«Über Musks naive Vorstellung kann ich nur den Kopf schütteln»
Wäre der Mars kolonialisiert, könnten dort mehrere Milliarden Menschen leben. Das Risiko, dass die Menschheit ausstirbt, würde sich halbieren. Davon zeigt sich Elon Musk überzeugt. Mit dem Mars einen Ersatzplaneten zur Verfügung zu haben, falls auf der Erde etwas schiefläuft, soll die wichtigste Motivation für sein Raumfahrtprogramm sein.
Der Schweizer Energiekonzern BKW nahm die Fantasie von Musk auf und verbreitete sie weiter: «Der Mars – eines Tages werden wir vielleicht dort leben – aber bis dahin ist die Erde unser Zuhause, wo wir dafür sorgen müssen, dass Mensch und Natur im Einklang leben können», lautet ein BKW-Werbespot.
Als Biologe mit Fachschwerpunkt Ökologie kann ich über diese naive Vorstellung nur den Kopf schütteln. Vielleicht ist ein bemannter Flug zum Mars inklusive erfolgreicher Rückkehr zur Erde technisch machbar. Doch die dauerhafte Besiedlung dieses Planeten und ein dortiges Leben, das von der Erde und ihren Bewohnern unabhängig wäre, ist unrealistisch.
Auf dem Mars herrschen lebensfeindliche Bedingungen. Die dünne Atmosphäre besteht zum grössten Teil aus Kohlendioxid. Sauerstoff ist Mangelware. Die Aussentemperaturen fallen nachts auf minus 85°C. Wasser existiert nur als Eis. Über die staubigen Ebenen fegen Sandstürme.
Menschen könnten auf dem Mars nur in Schutzanzügen und in Raumstationen überleben. Doch woher soll in der Marskolonie die Nahrung kommen? Und woher der Sauerstoff zum Atmen? Dazu müsste in der Raumstation eine Lebensgemeinschaft aus Pflanzen, Tieren, Bakterien und Pilzen aufgebaut werden, welche die Siedler mit Nahrung und Sauerstoff versorgt. Aber nicht nur das. Diese Lebewesen müssten Kot, Urin und tote Lebewesen zersetzen und das organische Material wieder dem Kreislauf des Lebens zuführen.
Das Beispiel Vulkaninsel taugt für den Mars nicht
Die Besiedelung eines neuen Lebensraums geschieht auf der Erde nach dem Prinzip Versuch und Irrtum. Wenn beispielsweise ein Vulkan eine neue Insel entstehen lässt, transportieren Wasser, Wind und Vögel Pflanzensamen und Kleintiere auf das neue Eiland. Der grösste Teil dieser Lebewesen stirbt. Die wenigen Überlebenden bilden eine Pioniergemeinschaft, die sich dann weiterentwickelt. Wenn ein neuer Vulkanausbruch oder eine Dürre das spärliche Leben zerstört, beginnt die Entwicklung wieder von vorne.
Diese Art der Besiedelung taugt für den Mars nicht. Es existieren dort keine Lebewesen. Alles Leben müsste mit Raumschiffen hergebracht werden und von Anfang an eine perfekt funktionierende Lebensgemeinschaft bilden. Ein Flug auf den Mars dauert ein Jahr. Für Pflanzensamen, Pilzsporen oder Regenwürmer wäre das wahrscheinlich kein Problem, für eine Kuh hingegen schon. Und nicht nur das: Damit die Lebensgemeinschaft mit der Versorgung der wachsenden Marsbevölkerung Schritt hält, müsste sie in der ersten Phase mit weiteren Transporten laufend erweitert und ausgebaut werden. Es reicht nicht, wenn diese Schicksalsgemeinschaft des Lebens ein paar Monate oder Jahre überlebt, es müsste über Jahrhunderte funktionieren.
Ob ein künstliches Ökosystem längere Zeit funktioniert, wurde unter dem grossspurigen Titel «Biosphäre2» im Jahr 1991 in Arizona getestet. Eine kleine Gruppe von Menschen sollte über eine längere Zeit in einem von der Aussenwelt abgeschlossenen Ökosystem leben. Das Experiment scheiterte kläglich.
Bereits nach einem Jahr musste der «Biosphäre2» Sauerstoff zugeführt werden. Musk & Co. scheinen davon auszugehen, dass solche Herausforderungen technisch lösbar seien. Doch biologische Systeme sind komplex und folgen nicht den Regeln der Technik. Die einzelnen Arten können auf Veränderungen unvorhersehbar reagieren. Technische Eingriffe werden so zur Lotterie.
Zudem beginnt die technische Entwicklung auf dem Mars bei null. Sie müsste zuerst aufgebaut werden – dies ohne Wasserkraft, Kohle, Erdöl oder Erdgas.
Fazit: Trotz unserer hoch entwickelten Technik bleiben wir Menschen mit der Erde verbunden. Wir sind von anderen Lebewesen und ihren Lebensgemeinschaften abhängig. Es gibt keinen Planeten B, auf den wir uns flüchten können. Sorgen wir also dafür, dass wir auf der Erde im Einklang mit der Natur leben.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Im Zusammenhang mit den Storys über die Marsbesiedlung von Musk und auch zu anderen Fragen muss man sich fragen: Bleibt in der Schweiz für die Demokratie fruchtbare publizistische Vielfalt heute noch gewahrt? Können Redaktoren das Zeitgeschehen analysieren, immer Quellen überprüfen, damit für uns Leser Lügen von Fakten auseinandergehalten werden?
Ich denke bewahrt wird diese Vielfalt heute eher von Internetplattformen, wie in der Schweiz durch den Infosperber und in Deutschland durch die Neue Rheinische Zeitung, die Nachdenkseiten, durch Manova, usw. Diese Plattformen getrauen sich Themen aufzugreifen, die für die Medien Tabu sind.
Kritische Infos über die Terroranschläge vom 11. September 2001, die Mondlandungen vor über 50 Jahren oder über die Marsmobile «Opportunity» und «Curiosity» die jahrelang auf dem Mars herumfuhren fehlen in den Mainstreammedien. Zum Beispiel: Wie konnten die kleinen Solarzellen mit den Lithium-Ionen-Batterien die Mars-Rover bei Minus 63 Grad antreiben?
Wir sind daran, die Erde zu zerstören und wollen auf den Mars ausweichen. Es wäre viel sinnvoller dieses Geld in den Schutz unserer Erde zu investieren und nicht anfangen einen anderen Planeten zu kolonialisieren und damit auch diesen zu zerstören.
Jeder Mittelschüler versteht, dass ein Planet ohne flüssiges Wasser und ohne die Photosynthese der Pflanzen, also ohne sauerstoffreiche Atmosphäre für Tiere unbewohnbar ist.
Die Idee einer Marsbesiedelung gehört in die Kategorie «höherer Blödsinn».
Elon Musk ist ein realitätsferner Phantast, trotz seiner extrem ausgebildeten Verführungsfähigkeiten.
Seine Mithilfe bei der Demontage des amerikanischen Umweltschutzprogramms, der Bildung und des Gesundheitssystems zeigt, welch Geistes Kind er ist.
Jacques Schiltknecht, Luzern
Bemannte Mars-Flüge bleiben vorerst ausgeschlossen, seit das Problem mit dem Augendruck bekannt wurde (die Astronauten würden unterwegs erblinden). Sinnhaftigkeit ist ohnehin eine andere Frage.
Nun, was in Zukunft möglich sein wird, wissen wir nicht. Und wenn man nicht einmal mit der Entwicklung anfängt, wird es natürlich nie was.
Die Frage ist eher, warum die enormen Summen, die diese Entwicklung kosten würde, nicht in eine Besiedlung der Wüsten auf der Erde investiert werden. Das wäre technisch vergleichsweise einfach lösbar. Es braucht Boden, Wasser und Energie. Boden wär da, Wasser hats in den Meeren genug und Energie steht dank der Sonne prinzipiell im Überfluss zur Verfügung. Entsalzung und Produktion von Sonnenenergie müssen nicht von Grund auf neu erfunden, sondern «nur» optimiert werden. Und Milliarden Menschen in die dann grünen Wüsten zu transportieren ist wohl auch deutlich einfacher als sie zum Mars zu fliegen.
Leider wird das «The Line»-Projekt Saudi-Arabiens, welches diese Idee verfolgt, am Grössenwahn scheitern und die Idee möglicherweise auf Jahrzehnte diskreditieren.