Screenshot 2025-10-15 at 11-06-21 Juso Initiative Nein Erbschaftssteuer der Juso Nein

Mitleid mit den Mulitmillionären: Kampagne der Erbschaftssteuer-Gegner. © nein-zur-juso.ch

Erbschaftssteuer: SRF verbreitet Politiker-Behauptungen

Marco Diener /  Angeblich ziehen Überreiche wegen der Erbschaftssteuer-Initiative nicht in die Schweiz. Sagen die Gegner. Aber ob es stimmt …

So geht Propaganda: Zuerst etwas behaupten. Dann hoffen. Hoffen, dass ein Medium die Behauptungen verbreitet. Gestern machte Radio SRF den Gegnern der Erbschaftssteuer-Initiative diesen Gefallen.

Doch von vorne: Ende November stimmen wir über die Erbschaftssteuer-Initiative der Jungsozialisten (Juso) ab. Die Juso wollen, dass Erbschaften ab einem Freibetrag von 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuert werden. Das heisst: Wer 60 Millionen Franken erbt, soll 5 Millionen Franken an Steuern bezahlen.

«Ein spürbarer Rückgang»

Gestern berichtete Radio SRF in den Morgennachrichten darüber, dass die Auswirkungen der Initiative bereits jetzt spürbar seien. Radio SRF zitierte das Obwaldner Finanzdepartement: «Im Kanton Obwalden habe die Erbschaftssteuer-Initiative bei vermögenden potenziellen Zuzügern grosse Verunsicherung ausgelöst.» Und die Folge sei: «Ein spürbarer Rückgang bei den Neuansiedlungen. Und dies bereits vor der Abstimmung.»

Zahlen nannte Radio SRF nicht.

«Bereits ein Kollateralschaden»

Die SRF-Leute liessen auch die Obwaldner SVP-Nationalrätin Monika Rüegger zu Wort kommen. Von ihr erfuhren sie, «dass seit der Einreichung der Initiative in den Kantonen die steuerstarken Zuzüger ausgefallen sind. Darum ist eigentlich der Kollateralschaden bereits schon angerichtet.»

Zahlen nannte Radio SRF wieder nicht.

«Italien, Monaco, Dubai»

Die Radioleute hörten sich auch im Nachbarkanton Nidwalden um. Dort teilte ihnen SVP-Regierungsrätin Michèle Blöchliger mit, dass «gutbetuchte Interessenten mit der Zuwanderung zuwarten» wollten. Blöchliger wusste auch zu berichten, dass sich einige Reiche bereits für ein anderes Land entschieden hätten: «Für Italien, Monaco oder Dubai.»

Zahlen nannte Radio SRF auch diesmal nicht.

Die Fragen an das Obwaldner Finanzdepartement

Deshalb fragte Infosperber nach. Zum Beispiel beim Finanzdepartement des Kantons Obwalden:

«Wie viele Menschen mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken sind in den Jahren 2015 bis 2025 pro Jahr in den Kanton Obwalden zugezogen?»

Mit diesen Zahlen hätte sich abschätzen lassen, ob es wirklich einen «spürbaren Rückgang bei den Neuansiedlungen» gegeben hat. Doch das Finanzdepartement ist nicht in der Lage, die Frage zu beantworten. «Die Auswertung der angefragten Entwicklung würde einige Zeit in Anspruch nehmen», teilt es mit.

Immerhin schreibt das Finanzdepartement auch: «Aktuell leben rund 30 Personen mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken im Kanton Obwalden.» Damit ist klar: Die Zahlen sind so klein, dass sich gar keine vernünftigen Aussagen machen lassen. Es wird Jahre geben, in denen Leute mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken zuziehen, und es wird Jahre geben, in denen keine zuziehen. Das sind normale Schwankungen. Der «spürbare Rückgang bei Neuansiedlungen» ist blosses Geschwätz.

Die Fragen an Monika Rüegger

Infosperber fragte auch bei der Obwaldner Nationalrätin Monika Rüegger nach:

«Woher stammt Ihre Information, wonach seit der Einreichung der Initiative die steuerstarken Zuzüger ausgefallen sind?»

Aber Monika Rüegger antwortete nicht.

Die Fragen an Michèle Blöchliger

Infosperber richtete sodann einen Fragenkatalog an die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger:

  • «Wie viele Menschen mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken sind in den Jahren 2015 bis 2025 pro Jahr in den Kanton Nidwalden zugezogen?»
  • «Von wie vielen gutbetuchten Interessenten wissen Sie, dass sie wegen der Erbschaftssteuer-Initiative zuwarten?»
  • «Woher wissen Sie das?»
  • «Von wie vielen gutbetuchten Interessenten wissen Sie, dass sie sich wegen der Erbschaftssteuer-Initiative für Italien, Monaco oder Dubai entschieden haben?»
  • «Woher wissen Sie das?»

Mit diesen Antworten hätte Infosperber beurteilen können, ob die Aussagen von Michèle Blöchlinger mehr sind als blosse Behauptungen – mehr als plumpe Abstimmungs-Propaganda. Doch der Kanton Nidwalden führt keine Statistik darüber, wie viele Leute mit einem Vermögen von über 50 Millionen Franken zuziehen. Er kann auch nicht sagen, wie viele mit einem Zuzug zuwarten. Und auch nicht wie viele sich für Italien, Monaco oder Dubai entschieden haben.

Was Regierungsrätin Blöchliger gesagt habe, geht laut dem Kanton «aus Gesprächen mit Betroffenen hervor». Auch zu den Reichen, die sich angeblich für das Ausland entschieden haben, kann der Kanton nichts Konkretes sagen: «Die Aufzählung der erwähnten Standorte war beispielhaft.»

Mit anderen Worten Radio SRF präsentierte uns lauter Gerüchte und Behauptungen – Sachen, welche die Politikerinnen vom Hörensagen haben.

Auch die «Sonntags-Zeitung»

Radio SRF ist übrigens nicht allein. Schon im Sommer vergangenen Jahres veröffentlichte die «Sonntags-Zeitung» allerlei Behauptungen zur Erbschaftssteuer-Initiative. Belege blieb auch die «Sonntags-Zeitung» damals schuldig.

Doch zurück zu den Morgennachrichten von Radio SRF. Wenigstens einer liess sich nicht zu Behauptungen hinreissen: der Zuger Regierungsrat Heinz Tännler, ebenfalls Mitglied der SVP. Er sagte zu all den Gerüchten: «Das lässt sich so nicht erhärten.» Denn niemand wisse, wie viele Reiche in seinen Kanton gekommen wären, wenn es die Juso-Initiative nicht gäbe.


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5 Meinungen

  • am 16.10.2025 um 10:54 Uhr
    Permalink

    Für uns einfache Schweizer Bürger ist es ein Segen, wenn es nicht noch mehr Reiche und Super Reiche in die Schweiz zieht. Nach meiner persönlichen Meinung, hat es sowieso schon viel zu viele davon in unserem schönen kleinen Land. Sie sollten auch endlich richtig besteuert werden, damit sie für uns alle einen nutzen haben. Nicht nur für ein paar Korrupte Politiker.

  • Portrait Werner Vontobel 24 X
    am 16.10.2025 um 14:54 Uhr
    Permalink

    Warum sollte die Hoffnung, dass ein paar reiche Steuerflüchtlinge weniger in die Schweiz einwandern, ein Grund sein, die Initiative abzulehnen? Erstens nehmen wir dadurch andern Länder Steuereinnahmen weg, die diese besser gebrauchen könnten als wir. Zweitens treibt jede(r) reiche Einwanderer unsere Immobilienpreise und Mieten weiter hoch. Drittens zieht jede(r) Reiche mindestens noch vier Bauarbeiter und drei weitere «Dienstboten» wie Fitnesstrainer, Nannies, Steuerberater etc. nach sich. Und woher nehmen die «Steuerflucht-Schlepper» aus Zug, Ob-und Nidwalden etc. die Überzeugung, dass die Schweiz ihnen dankbar sein müsse und keine Steine in den Weg legen dürfen?

  • am 16.10.2025 um 17:14 Uhr
    Permalink

    Klar, da wird jetzt sehr viel einfach mal ins Blaue hinein behauptet.
    Die Juso haben sich das aber zumindest teilweise selbst eingebrockt. Warum genau ab 50 Millionen? Warum gerade 50%? Wohl einfach deshalb, weil es sich als Slogan so besser vermarkten lässt?
    Zielführender wäre es, den Inhalt einer Initiative menr sachlich und weniger PR-mässig zu begründen.

    Ob man Milliardäre, welche wegziehen, mit Rückwirkungsklauseln überhaupt belangen könnte? Das ist eher fraglich. Viel wahrscheinlicher ist, dass sich eine solche Steuer mit interessanten Konstrukten wie Familienstiftungen oder Ähnlichem umgehen liesse.

    Zielführender wäre es, die Vermögenssteuer für hohe und sehr hohe Vermögen anzuheben. Nicht dramatisch, nicht mit dem Ziel, maximalen Krawall zu veranstalten. Sondern so, dass es in einer Abstimmung auch eine Chance hätte.

  • am 17.10.2025 um 14:03 Uhr
    Permalink

    Die Gegnerschaft der Erbschaftssteuern erzählen seit Jahren, dass dann Reiche die Schweiz verlassen. Belegt wurde es noch nie. Dieses Märli wird auch heute noch aufgetischt.

    • am 18.10.2025 um 02:00 Uhr
      Permalink

      Genau die gleiche mär wie bei den CEO die abwandern…

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