Pharma-freundliche US-Arzneibehörde: Kennedy gibt Gegensteuer
In den USA soll jeder Mensch ab dem sechsten Lebensmonat gegen Covid geimpft werden. Alle Jahre wieder. So empfiehlt es die US-Gesundheitsbehörde. Denn mit einer nach Alters- und Risikogruppen abgestuften Impfstrategie – wie in Europa üblich – seien die Amerikaner überfordert. Das war eine der Begründungen für den jährlichen Covid-Booster für alle in den USA.
Im Vergleich mit europäischen und anderen westlichen Ländern stehen die USA damit allein da. In der Schweiz etwa wird der jährliche Booster gesunden jüngeren Menschen nicht nahegelegt.*
«Meine Faustregel lautet: Wenn ein Impfstoff in manchen Ländern zum offiziellen Impfprogramm gehört, in anderen Ländern von ähnlichem Status aber nicht, dann ist es nicht wichtig, sich oder Ihr Kind damit impfen zu lassen.» Auf diesen Nenner brachte es der dänische Wissenschaftler Peter Gøtzsche in seinem Buch «Impfen – Für und Wider». Gøtzsche ist ein Verfechter der evidenzbasierten Medizin, der sich, wenn es darauf ankommt, mit der Pharmaindustrie anlegt.
US-Arzneimittelbehörde schlägt neue Töne an
Ähnlich argumentiert nun der neue Leiter der US-Arzneimittelbehörde FDA, Martin Makary. Vergangene Woche präsentierten Makary und sein Mitarbeiter Vinay Prasad, neuer FDA-Bereichsleiter für Biologika, ihre Pläne: Künftig werde die FDA Covid-Impfstoffe für gesunde Personen unter 65 Jahren – also rund 61 Millionen Menschen in den USA – nur noch zulassen, wenn die Hersteller mit aussagekräftigen Studien beweisen, dass ihr Impfstoff eine Wirksamkeit von mindestens 30 Prozent (relativ) hat. Diese Vorgabe galt auch für die Pandemie-Impfstoffe von 2019.
Mit diesen Regeln wolle die FDA der US-Bevölkerung einen Dienst erweisen, so Prasad und Makary. Nicht einmal ein Viertel der US-Bevölkerung sei bisher dem Aufruf gefolgt, sich jährlich gegen Covid boostern zu lassen.
Prasad war auch auf Youtube sehr präsent
Die beiden Medizinprofessoren kennen sich schon lange. Beide schrieben früher regelmässig für den Blog «Sensible Medicine», wo sie Missstände im Gesundheitswesen kritisierten, schlecht gemachte Studien «zerpflückten» oder pointiert aufzeigten, wo grosse Medien daneben lagen. Mit (laut Eigenangabe) 93’000 Abonnenten und über einer Million Klicks monatlich erreicht der Blog mittlerweile ein breites medizinisches Publikum. Auch auf Youtube war Prasad sehr engagiert präsent. «Bösartig: Wie schlechte Politik und schlechte Evidenz Menschen mit Krebs schadet» lautet der Titel eines der Bücher dieses Krebsspezialisten und Epidemiologen.
Die medizinische Datenbank «Pubmed» listet fast 600 Fachartikel und Beiträge, die Prasad (mit-)verfasste. Regelmässig kritisierte er dort zum Beispiel, dass Pharmafirmen den angeblichen Nutzen neuer Medikamente anhand von Ersatzparametern nachweisen dürfen, welche für die Patienten nicht relevant sind. Stattdessen forderte Prasad Belege, die Patienten in erster Linie interessieren: Ob sie etwa dank eines neuen Krebsmedikaments länger oder besser leben.
Letzten Juli veröffentlichte er zusammen mit zwei Kollegen einen Artikel im «European Journal of Clinical Investigation». Darin verlangten sie einen Wirksamkeitsbeweis bei den jährlich empfohlenen Impfstoffen gegen Grippe und Covid-19. Je nach Ergebnis sollten danach die Impfempfehlungen angepasst werden, forderten sie. Denn: «Es ist unklar, ob gesunde Erwachsene, junge Menschen und selbst die Senioren von Covid-Boosterimpfungen profitieren, nun, wo weltweit fast jeder schon infiziert war.» Seit knapp einem Monat leitet Prasad nun den Bereich Biologika bei der FDA. Dazu gehören Impfstoffe, Zell- und Gentherapien.
Pharmaindustrie finanziert die FDA mehrheitlich
Makary und Prasad, die beide für eine evidenzbasierte Medizin einstehen, befinden sich im Spannungsfeld: Über sich haben sie Gesundheitsminister Robert F. Kennedy, dem nachgesagt wird, er sei ein Impfkritiker. Ihnen gegenüber steht die Pharmaindustrie, deren Produkte die FDA beurteilen und überwachen muss. Kennedy hielt die FDA bisher für eine Marionette der Pharmaindustrie.
Gleichzeitig ist die Pharmaindustrie die wichtigste Geldquelle der FDA. Die Behörde mit über 18’000 Angestellten ist auf die Gebühren angewiesen, welche die Firmen entrichten müssen (Infosperber berichtete).
65 Prozent des FDA-Budgets stammen aus Gebühren von Pharmafirmen. (Zum Vergleich: Bei der Schweizer Arzneimittelbehörde sind es rund 85 Prozent des Nettoertrags.) Alle fünf Jahre muss der US-Kongress die Finanzierung der FDA erneut genehmigen. In der Vergangenheit verpflichtete sich die FDA mit jeder Erneuerung zu bestimmten Gegenleistungen. Die pharmazeutische Industrie machte dabei ihre Anliegen geltend und pochte zum Beispiel auf raschere Medikamenten-Zulassung und weniger Hürden.
«Nicht alles, was Impfung genannt wurde, war ein Fortschritt.»
Vinay Prasad, FDA-Bereichsleiter für Biologika
«Die Schweingrippe-Impfung: Ein totales Desaster»
In einem Video, das die FDA letzte Woche veröffentlichte, sagt Prasad mit Blick auf die Rechtsanwälte, er müsse seine Worte gut wählen. Makary und Prasad sprechen sich dort klar fürs Impfen aus: «Impfungen sind ein fantastisches Konzept», sagt Makary. Als Arzt habe er gesehen, wie sie Leben retteten.
Er sagt aber auch: «Die Impfung gegen Anthrax war ein totales Desaster. Die Schweinegrippe-Impfung war ein totales Desaster. Der erste Impfstoff gegen Rotaviren wurde vom Markt genommen.» Und Prasad fügt an, die Impfung gegen HIV habe zu mehr Infektionen geführt.

Die Hersteller ermuntern
«Nicht alles, was Impfung genannt wurde, war ein Fortschritt. Bei der FDA möchten wir die Menschen vor vielen solchen Dingen schützen», so Prasad. Bei der Covid-Impfung sei die Beweislage, was sie bringe, mit jeder Impfdosis dünner geworden. Es gebe «wichtige Sicherheitaspekte», die langfristigen Folgen seien «noch nicht völlig bekannt».
«Wir wissen einfach nicht, ob eine gesunde, normalgewichtige 52-jährige Frau, die dreimal Covid hatte und sechs Impfdosen erhielt, von einer siebten Dosis profitiert», schrieben Makary und Prasad jüngst im «New England Journal of Medicine». Dort legten sie ihren Plan dar: «Wir ermuntern die Hersteller, randomisierte, kontrollierte Studien durchzuführen. Die Nachbeobachtungszeit sollte sich über mindestens sechs Monate erstrecken. Die Vergleichsgruppe sollte Kochsalzlösung gespritzt bekommen.» Makary und Prasad erinnerten die Hersteller dabei auch an die Verpflichtungen, die ihnen bei der Zulassung auferlegt worden waren.
«Allein solche Studien können letztlich Gewissheit geben»
Bei solchen randomisiert-kontrollierten Studien werden die Teilnehmenden per Los entweder geimpft oder sie erhalten eine Placebospritze. «Allein solche Studien können letztlich Gewissheit geben, dass die amerikanische Strategie der wiederholten Boosterung auf ewig evidenzbasiert ist», begründeten Makary und Prasad ihre Forderung. Diese Wirksamkeitsstudien müssten nicht jährlich gemacht werden. Das Virus – genauer gesagt, wie schnell es mutiere – gebe den Takt vor.
Nicht nur bei gesunden 52-Jährigen ist der Nutzen der jährlichen Covid-Impfung unklar, sondern auch bei Senioren. Das hatte Prasad noch letztes Jahr selbst geschrieben. Doch bei der Covid-Impfung von Senioren fährt die FDA – mindestens vorerst – einen Kurs, der Pharmafirmen mehr entgegenkommt.
Blutwerte sagen nicht viel aus, zählen aber weiterhin als Wirksamkeitsbeleg
Wie bis anhin müssen die Hersteller bei über 65-Jährigen und Personen mit hohem Risiko bloss den Nachweis erbringen, dass ihr Impfstoff eine gute Immunantwort bewirkt. Was als hohes Risiko gilt, definiert die FDA grosszügig: Früheres Rauchen gehört ebenso dazu wie wenig Bewegung, aber auch über ein Dutzend Krankheiten wie Diabetes oder Immunschwäche. Über 100 Millionen Personen in den USA fallen laut Makary und Prasad in diese Kategorie.
Um nachzuweisen, dass der Impfstoff eine gute Immunantwort hervorruft, werden meist Blutanalysen gemacht und die Menge der Antikörper gegen das Virus gemessen. Solche Analysen an vergleichsweise wenigen Versuchspersonen sind rasch durchgeführt und kosten viel weniger als die randomisiert-kontrollierten Studien. Die Resultate dieser Analysen sind für den effektiven Nutzen der Impfungen allerdings deutlich weniger relevant.
Die beiden Medizinprofessoren wissen genau, dass sich anhand der Antikörperwerte nicht ableiten lässt, wie gut die Impfung vor Covid schützt. Beide unterzeichneten Anfang 2023 zusammen mit anderen prominenten Medizinern sogar eine Petition, die verlangte, dass die FDA wegkommen möge von solchen Ersatzparametern. Auch im oben erwähnten Fachartikel im «European Journal of Clinical Investigation» verlangte Prasad anstelle des blossen Messens von Antikörpern klinische Studien an Menschen, um die Wirksamkeit der Covid- und der Grippeimpfung zu beweisen.
Doch nun, in führenden Positionen bei der FDA, führen Makary und Prasad diese Praxis der Antikörper-Messung als Kriterium für die Schutzwirkung bei Senioren fort. Zumindest vorerst setzen sie also nicht das um, was sie noch vor Kurzem forderten.

Seit Jahren scharfe Kritiker
Vor seinem Amtsantritt bei der FDA arbeitete Makary an der Johns Hopkins Universität und kritisierte laut, was schief läuft im US-Gesundheitswesen: «Der Preis, den wir zahlen: Was das amerikanische Gesundheitswesen kaputt gemacht hat und wie wir es wieder richten können», heisst der Titel seines Buchs.
Auch während der Pandemie machten Makary und Prasad den Mund auf: «Die Biden-Regierung versprach, auf die Wissenschaft zu hören. Die Wahrheit aber ist, dass sie nur auf diejenigen zu hören scheint, die das sagen, was sie hören möchte», schrieb Makary Mitte 2022 in «Newsweek».
Damals riet die US-Gesundheitsbehörde CDC zur Covid-Auffrischimpfung von 24 Millionen Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren – gestützt auf eine kleine, kurze Studie mit 140 Kindern, bei denen bloss die Antikörper im Blut gemessen worden seien. Die Schutzwirkung gegen Covid sei in der Studie gar nicht bestimmt worden, kritisierte Makary und wies darauf hin, dass die FDA damals – einmal mehr – ihr wissenschaftliches Beratergremium umgangen hatte.
Entscheid grenzte «ans Kriminelle»
Die US-Arzneibehörde war einst eine angesehene Instanz. Sie bewahrte die Amerikaner beispielsweise vor dem «Contergan»-Skandal, weil eine mutige Mitarbeiterin zuerst mehr Daten zur Sicherheit des Arzneimittels vom Hersteller forderte, bevor sie «Contergan» in den USA zulassen wollte. Mit ihrer Unnachgiebigkeit bewahrte sie Abertausende von Babys vor dem Tod oder vor schweren Missbildungen.
In den letzten Jahren aber fiel die weltweit mächtigste Arzneimittelbehörde immer wieder durch fragwürdige Entscheide auf. So etwa im Juni 2021, als sie in einem beschleunigten Verfahren das Alzheimer-Medikament «Aduhelm» zuliess, obwohl kein Mitglied ihres externen Gutachtergremiums sich dafür aussprach. Drei der übergangenen Gutachter traten daraufhin aus dem Gremium aus. Aus Sicht von Bernd Mühlbauer, aktuell Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, grenzte die Zulassung von «Aduhelm» wegen Wirkungslosigkeit und «scheusslichen Nebenwirkungen» sogar «ans Kriminelle» (Infosperber berichtete).
Im Jahr 2024 nahm der Hersteller «Aduhelm» weltweit vom Markt.
Beschleunigte Zulassung – und mehr Todesfälle
Ein weiteres Beispiel ist «Oxbryta», ein Medikament gegen Sichelzellanämie. Jährliche Behandlungskosten: 125’000 Dollar. In einem beschleunigten Verfahren – und auf Basis eines Ersatzparameters – lies die FDA 2019 «Oxbryta» für Patienten ab 12 Jahre zu. 2021 erweiterte sie die Zulassung auf Kinder ab vier Jahren.
Obwohl die FDA selbst Bedenken hegte, begnügte sie sich damit, dass sich durch die Behandlung ein Blutwert bei den Patienten leicht verbesserte. Die Lancierung sei sehr gut gelaufen, frohlockte der CEO des Herstellers 2020 in «Genetic Engineering & Biotechnology News» und erklärte vollmundig: «Die Patienten sterben und unser Unternehmen versucht, ihre Leben zu retten.»
Doch das Gegenteil war der Fall: Bei den mit «Oxbryta» Behandelten kam es zu mehr Schmerzkrisen und zu mehr Todesfällen als bei denjenigen, die in einer Studie bloss Placebo erhielten. Das gab die FDA im September 2024 bekannt.
Der Hersteller nahm das Medikament weltweit vom Markt. Begründung: Das Risiko sei grösser als der Nutzen.
Vinay Prasad kritisierte die FDA daraufhin aufs Schärfste. Sie habe sich einmal mehr auf einen fragwürdigen Ersatzparameter verlassen, als sie das Mittel in einem «undurchsichtigen» Verfahren zuliess – im Alleingang, ohne ein externes Fachgremium einzubeziehen. Und danach habe es fünf Jahre gebraucht, um zu merken, dass die Patienten einem Risiko ausgesetzt worden seien, wetterte er im «American Journal of Hematology». Prasad forderte unter anderem mehr Transparenz bei der FDA.
Erfahrene Mitarbeiter verliessen die FDA
Als die FDA 2020 die Notfallzulassung für das Medikament Remdesivir ausweitete, schrieb der Chefredaktor des bekannten Medizin-Newsportals «Medscape», Eric Topol: Die FDA ignoriere den Mangel an wissenschaftlichen Belegen und mache sich zur Komplizin der damaligen Trump-Regierung. Wenige Monate später, vor der regulären Zulassung von Remdesivir, zog die FDA entgegen ihren Gepflogenheiten keine externen Fachberater bei. Bei ihrem OK stützte sie sich laut «Science» auf nur drei Studien, wovon zwei vom Hersteller gesponsert waren. Zwei andere Studien dagegen, bei denen Remdesivir nicht den erhofften Erfolg gebracht hatte, überging die FDA.
Im Spätsommer 2021, mitten in der Corona-Pandemie, schmissen zwei langjährige FDA-Mitarbeiter den Bettel hin: Die Leiterin der Abteilung für Impfstoffzulassung und ihr Stellvertreter reichten ihre Kündigung ein.
Was sie dazu bewogen hatte, liess im Oktober 2021 ein Artikel in der Fachzeitschrift «The Lancet» erahnen. Dort warfen sie der FDA zwischen den Zeilen vor, die Behörde habe den Boden der Wissenschaftlichkeit verlassen, als sie die Covid-Booster-Impfung für die Allgemeinbevölkerung guthiess. Die Entscheidung, ob das Boostern nötig sei, sollte «auf sorgfältigen Analysen» guter Studien beruhen. Dabei müsse zwischen dem Nutzen und dem Risiko abgewogen werden, forderten die beiden angesehenen Experten. Der Ex-FDA-Mitarbeiter sagte später, ihr damaliger Bereichsleiter für Biologika, Peter Marks, habe sie zur Kündigung gedrängt, als sie nicht in seinem Sinne gespurt hätten.
«Gezwungen, die Standards zu senken»
Auch bei der Zulassung der mRNA-Booster im Juni 2022, die sich neu gegen zwei statt zuvor eine Virusvariante richteten, gab die FDA kein gutes Bild ab. Die Studienergebnisse, die Pfizer und Moderna damals vorgelegt hätten, seien «unterwältigend» gewesen, kritisierte der Impfbefürworter und langjährige FDA-Berater Paul Offit im «New England Journal of Medicine«. Er riet davon ab, junge, gesunde Menschen mit mRNA-Impfstoffen zu boostern, welche sich gegen Virusstämme richteten, die nach ein paar Monaten schon wieder von der Bildfläche verschwunden seien.
Am Tag nach dem von Offit kritisierten FDA-Entscheid vereinbarte die US-Regierung mit Pfizer den Kauf von 105 Millionen Impfdosen plus eine Option für weitere 300 Millionen (Infosperber berichtete).
Die damalige US-Regierung habe die FDA «gezwungen, Abkürzungen zu nehmen und ihre Standards zu senken», um die Booster-Impfung durchzudrücken, schrieb der US-Medizinprofessor George Tidmarsh, der 30 Jahre lang in der Arzneimittel-Entwicklung arbeitete, auf «Substack». Den zuständigen FDA-Bereichsleiter Peter Marks, der das (und mehr) zu verantworten hatte, bezeichnete Tidmarsh als «Held für Biotech-Investoren, nicht aber für Patienten und für die öffentliche Gesundheit».
Marks rechtfertigte den FDA Entscheid im «New England Journal of Medicine» – worauf Makary Marks` Leserbrief auf Twitter als «Misinformation» bezeichnete. Vinay Prasad zerlegte Marks Argumente in seinem Blog «Vinay Prasad’s Observations and Thoughts». Prasad warf Marks vor, er benütze «Analysen von sehr schlechter Qualität, um Schlussfolgerungen für bereits getroffene politische Entscheidungen zu stützen». Marks Äusserungen seien «nicht ehrlich», sein Argument, «dass gute Belege zeigten, dass die Booster-Impfung jungen Menschen nützt, ist falsch.»
Vor die «Wahl» gestellt: Abgang oder Rauswurf
Im April 2025 verliess Marks die FDA. Er sei von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy vor die Wahl gestellt worden, zurückzutreten oder gefeuert zu werden, beklagte er sich im «Wall Street Journal», das über Marks schrieb: «Sein Fachwissen und seine ruhige Hand wurden von der Pharmaindustrie geschätzt, die […] das Weisse Haus gedrängt hatte, Marks zu behalten.»
Nicht bloss Dutzende von Medien machten sich damals für Marks stark, auch das «Berlin Institute of Health» an der Berliner Universitätsklinik Charité lobte ihn: «Dr. Marks hat in seiner Zeit bei der FDA aussergewöhnliche Führungsstärke und unerschütterliche Integrität bewiesen. Sein kompromissloses Bekenntnis zur wissenschaftlichen Evidenz, besonders in einer Zeit wachsender Fehlinformationen und öffentlicher Verunsicherung, war ein verlässlicher Kompass für verantwortungsvolle Gesundheitspolitik.»
Doch genau dies – Fehlinformation – warfen Makary und Prasad Marks vor. «Peter Marks war einer der gefährlichsten pro-Pharma Regulatoren des 21. Jahrhunderts», schrieb Prasad im März 2025 in seinem eigenen Blog als Antwort auf Marks` Abgang.
Frühere Leiter der FDA wechselten zuhauf in die Pharmabranche
Beschädigt wurde die Glaubwürdigkeit der FDA auch durch die «Seitenwechsel» etlicher früherer Leiter sowie FDA-Mitarbeiter in die Pharmabranche. Unter dem FDA-Leiter Stephen Hahn zum Beispiel liess die US-Arzneibehörde den Covid-Impfstoff von Moderna zu. Im Januar 2021 verliess Hahn die FDA – um sechs Monate später bei «Flagship Pioneering» anzuheuern, einer Firma, die neue biopharmazeutische Firmen auf den Weg brachte und bringt, darunter auch Moderna.
Seit April 2025 leitet nun Makary die FDA und Prasad seit 6. Mai den Bereich Biologika. Prasad ist damit der Nachfolger von Peter Marks. Als neuer Leiter des Bereichs Biologika ist Prasad sowohl für die Zulassung von Impfstoffen zuständig als auch für Zell- und Gentherapien. Kaum wurde seine Ernennung bekannt, sanken die Aktienkurse von über einem Dutzend Biotechfirmen, die Zell- oder Gentherapien auf den Markt bringen wollen. Prasad sei «anti-Industrie» eingestellt, warf ihm ein Analyst vor.
Zeitgleich mit dem Antritt von Makary erhielten rund 3500 FDA-Angestellte ihre Kündigung. Dies könnte zu einem «Exodus» von FDA-Mitarbeitenden und damit zu weiteren «Seitenwechseln» in Pharmafirmen führen. In der Pharmabranche weckte die Massenentlassung Sorgen, dass die FDA künftig womöglich Fristen bei der Zulassung neuer Medikamente nicht einhalten könne. Für die Hersteller zählt jeder Tag, an dem ein Arzneimittel früher auf den Markt kommt.
FDA soll transparenter werden
Die FDA werde künftig transparenter arbeiten, kündigen Makary und Prasad an. Unter anderem mit Podcasts wollen sie die Bevölkerung ansprechen und verloren gegangenes Vertrauen wiederherstellen. Auch das Vertrauen in die Ärzteschaft und in Spitäler sei in den USA seit der Covid-Pandemie drastisch gesunken. «Wir haben so etwas nie zuvor gesehen», so Makary.
Prasad kündigt für nächstes Jahr die ersten Zwischenergebnisse der Covid-Impf-Studien an, zu denen die FDA die Hersteller nun «ermuntert»: «Wir wissen nicht, was dabei herauskommen wird. Die Ergebnisse könnten alle überraschen.»
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*In einer früheren Fassung stand hier, die Covid-Impfung sei in der Schweiz erst ab 12 Jahren zugelassen. Dies trifft beim Impfstoff von Moderna zu. Der Pfizer/Biontech-Impfstoff ist ab 5 Jahren zugelassen. Quelle: swissmedicinfo.ch
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Vielen Dank für diesen Artikel. Denke an der Person Kennedy kann man gut sehen, wie schlecht der Zustand der heutigen Leitmedien ist. Da er von Trump ins Amt gehievt wurde, wird eigentlich in der deutschsprachigen Presse nur schlecht über ihn und seine Arbeit berichtet. Man macht sich nicht mal die Mühe, eines objektiven Anstrichs und die Leser denken nach solchen Artikeln, die nur der Diffamierung dienen, sie wären informiert. Kennedy hat sich in der kurzen Zeit mit der Pharma angelegt und will tiefere Preise für Medikamente. Er hat ein Gutachten zu Glyphosat beauftragt, um da eine gesicherte Expertiese zu haben. Er will die Zusatzstoffe in Lebensmitteln genauer unter die Lupe nehmen, wo sich schon einige Hersteller freiwillig angepasst haben. Von all dem liest man kaum was,denn leider haben heutzutage die Meisten Medien den Auftrag der Stimmungsmache und nicht den des informierens
Man kann von Donald Trump halten was man will. Ihm aber haben wir zu verdanken dass jetzt Menschen in der Regierung und Verwaltung sitzten die die Massnahmen der vergangenen Regierung kritische und wissenschaftlich hinterfragen. Ich hoffe wir hören demnächst noch mehr von dem was in den USA und weltweit falsch gelaufen ist. Könnte ja sein dass auch hierzulande die Politiker einmal erwachen.
Swissinfo 13. Mai 2025 – 05:20: «Deals, Deals, Deals:…. Trump inszeniert sich gerne als Geschäftemacher, als «Dealmaker», für den wirtschaftliche Überlegungen über grundlegenden Werten stehen, wie etwa Menschenrechten…»
Eine interessante Aussage im Artikel: «Pharma-freundliche US-Arzneibehörde: Kennedy gibt Gegensteuer»
Könnte wohl hypothetisch möglich sein, dass Robert F. Kennedy jr. ungewollt und nichts ahnend die Aufgabe erfüllen könnte die Pharma-Grossmanager in Angst und Schrecken zu versetzen: die jährlichen Boni-Grosszahlungen könnten gestrichen werden, wenn die US-Arzneibehörde unabhängig werden könnte. Der Geschäfts-Präsident Trump übernimmt im richtigen Moment die Zügel, es kommt zu einem Deal. Die jährlichen Boni-Grosszahlungen wären gerettet.
Gunther Kropp, Basel