Der Fall Jermak und die Reaktionen der grossen Medien
Red. Dieser Artikel erschien zuerst auf «Inside Paradeplatz».
Als ich erstmals über Andrij Jermak schrieb, reagierten viele in der Schweiz reflexartig. Russland-Propaganda. Erfindung. Manipulation. Die Etiketten waren schnell zur Hand, sorgfältige Recherchen weniger.
Es war jene Mischung aus moralischem Furor und journalistischer Bequemlichkeit, die hierzulande zur Routine geworden ist, sobald die Ukraine kritisiert wird. Dabei ist Jermak keine Randfigur, sondern der Mann, der das Machtzentrum in Kiew verwaltete. Er war Selenskis engster Vertrauter und zugleich das Scharnier zwischen politischer Elite, Oligarchen und Sicherheitsdiensten.
Dass jemand mit dieser Funktion ins Visier der Antikorruptions-Behörden geraten könnte, war keine gewagte Prognose, sondern eine einfache Folgerung aus seinem Einfluss und der politischen Kultur in Kiew.
Das hindert Leitmedien nicht daran, so zu tun, als würde es sich um eine bedauerliche Ausnahme in einem ansonsten sauberen Staatsapparat handeln. Der «Tages-Anzeiger» brachte eine kurze Notiz. SRF beschwichtigte im Tonfall eines Kommentars aus der Pressestelle. Man will den Eindruck erwecken, der Rücktritt sei eine administrativ nachvollziehbare Massnahme. Dabei spricht das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (Nabu) vom grössten Korruptionsfall der Selenski-Ära.
Eine Razzia im Präsidentenbüro, acht Angeklagte im staatlichen ukrainischen Atomkonzern Energoatom, Vertraute des Präsidenten, die plötzlich aus dem Lichtkegel verschwinden … Kiew liefert der Welt erneut ein Beispiel dafür, wie tief Korruption strukturell verankert ist. Es ist kein Unfall, sondern gelebte Praxis.
Die Parteien wechseln, doch die Muster bleiben. Dass man in westlichen Redaktionen lange jede Kritik reflexartig als geopolitische Parteinahme deutete, zeigt viel zum Zustand der eigenen Branche. Linke Medien in der Schweiz haben sich daran gewöhnt, die Ukraine als moralisches Projekt zu behandeln. Wer dieses Bild hinterfragt, wird nicht als Journalist gelesen, sondern als Störung, die beseitigt gehört.
Der Fall Jermak ist nur ein Anfang. Weitere Dossiers liegen bereit, schwerer und politisch brisanter. Darüber sollte berichtet werden – nicht aus Sensationslust, sondern, weil Transparenz nötig ist, wenn westliche Staaten Milliarden nach Kiew überweisen und gleichzeitig so tun, als wäre Kritik ein Verrat.
Korruption verschwindet nicht, wenn man sie übersieht. Sie verschwindet allenfalls, wenn jemand sie beschreibt. Seit Jahren fehlte das: eine sachliche Auseinandersetzung mit der politischen Realität in Kiew – oder wie der «Tages-Anzeiger» mit fast missionarischem Eifer schreibt: Kyjiw.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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