» einstuften, so müsse man «nicht notwendigerweise auf böswillige Menschenverachtung der Bush-Administration schliessen», schreibt Winkler in der NZZ. Vielmehr sei diese Interpretation des nationalen und des Völkerrechts «in den chaotischen Monaten nach 9/11» verständlich. Man müsse den «geschichtlichen Kontext» berücksichtigen.
Offensichtlich hat der NZZ-Korrespondent den CIA- Bericht nicht einmal gelesen. Sonst wüsste er, dass in den Monaten unmittelbar nach 9/11 zuerst geplant war, gefangene, mutmassliche Terroristen in Militärgefängnissen des Pentagons im In- und Ausland unterzubringen. In Militärgefängnissen des Verteidigungsdepartements sind Foltermethoden gesetzlich verboten. Erst vier Monate nach 9/11 erklärte Präsident Bush, das internationale Kriegsrecht gelte für Kaida-Verdächtige nicht. Die geheimen Folterorte wurden erst dann von der CIA organisiert.

Niemand wird für Folter verantwortlich gemacht
Der «New York Times» NYT würde es nicht in den Sinn kommen, die aufgedeckten Foltermethoden mit irgendwelchen Argumenten auch nur halbwegs zu rechtfertigen. Die Zeitung kritisiert vielmehr, dass die Foltermethoden bisher systematisch vertuscht und verharmlost wurden: «Warum bleiben die CIA-Beamten unbestraft, die Videobänder des Waterboardings gelöscht und zerstört haben?», fragt die NYT. Und weiter: «Warum blieben bis heute alle unbehelligt, welche die Foltermethoden angeordnet und abgesegnet hatten? Warum muss der damals verantwortliche CIA-Chef George Tenet seine Freiheitsmedaille nicht zurückgeben, die ihm Präsident Bush zum Abschied überreicht hatte?»

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5 Meinungen

  • am 13.12.2014 um 11:54 Uhr
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    Nun wir wissen ja, dass der Chef von Peter Winkler (Leiter Aussenpolitik Eric Gujer) Bücher schreibt zusammen mit dem ehem. Executive Director (Gary Schmitt) des von Dick Cheney gegründeten Project for a New American Century.

    Und wir wissen ja auch, dass der Noch-Chef von Eric Gujer (Chefredakteur Markus Spillmann), Teilnehmer an den Bilderberger-Konferenzen ist, an denen auch die Granden der US-Geopolitik und die Generäle der NATO (Breedlove etc.) teilnehmen.

    Und wir wissen doch auch, dass der Chef von Markus Spillmann (VRP Etienne Jornod) der Präsident von Galenica ist, dass wie alle Schweizer Pharma-Unternehmen (und Banken, und Rohstoffhändler, etc.) abhängig vom US-Markt ist und von den US-Behörden jederzeit abgemurktst werden könnte (siehe z.B. http://www.suedostschweiz.ch/wirtschaft/us-produktionsstopp-fur-top-medikament-lasst-galenica-aktie-fallen).

    Können wir da wirklich etwas anderes erwarten von Peter Winkler?

  • am 13.12.2014 um 12:16 Uhr
    Permalink

    Offensichtlich gibt es bei dieser Auftragspresse keine Lust oder keinen Mut… die offizielle staatliche Theorie der Geschehnisse am 9-11 zu hinterfragen.
    Verständnis für Folterverhöre währen den «chaotischen Monaten nach….) Immerhin und offensichtlich hatten die staatlichen Organe in dieser chaotischen Zeit wichtige Beweismittel verschwinden zu lassen. Beispielsweise die vielen Tonnen Stahl, dies wurden schnellstens verschifft und wiederverwertet. Es gibt sehr viele Gründe, an der staatlichen Theorie zu zweifeln. Untersuchungen wurden verschlampt und auch verboten. Die Fernsehberichte waren zum Teil manipuliert. Und die Sprecherin, welche live den Einsturz vom WTC7 verkündete hatte ein Scipt der Täterschaft, welche von der Sprengung zuvor wussten. Im Moment der Nachricht war WTC7 hinter der Sprecherin sichtbar und in voller Grösse stehen. Also trotz der «chaotischen Monate…» war Zeit für Manipulationen.
    Die Lüge in den Medien ist wirklich ein schlimmes Übel und hat gewiss auch ihren profitablen Grund.
    Die staatliche Theorie ist mit Sicherheit die unglaubwürdigste aller Verschwörungstheorien, die Mainstreammedien kümmert das nicht.

  • erich_schmid
    am 13.12.2014 um 12:57 Uhr
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    Peter Winkler hatte ich in Colombo kennengelernt. Ich war Zeitungsreporter, er ein IKRK-Delegierter. Ich mochte ihn. Später wurde er Opfer einer politischen Entführung und war lange als Geisel in lebensbedrohender Gefangenschaft. Ich weiss nicht, ob er auch gefoltert wurde, aber ich erinnere mich, dass er sehr jung war und mit vollkommen ergrautem Haar in die Schweiz zurückkehrte. Mit anderen Worten: Bei Winkler scheinen sich seither die Massstäbe verschoben zu haben – für mich nachzuvollziehen, aber nicht entschuldbar.

  • am 16.12.2014 um 10:56 Uhr
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    Einverstanden mit Herrn Gasche. Erlaube mir darauf hinzuweisen, dass ich mich als Redaktor der Facebook-Seite der Schweizerischen Gesellschaft für Aussenpolitik SGA ASPE bereits am Erscheinungstag (11.12.14) kritisch zum Artikel von P. Winkler geäussert habe. Der Fairness halber muss man sagen, dass der redaktionelle Kommentar von A. Rüesch (S. 21) ausgewogen und überzeugend war.

  • am 20.12.2014 um 23:07 Uhr
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    Betreff: «Mechaniker des Schreckens» NZZ 17.12.
    Der «Mechaniker des Schreckens» machte als Folterknecht, nach eigenen Angaben, nur «seinen Job"! Nur seinen Job! Dasselbe sagte damals Eichmann. Das ist also «Die Banalitāt des Bōsen"!
    Ich konnte die Zeitung nicht mehr weiterlesen nach diesem ungeheuerlichen Bekenntnis des amerikanischen Folter-Psychologen Mitchell. Vielleicht muss man abgehārteter sein, um diese Banalitāt des Bōsen einfach so wegstecken zu kōnnen.

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